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Kemmlitzit
Formel: SrAl3(SO4)(AsO4)(OH)6, trigonal
Typlokalität: Kaolingrube Kemmlitz, bei Oschatz, Sachsen
Erstbeschreibung:
HAK, J.; JOHANN, Z.; KVACEK, M. &
LIEBSCHER, W. (1969): Kemmlitzite, a new Mineral of the Woodhouseite
Group.- Neues Jahrbuch für Mineralogie, Monatshefte, 201-212
Winzige isolierte rhomboedrische, pseudowürfelige Kristalle von Kemmlitzit, separiert aus dem
Schwermineralkonzentrat der Kaolinaufbereitung Kemmlitz, Sachsen. Bildbreite 0,8 mm. Sammlung und Foto
Thomas Witzke.
Ein neues Mineral aus einer Schwerminaralfraktion
In der Schwermineralfraktion von Material aus der Kaolingrube Kemmlitz bei Oschatz in
Sachsen fand sich ein mit Svanbergit verwandtes Mineral. Die Untersuchungen durch Jaroslav
HAK, Zdeněk JOHANN, Milan KVAČEK &
Wolfgang LIEBSCHER
(1969) ergaben, dass es sich um ein neues, bisher noch nicht bekanntes Mineral handelt,
nachdem bereits LIEBSCHER (1961) in einer vorläufigen Mitteilung darüber berichtet
hatte.
Es fand sich in kleinen, etwa 0,1 - 0,15 mm großen, rhomboedrischen Kristallen mit
pseudokubischem Habitus. Selten ist an den Kristallen auch ein Basispinakoid zu erkennen.
Die Kristalle sind farblos, trüb weiß über hell bräunlich bis bräunlich.
Öfter ist eine zonare Färbung zu beobachten. Das Mineral zeigt eine weiße Strichfarbe
und Glasglanz. Kemmlitzit ist optisch einachsig, die Brechungsindizes liegen bei n(O) =
1,701 und n(E) = 1,707. Die Dichte konnte pyknometrisch mit 3,63 g/cm3
bestimmt werden. Die Härte liegt bei 5,5. Eine schlechte Spaltbarkeit nach (001) konnte
festgestellt werden. Aus den Röntgenpulverdaten ließen sich die Gitterparameter
a = 7,027 und c = 16,51 Å mit Z = 3 für eine trigonale Zelle
berechnen.
Die chemische Analyse erfolgte nass-chemisch, die einzelnen Seltenen Erden wurden mittels
Neutronenaktivierungs-Analyse bestimmt. Aus den Daten ergab sich eine Analysenformel:
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(Sr0.42REE0.40Mg0.12Ca0.08)(Al2.79Fe0.05)(AsO4)0.98(PO4)0.42(SO4)0.39(SiO4)0.19)(OH)5.22·0.875H2O.
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Diese Formel wurde idealisiert zu
SrAl4(AsO4)(SO4)(OH)6.
Kemmlitzit wurde mit dieser Formel als Arsenat-Analogon von Svanbergit bei der International
Mineralogical Association, Commission for New Minerals and Mineral Names, eingereicht und
im September 1967 anerkannt (IMA 1967-021).
Was ist Kemmlitzit ?
Entsprechend der von der IMA gegenwärtig akzeptierten Nomenklatur für Minerale
der Alunit-Gruppe fällt die aus der chemischen Analyse von Kemmlitzit berechnete
Formel jedoch nicht in das Feld für die Zusammensetzung von diesem Mineral. In einem
Dreiecksdiagramm für die Anionen SO4, AsO4
und PO4 ist für Minerale mit sowohl SO4
als auch AsO4 oder PO4 in der Formel
ein Feld mit einem Sulfatanteil zwischen 25 und 75 % reserviert. Für die Kemmlitzit-Analyse
ergeben sich nach Abzug von SiO4 (da dieses in dem Dreiecksdiagramm
nicht berücksichtigt wird und nur untergeordnet vorhanden ist) und Neuberechnung auf
100 %, die Verhältnisse von AsO4 : PO4
: SO4 von 54,75 : 23,46 : 21,78, womit der Sulfatanteil unter
25 % liegt. Die Analyse fällt in das Feld von dem erst 1984 beschriebenen und ebenfalls
von der IMA (1983-043) anerkannten Arsenogoyazit,
SrAl(AsO4)(AsO3OH)(OH)6
(WALENTA & DUNN, 1984). Kemmlitzit ist also zum
Zeitpunkt seiner Entdeckung auf jeden Fall ein neues Mineral gewesen, allerdings
genau genommen nicht das, als was es heute gilt. Bemerkenswert ist auch der hohe Gehalt
an Seltenen Erden im Kemmlitzit. Dadurch liegt das Mineral auch sehr dicht an der
Zusammensetzung von Arsenoflorencit-(Ce).
