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Übersicht Fehlbeschreibungen


vemeintliche Erstbeschreibungen, Fehlbeschreibungen und diskreditierte Minerale aus Sachsen



Clinomimetesit   =  Mimetesit-M, monokline polymorphe Variante von Mimetesit


          Die Beschreibung von Clinomimetesit

1991 beschrieben Y. DAI, M. HUGHES & P.B. MOORE die Kristallstruktur von einem monoklinen, mit Mimetesit, Pb5(AsO4)3Cl, dimorphen Mineral mit dem Namen clinomimetite". Da im deutschen Sprachgebrauch der Name Mimetesit statt Mimetit üblich ist, soll hier die Bezeichnung "Clinomimetesit" verwendet werden (in anderen Publikationen fand sich auch die Schreibweise "Klinomimetesit"). Das neu beschriebene Mineral kristallisiert in der monoklinen Raumgruppe P21/b, mit a = 10.189, b = 20.372, c = 7.46 Å, γ = 119.88° und Z = 4. Um die Beziehung zum hexagonalen Mimetesit mit a = 10.212 und c = 7.419 Å (und γ = 120°) zu verdeutlichen, wurde eine für das monokline System nicht übliche Aufstellung gewählt. Die Strukturen von Mimetesit und Clinomimetesit sind sehr eng verwandt.

Die eigentliche mineralogische Beschreibung von Clinomimetesit wird erst 1993 von Yongshan DAI gegeben. Visuell ist eine Unterscheidung von Mimetesit nicht möglich. Clinomimetesit bildet fassförmige bis kurzprismatische Kristalle. Das Mineral ist auf dem Typexemplar blass grünlichgelb und weist eine Härte von 4 auf. Die gemessene Dichte beträgt 7.36, die berechnete 7.37 g/cm3. Clinomimetesit ist optisch zweiachsig negativ mit 2V = 8°, die Brechungsindizes unterscheiden sich praktisch nicht von denen des Mimetesits. Der wahrscheinlich erste Hinweis auf eine Abweichung von der hexagonalen Symmetrie findet sich schon bei Emile BERTRAND (1885). Er gibt an, dass Mimetesit von Johanngeorgenstadt und von der Grube Wolfgang Maassen in Schneeberg optisch zweiachsig ist.
Clinomimetesit ist wahrscheinlich deutlich seltener als Mimetesit. Neben Johanngeorgenstadt konnte DAI (1993) das monokline Mineral auch noch von Eureka, USA nachweisen, während sich Proben von sieben anderen Fundorten als hexagonal erwiesen. Der Calciumgehalt scheint eine Beziehung zur Symmetrie zu zeigen. Geringe Ca-Gehalte stabilisieren die hexagonale Struktur. In Mimetesit-Kristallen wurden 0.4 – 1.4 % Ca gefunden, während in Clinomimetesit-Kristallen Ca praktisch nicht nachweisbar war (siehe Tabelle).
Das von DAI et al. (1991) untersuchte Typexemplar von Clinomimetesit befindet sich in der Sammlung des Smithsonian Institution (NMNH B13647). Clinomimetesit (Clinomimetit) wurde von der IMA als neues Mineral anerkannt.




Mimetesit-M ("Clinomimetesit") in gelben Kristallen. Johanngeorgenstadt, Erzgebirge, Sachsen. Größe der Stufe 12 mm. Sammlung und Foto Thomas Witzke.



          Die Diskreditierung von Clinomimetesit

Auf Grund von Problemen und inkonsistenten Benennungen innerhalb der Apatit-Supergruppe wurde ein Subkommittee der Commission on New Minerals, Nomenclature and Classification der International Mineralogical Association etabliert, um eine neue Nomenklatur dieser Mineralgruppe zu erarbeiten. Der Bericht dazu wurde von PASERO et al. 2010 veröffentlicht. Der Bericht liefert Regeln für die Benennung von Mineralen mit Apatit-Struktur, definiert Gruppen innerhalb der Supergruppe, und schlägt einige Nomenklaturveränderungen, Diskreditierungen und Änderungen von idealen Formeln vor. Die Vorschläge wurden von der IMA akzeptiert. Die Diskreditierungen betrafen unter anderem die bisher als eigenständige Minerale beschriebenen monoklinen Polymorphe von Hydroxylapatit, Mimetesit und Johnbaumit. Die hexagonalen und monoklinen Strukturen sind sehr ähnlich, sie sind topologisch äquivalent. Nach den Nomenklaturregeln der IMA handelt es sich deshalb nicht um eigenständige Minerale, sondern um polymorphe Varianten. Der Clinomimetesit (clinomimetite) wurde deshalb in Mimetesit-M (mimetite-M) umbenannt und als eigenständiges Mineral diskreditiert.




