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Grenzfälle - Minerale, die sächsische Erstbeschreibungen hätten werden können
Einige Minerale sind lange vor ihrer offiziellen Erstbeschreibung schon aus Sachsen beschrieben worden. Die entsprechenden Veröffentlichungen sind jedoch in Vergessenheit geraten, wurden nicht weiter beachtet oder die Minerale waren zu ungenau beschrieben. Es handelt sich um folgende Minerale: Arnimit = Antlerit Bodenit = Allanit-(Y) hypochloritähnliches Mineral, Antimon-Hypochlorit = Chapmanit Polysphärit = Phosphohedyphan Weißer Eisensinter = Zýkait Bodenit = Allanit-(Y) Formel: CaY(Al2Fe)(Si2O7)(SiO4)O(OH), monoklin Fundort: Boden bei Marienberg, Erzgebirge, Sachsen Beschreibung: BREITHAUPT, A. (1844): Vorläufige Notiz ein neues, dem Allanit ähnliches Mineral betreffend.- Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie 138 (bzw. 62 bzw. 2. Band 3. Reihe), 273-275 KERNDT, T. (1848 a): Ueber die chemische Zusammensetzung des Bodenits.- Journal für praktische Chemie 43, 219-237 (als Bodenit) Offizielle Erstbeschreibung: FERSMAN, A.E. (1931): Pegmatity (Pegmatites) 1, 310 (?) Brauner Kristall von "Bodenit" = Allanit-(Y). Boden, Marienberg, Erzgebirge, Sachsen, Deutschland. Bildbreite 10 mm. Sammlung und Foto Thomas Witzke. Bodenit von Boden bei Marienberg In Boden bei Marienberg in einem Lager von dolomitischen Kalkstein (Marmor), das in Gneise der oberproterozoischen Medenec-Folge eingeschaltet ist, fand Th. KERNDT 1842 eingewachsen in Feldspat (Oligoklas) schwarzbraune, säulenförmige Kristalle. Für das Mineral konnte eine Härte von 5 und eine Dichte von 3,523 bestimmt werden. August BREITHAUPT nannte das Mineral 1844 nach dem Fundort Bodenit. Nach einer Analyse von KERNDT (1848 a) liegt ein Yttrium-haltiges Silikat vor (siehe Tabelle unten). Bei dem Material handelt es sich nach heutiger Definition um einen Allanit-(Y). Allanit und Orthit Allanit wurde zuerst von GIESECKE auf Grönland während seiner Reise von 1806 - 1813 entdeckt. Das Schiff, mit dem GIESECKE einen Teil seiner gesammelten Proben nach Kopenhagen schickte, wurde von einem englischen Schiff gekapert und die Ladung in Leith in Schottland verkauft. Der Mineraloge Thomas ALLAN brachte die Minerale an sich und erkannte, dass sie aus Grönland stammen. Das später nach ihm benannte Mineral übergab er Thomas THOMSON zur Untersuchung, der es 1810 veröffentlichte (nach HINTZE, 1897). Die bei HINTZE angegebenen alten Analysen grönländischen Materials weisen eine Cer-Dominanz auf. BERZELIUS beschrieb 1818 von Finbo bei Falun in Schweden ein Mineral, dass er nach der geradlinigen äußeren Form Orthit nannte. In den folgenden Jahrzehnten wurden Allanit und Orthit von einigen Autoren als identisch, von anderen als zwei verschiedene, aber nah verwandte Minerale betrachtet. Bodenit = Allanit-(Y) Bereits BREITHAUPT vermutete 1844 eine Verwandtschaft von Bodenit zum Allanit. KERNDT (1848 b) selbst vergleicht ihm speziell mit dem Orthit von Ytterby, welcher ebenfalls Yttrium-dominat ist, und zitiert hier eine von BERLIN (in BERZELIUS, 1838) durchgeführte Analyse. Auch SCHEERER (1840) zitiert diese Analyse schreibt zum Orthit von Ytterby "Ich führe diese Varietät des Orthit deshalb besonders auf, weil die Analysen von Berlin mir zu beweisen scheinen, dass sie eine eigene Species in dieser Klasse von Mineralien bilde." BERZELIUS war noch der Meinung, dass die von BERLIN untersuchte Probe durch Gadolinit verunreinigt ist. Als Erstbeschreiber von Allanit-(Y) gilt heute bei einigen Autoren A.E. FERSMAN (1931). Nach Röntgendiffraktometrie- und REM-EDX-Analysen durch den Autor dieser Homepage konnte bestätigt werden, dass ein Allanit-(Y) vorliegt.