Die Nomenklaturproblematik wird z.B. bei SCOTT (2000) diskutiert. Ein
alternativer Nomenklaturvorschlag für die Alunit-Gruppe stammt von NOVAK
et al. (1994). In ihrer Arbeit wird auch erwähnt, dass eine neue Analyse des
Typmaterials von Kemmlitzit ergeben hat, dass dieser Phosphat-dominant und die Kristalle
zonar aufgebaut sein sollen, jedoch werden keine Analysendaten aufgeführt. Eine
neue Untersuchung des Materials von Kemmlitz und Publikation der Daten ist erforderlich.
Gegenwärtig existiert keine veröffentlichte Analyse, die ein Vorkommen von Kemmlitzit
im eigentlichen Sinn in Kemmlitz zeigt.
Dies wurde auch bei einer neuen Analyse von 13 Kristallen aus einem Schwermineralkonzentrat
von Kemmlitz bestätigt. Das untersuchte Material erwies sich als
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Goyazit, SrAl(PO4)(PO3OH)(OH)6,
Florencit-(La), LaAl(PO4)2(OH)6,
Arsenoflorencit-(Ce), CeAl(AsO4)2(OH)6 und
Arsenoflorencit-(La) LaAl(AsO4)2(OH)6,
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jedoch nicht als Kemmlitzit (WITZKE & FÄRBER, 2019).
Das Typmaterial wird in der Mineralogischen Sammlung des Nationalmuseums Prag aufbewahrt
(Inv.-Nr. 52508). Weiteres Material, ein Röhrchen mit einem Schwermineralkonzentrat aus
Kemmlitz, befindet sich im Museum für Mineralogie und Geologie, Senckenberg Naturhistorische
Sammlungen Dresden (Inv.-Nr. Min 12660 Sa MMG). Das Konzentrat enthält neben Kemmlitzit u.a.
auch Zirkon, Anatas und Apatit. Die Probe wurde 1972 dem Museum von Wolfgang
LIEBSCHER, Dresden übergeben.
Die originale Kemmlitzit-Analyse aus HAK et al. (1969) (roter Punkt) und
zwei neue Analysen aus WITZKE & FÄRBER (2019) (grüne Punkte).
Die idealen Zusammensetzungen für Kemmlitzit, Svanbergit, Arsenogoyazit und Goyazit sind
durch die blauen Punkte markiert.
Chemische Analyse von Kemmlitzit (in Masse-%)
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Kemmlitzit von Kemmlitz (HAK et al., 1969) |
Kemmlitzit, theoretische Zusammensetzung |
Arsenogoyazit, theoretische Zusammensetzung |
Arsenoflorencit-(Ce), theoretische Zusammensetzung |
SrO |
8.27 |
20.50 |
18.86 |
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Ce2O3 |
12.60 1) |
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27.31 |
CaO |
0.90 |
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MgO |
0.90 |
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Al2O3 |
27.24 |
30.25 |
27.84 |
25.45 |
Fe2O3 |
0.78 |
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As2O5 |
21.57 |
22.73 |
41.83 |
38.25 |
P2O5 |
5.69 |
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SO3 |
5.99 |
15.84 |
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SiO2 |
2.18 |
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H2O |
12.04 |
10.68 |
11.46 |
8.99 |
Summe |
98.16 |
100.00 |
99.99 |
100.00 |
1) Summe der Seltenen Erden, Ce2O3 57.00, La2O3 26.35, Nd2O3 15.77, Sm2O3 0.88 %
Literatur:
HAK, J.; JOHANN, Z.; KVAČEK, M. & LIEBSCHER,
W. (1969): Kemmlitzite, a new Mineral of the Woodhouseite Group.- Neues Jahrbuch für
Mineralogie, Monatshefte, 201-212
LIEBSCHER, W. (1961): Über ein Vorkommen eines neuen Minerals der
Beudantit-Reihe im Kaolin von Kemmlitz.- Zeitschrift für angewandte Geologie 7, 209-217
NOVAK, F.; JANSA, J. & PRACHAR, I. (1994):
Classification and nomenclature of the alunite-jarosite and related mineral groups.-
Věstník Českého geologického ústavu 69, 51-57 (Abstr.
in American Mineralogist 80, 1995, 630-635)
SCOTT, K.M. (2000): Nomenclature of the alunite supergroup: discussion.-
Canadian Mineralogist 38, 1295-1297
WALENTA, K. & DUNN, P.J. (1984): Arsenogoyazit, ein neues
Mineral der Crandallitgruppe aus dem Schwarzwald.- Schweizer Mineralogisch-Petrographische
Mitteilungen 64, 11-19
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