Mimetesit-M ("Clinomimetesit") in gelben Kristallen. Grube Gnade Gottes und Neujahrsmaaßen, Johanngeorgenstadt, Erzgebirge, Sachsen. Größe der Stufe 7 cm. Mit altem Etikett von etwa 1800. Sammlung und Foto Thomas Witzke.



          Mimetesit von Johanngeorgenstadt

Mimetesit von Johanngeorgenstadt ist schon sehr lange bekannt. Die wahrscheinlich erste Beschreibung stammt von Dietrich Ludwig Gustav KARSTEN von 1804. Ihm als "Gelbbleyerz" von Johanngeorgenstadt zugeschicktes Material war so verschieden von dem Gelbbleierz (Wulfenit) vom Bleiberg in Kärnten, dass er das Material genauer untersuchte und Valentin ROSE etwas zur chemischen Analyse übergab. KARSTEN beschreibt das Mineral wie folgt:
"Die Farbe des Fossils geht (so weit die mir zu Gesicht gekommenen Abänderungen reichen) aus dem Wachsgelben, bis zu dunkel Spargelgrün und blaß Grünlichgraue über. Einzelne Stellen ziehen sich auch etwas ins Honiggelbe, andere ins Olivengrün, und überall ist ein Stich ins Gelbe, als einer Art Grundfarbe, sichtbar.
Es zeigt sich krystallisirt, und zwar in kleinen und sehr kleinen, sehr flachen doppelt sechsseitigen Pyramiden, die Seitenflächen der obern auf die Seitenflächen der untern aufgesetzt, beyde an den Seitenkanten etwas konvex, aber die Kanten an der gemeinschaftlichen Grundfläche da scharf und deutlich, wo die Krystalle ausgebildet sind. Man findet letztere Theils sehr schön rosenförmig, Theils knospig und kuglicht zusammengehäuft. [...].
Aus dem starkglänzenden bis ins wenigglänzende (bey der traubigen Varietät) übergehend;
Von Diamantglanz.
Inwendig ist das Fossil nur wenig glänzend von Fettglanz;
Es hat splittrigen Bruch;
Springt in unbestimmteckige Bruchstücke;
Ist durchscheinend,
Weich,
Milde und
Ausserordentlich schwer;
7,261 nach meinen Versuchen. [...]
Die Grube, wo man es zu Johann-Georgenstadt angetroffen hat, führt den Nahmen Gnade Gottes und Neujahrsmaaßen."
In einem sich direkt an die Veröffentlichung von KARSTEN anschließenden Artikel beschreibet Valentin ROSE detailliert die chemische Analyse des Minerals. Er findet als Hauptbestandteile "Oxydirtes Bley", "trockne Arsenicksäure" (das ist das Anhydrid, also Arsenoxid) und etwas "Salzsäure". Die Ergebnisse sind in der Tabelle unten dargestellt. Die von ROSE gefundene Zusammensetzung ist nicht weit von der idealen entfernt. Eine weiter Analyse vom "Arseniksauren Bleierz" veröffentlichte Friedrich WÖHLER 1825.


          Die Typlokalität von Mimetesit

Die ältesten Beschreibungen von Mimetesit stammen allerdings nicht von Johanngeorgenstadt. Der schwedische Chemiker und Mineraloge Johann Gottschalk WALLERIUS erwähnt 1747 in seinem Werk "Mineralogia, eller Mineralriket" ein "Plumbum arsenico mineralisatum, minera solida & crystallisata viridi". Hierbei handelt es sich aber vermutlich um Pyromorphit. Der angenommene Arsengehalt wurde vielleicht nur auf Grund der Farbe vermutet, denn WALLERIUS schreibt in einer ausführlicheren, verbesserten Auflage seines Mineralsystems von 1778, dass das Mineral kein Arsen oder Schwefel enthält.