Literatur: BREITHAUPT, A. (1844): Vorläufige Notiz ein neues, dem Allanit ähnliches Mineral betreffend.- Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie 138 (bzw. 62 bzw. 2. Band 3. Reihe), 273-275 FERSMAN, A.E. (1931): Pegmatity (Pegmatites) 1, 310 HINTZE, C. (1897): Handbuch der Mineralogie, Zweiter Band.- Leipzig, Verlag Veit & Comp., p. 259 KERNDT, T. (1848 a): Ueber die chemische Zusammensetzung des Bodenits.- Journal für praktische Chemie 43, 219-237 [als PDF-File (externer Link zu Google Books)] KERNDT, T. (1848 b) Chemische Untersuchung des Muromontits, eines neuen Cerminerals aus der Gegend von Mauersberg bei Marienberg in sächsischen Erzgebirge.- Journal für praktische Chemie 43, 228-241 (speziell 238-239) [als PDF-File (externer Link zu Google Books)] SCHEERER, T. (1840): Untersuchung des Allanit, Orthit, Cerin und Gadolinit.- Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie 21, 465-493 (speziell S. 485-486) [als PDF-File (externer Link zu Google Books)] THOMSON, T. (1810) Transact. Roy. Soc. Edinb. 6, 371 hypochloritähnliches Mineral, Antimon-Hypochlorit = Chapmanit Formel: Fe2Sb(SiO4)2(OH), monoklin Fundort: Grube Neue Hoffnung Gottes, Bräunsdorf bei Freiberg, Erzgebirge, Sachsen Beschreibung: KERSTEN, C.M. (1844): Ueber die chemische Zusammensetzung einiger sächsischer Mineralien und Gebirgsarten. 1) Hypochloritähnliches Mineral von Bräunsdorf.- Jahrbuch für den Berg- und Hüttenmann, 59-61 (als "hypochloritähnliches Mineral") FRENZEL, A. (1874): Mineralogisches Lexicon für das Königreich Sachsen (als "Antimon-Hypochlorit") Offizielle Erstbeschreibung: WALKER (1924) Univ. Toronto Studies, Geol. Ser. 17, 5 (als Chapmanit, von der Keeley Mine, Timiskaming District, Ontario, Canada) Grüner, erdiger Chapmanit. Grube Neue Hoffnung Gottes, Bräunsdorf bei Freiberg, Erzgebirge, Sachsen. Bildbreite 5 mm. Sammlung und Foto Thomas Witzke. Grüner Chapmanit auf Quarz. Grube Neue Hoffnung Gottes, Bräunsdorf bei Freiberg, Erzgebirge, Sachsen. Bildbreite 1,3 mm. Sammlung und Foto Thomas Witzke. Polysphärit = Phosphohedyphan Formel: Ca2Pb3(PO4)3Cl, hexagonal Fundort: Grube Sonnenwirbel, Freiberg, Erzgebirge, Sachsen Beschreibung: BREITHAUPT A. (1832): Vollständige Charakteristik des Mineral-System's.- Dresden und Leipzig, Arnoldische Buchhandlung, 3. Auflage, 358 p. (p. 54) (als Polysphärit) Offizielle Erstbeschreibung: KAMPF, A.R.; STEELE, I.M. & JENKINS, R.A. (2006): Phosphohedyphane, Ca2Pb3(PO4)3Cl, the phosphate analog of hedyphane: Description and crystal structure.- American Mineralogist 91, 1909-1917 (als Phosphohedyphan, von der Capitana Mine, Copiapo, Atacama Provinz, Chile) Weißer Eisensinter = Zýkait Formel: Fe3+4(AsO4)3(SO4)(OH) • 15 H2O, orthorhombisch Fundort: Alter Tiefen Fürstenstolln, Freiberg, Erzgebirge, Sachsen Beschreibung: KERSTEN, C.M. (1828): Chemische Untersuchung des weissen Eisensinters von Freiberg.- Schweigger-Seidels Journal der Chemie und Physik 53 (= Jahrbuch der Chemie und Physik für 1828, Band II), 176-183 (p. 54) (als Weißer Eisensinter) Offizielle Erstbeschreibung: ČECH, F.; JANSA, J. & NOVAK, F. (1978): Zýkaite, Fe3+4(AsO4)3(SO4)(OH) • 15 H2O, a new mineral.- Neues Jahrbuch für Mineralogie, Monatshefte, 1978, 134-144 (als Zýkait, von der Safary Mine, Kaňk bei Kutna Hora, Tschechische Republik) Zýkait in kugeligen Aggregaten. Caspar Stehender, Grube Reiche Zeche, Freiberg, Erzgebirge, Sachsen, Deutschland. Größe der Stufe 37 mm. Sammlung und Foto Thomas Witzke. Der Weiße Eisensinter von Alten Tiefen Fürstenstolln Carl (öfter auch Karl geschrieben) Moritz KERSTEN beschrieb 1828 einen "Weißen Eisensinter" vom Alten Tiefen Fürstenstolln aus Freiberg als neues Mineral:
Zýkait 150 Jahre nach der Beschreibung von dem Weißen Eisensinter publizieren ČECH et al. (1978) ein neues Mineral, den Zýkait von der Halde der alten Grube Safary in Kaňk bei Kutna Hora, Tschechische Republik. Es fand sich hier in Knollen bis etwa 3 cm Größe von grauweißer Farbe mit schwach gelblichgrünem oder bräunlichem Stich. Die Knollen werden aus feinen faserigen Kristallen bis 0,02 mm Länge aufgebaut. Begleitminerale sind unter anderem Kankit, Skorodit, Pitticit und Gips. In Sachsen konnte Zýkait auf der Halde der Grube Freundlicher Bergmann in Munzig bei Meißen in bis 3 cm großen, grauweißen Knollen (HYRSL & KADEN, 1992), in der Grube Chrsitbescherung, Großvoigstberg bei Freiberg und im Thelersberger Stolln, Brand-Erbisdorf bei Freiberg (WITZKE & HOCKER 1993) sowie in der Grube Reiche Zeche in Freiberg (WITZKE, 1994) gefunden werden. Ein großes, weißes Aggregat aus Zýkait. Caspar Stehender, Grube Reiche Zeche, Freiberg, Erzgebirge, Sachsen, Deutschland. Größe der Stufe 6,5 cm. Sammlung und Foto Thomas Witzke. Chemische Analyse vom weißen Eisensinter, im Vergleich zu Pitticit und Zýkait (in Masse-%)
Literatur: ČECH, F.; JANSA, J. & NOVAK, F. (1978): Zýkaite, Fe3+4(AsO4)3(SO4)(OH) • 15 H2O, a new mineral.- Neues Jahrbuch für Mineralogie, Monatshefte, 1978, 134-144 HYRSL, J. & KADEN, M. (1992): Eine Paragenese von Eisen-Arsenaten von Kank bei Kutna Hora in Böhmen und Munzig bei Meißen in Sachsen.- Aufschluss 43, 95-102 KERSTEN, C.M. (1828): Chemische Untersuchung des weissen Eisensinters von Freiberg.- Schweigger-Seidels Journal der Chemie und Physik 53 (= Jahrbuch der Chemie und Physik für 1828, Band II), 176-183 WITZKE, T. (1994): Neufunde aus Sachsen (II): Nordstrandit vom Bärenstein bei Annaberg in Sachsen sowie weitere sächsische Neufunde von Ferrimolybdit, Kaatialait, Geminit, Reichenbachit und anderen.- Lapis 19, 10, 36-39 WITZKE, T. & HOCKER, M. (1993): Neue Vorkommen von Bukovskyit, Zykait und Kankit.- Lapis 18, 6, 49-50 |
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