Die wahrscheinlich erste echte Nachricht über das Bleiarsenat stammt von Joseph Louis PROUST von 1787. Er beschreibt kurz ein plomb vert arsenical als ein aus Bleioxyd und Arseniksäure bestehendes Mineral aus Andalusien, Spanien und vergleicht es mit dem mine de plomb verte phosphorique.

Von Francois Sulpice BEUDANT stammt 1832 der Name "Mimetèse" von griechisch mimetes = Nachahmer, wegen der Ähnlichkeit mit Pyromorphit. Der im deutschen Sprachgebrauch übliche Name Mimetesit stammt von August BREITHAUPT (1841). Wilhelm HAIDINGER führte 1845 den Namen Mimetit ein.


Literatur:
BERTRAND, E. (1885): Sur le mimétèse de Schneeberg.- Bulletin de la Societe Minéralogique de France 5, 254-255

BEUDANT, F.S. (1832): Traité élémentaire de Minéralogie.- Paris, Verdière, Vol. 2., 797 p. (p. 594-595)

BREITHAUPT, A. (1841): Vollständiges Handbuch der Mineralogie.- Dresden und Leipzig, Arnoldische Buchhandlung, 2. Band, 406 p. (p. 289-290)

DAI, Y. (1993): Clinomimetite, The history and substantion of the natural monoclinic dimorph of mimetite.- Mineralogical Record 24, 307-310

DAI, Y.; HUGHES, M. & MOORE, P.B. (1991): The crystal structures of mimetite and clinomimetite, Pb5(AsO4)3Cl.- Canadian Mineralogist 29, 369-376

HAIDINGER, W. (1845): Handbuch der bestimmenden Mineralogie, enthaltend die Terminologie, Systematik, Nomenklatur und Charakteristik der Naturgeschichte des Mineralreiches.- Wien, bei Braumüller & Seidel, 629 p. (p. 503)

KARSTEN, D.L.G. (1804): Untersuchung eines neuen Bleyerzes. Erster Abschnitt. Aeußere Characteristik desselben.- Neues Allgemeines Journal der Chemie 3 (2. Jahrgang, erstes Heft), 60-64

PASERO, M.; KAMPF, A.R.; FERRARIS, C.; PEKOV, I.V.; RAKOVAN, J. & WHITE, T.J. (2010): Nomenclature of the apatite supergroup minerals.- European Journal of Mineralogy 22, 163-179

PROUST, J.L. (1787): Lettre, sur le borax &c.- Observations sur la Physique, sur l'Histoire Naturelle et sur les Arts 30, 393-396

ROSE, V. (1804): Untersuchung eines neuen Bleyerzes. Zweyter Abschnitt. Chemische Untersuchung des vorbeschriebenen Bleyerzes.- Neues Allgemeines Journal der Chemie 3 (2. Jahrgang, erstes Heft), 65-72

WALLERIUS, J.G. (1747): Mineralogia, eller Mineralriket, indelt och beskrifvit af Johan Gotschalck Wallerius.- Stockholm, bei Lars Salvii, p. 296

WALLERIUS, J.G. (1778): Systema mineralogicum, quo corpora mineralia in classes, ordines, genera et species suis cum varietatibus divisa, describuntur, atqve observationibus, experimentis et figures ænis illustratur.- Editio nova & correcta, Viennæ, ex Officina Krausiana, p. 308-309

WÖHLER, F. (1825): Ueber die Zusammensetzung der phosphorsauren und arseniksauren Bleierze.- Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie 80, 161-172



Chemische Analyse von Mimetesit

    neues Bleyerz,
  Johanngeorgenstadt
  (ROSE, 1804)
  Arseniksaures Bleierz,
  Johanngeorgenstadt
  (WÖHLER, 1825)
  Clinomimetesit,
  Johanngeorgenstadt
  (DAI, 1993)
  Mimetesit,
  theoretische
  Zusammensetzung
  PbO   77.50   75.59   74.61   74.99
  As2O5   19.   21.20   22.05   23.17
  P2O5       1.32     0.33  
  SiO2         0.14  
  SO3         0.15  
  Fe2O3     0.25      
  Cl     1.53 1)     1.89 1)     2.58     2.38
- O = Cl     - 0.58 - 0.54
  Summe   98.28 100.00   99.28 100.00

1) HCl




© Thomas Witzke / Stollentroll

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