Türkischer Honig -

Ein 3D - Panorama der Weltkulturerbestätten Anatoliens

von Thomas Krassmann

Der folgende interaktive Reisebericht zu verschiedenen Weltkultur - Erbestätten der Türkei enthält eine Reihe von Kugelpanoramen, die es erlauben, sich an den im Text und in den Bildern erwähnten Stätten so umzusehen, als ob Sie selber an Ort und Stelle wären. Sie erreichen die Kugelpanoramen, indem Sie auf die roten Links drücken.

In den Panoramabildern drehen Sie sich mittels Maustaste im Bild in jede beliebige Richtung. Zoomen Sie in interessante Details hinein. Experimentieren Sie und Sie werden eine Fülle von neuen Eindrücken und auch manch überraschend Vertrautes sehen und erleben.

Falls Sie ein grösseres Bild sehen möchten, klicken Sie bitte auf "Vollbild" (benötigt die Installation von QUICKTIME). Auch in den Großbildern können Sie nach Belieben mit der Maus navigieren und mit der Shift / Unshift Taste in die Bilder hinein und herauszoomen. Sollten Sie Probleme beim Betrachten der Panoramen haben, klicken Sie bitte hier oder mailen Sie uns.

Übersichtskarte der Türkei mit Reiseroute

Dieses Programm ganz verlassen

 


 

Die letzten Leinen lösen sich. Ganz sanft schweben wir empor durch ein Tal, das nicht von dieser Welt zu sein scheint. Mächtige, grell weiße Felsensäulen ragen schlank empor : zehn, zwanzig Meter hoch, um dann von skurril geformten braunen Felsenmützen bekrönt zu werden. In einigen dieser poetisch Feenkamin genannten Steinsäulen lassen sich dunkle höhlenartige Eingänge erkennen, mitunter hoch über dem Boden. Menschen haben hier einst gewohnt, und manche leben noch heute hier. Leise schaukelt der Ballon in einer Luftströmung und weiter geht die Fahrt durch ein Märchental, das durch den Kontrast der eigenwilligen Gesteinsformationen und saftig grüner Gärten zu dem Eindrucksvollsten gehört, was ich als Geologe je gesehen habe...

Wir sind in Kappadokien, einer Landschaft in Zentralanatolien. Entstanden durch die Abtragung Millionen Jahre alter Tuffschichten, scheint diese Landschaft in der Tat zu einem anderen Planeten zu gehören. So skurill die Felsensäulen, so fremdartig die Landschaft.. Und doch ist der aus Tuffgrus bestehende Boden fruchtbar und bis an den äußersten Rand der Felswände und steilen Schluchten wird Ackerbau betrieben. Besonders geschätzt sind die kappadokischen Weintrauben, aus denen Rosinen getrocknet, aber auch ein vorzüglicher Wein gekeltert wird.

 

Feenkamine mit Weingärten

Vor Jahrtausenden schon siedelten Menschen hier und machten sich die Besonderheiten der Natur zu Nutze. Statt Häuser zu bauen, grub man sich in das weiche Tuffgestein hinein, das an der Luft bald aushärtet und so wohnlichen Lebensraum bietet. Im Winter warm ,im Sommer kühl weisen diese Felsenwohnungen das ganze Jahr hindurch eine angenehme Aufenthaltstemperatur auf. Mitunter wurden ganze Siedlungen tief in die Felsen hinein gebaut, so in den unterirdischen "Städten" von Kaymakli und Derinkuyu.

Seit dem 4. Jahrhundert entdeckten Christen diese Region und fingen an, sich hier niederzulassen. Hunderte von Kirchen wurden in den Felsen erbaut und mit prachtvollen Fresken ausgeschmückt. Einsiedeleien und größere Klostergemeinden entstanden. Eine Hochburg christlichen Glaubens entwickelte sich und gedieh über viele Jahrhunderte hinweg. Manche der hier diskutierten Glaubenssätze wie die Lehre der Dreifaltigkeit verbreiteten sich von Kappadokien aus im gesamten Okzident und wurden Bestandteil unseres christlichen Bekenntnisses.



Unterirdische "Stadt" Kaymakli

Freilichtmuseum Göreme

Enger wird das Tal. Der Ballon treibt weiter über bizzare Erosionsstrukturen hinweg und meine Gedanken treiben hinterher. Vor etwa zwei Jahren hörte ich das erste mal von Kugelpanoramen. Eine fotografische Darstellungsform sollte das sein die es ermöglicht, einen Raum oder eine Gegend so darzustellen, als stände man selber an Ort und Stelle und könne seinen Blick in jede beliebige Richtung wenden. Sofort war ich neugierig, bald selbst begeistert über diese so plastische Form der Dokumentation. Wenig später fing ich an selber Kugelpanoramen aufzunehmen. Und nun waren wir zu zweit hier im Auftrag der türkischen Regierung, um einige der Weltkulturerbestätten der Türkei mittels Kugelpanoramen zu dokumentieren.

Kleinasien, wie ein alter Name für die heutige Türkei lautet, ist uraltes Siedlungsgebiet und einer der Ursprünge unserer eigenen Kultur. Troja, Ephesus, Pergamon, Konstantinopel, Edessa, Trapezunt - all dieses und viele mehr sind Orte, an die sich innigste kulturelle und christliche Werte der westlichen Welt knüpfen. Alle diese Orte liegen in der heutigen Türkei. Manche davon sind heute bereits Weltkulturerbestätten mit gleichen Rang wie der Kölner Dom, das Kloster Maulbronn oder der Hansestadt Lübeck. Auch andere türkische Stätten wären es sicher wert, in dieser Liste Aufnahme zu finden.

Angefangen hat unsere Reise durch die Türkei in Safranbolu - einer kleinen Stadt im Norden der Türkei, die ihre frühere Bedeutung dem Anbau von Safran verdankt. Heute wird hier kein Safran mehr angebaut. Geblieben sind jedoch viele prächtige Fachwerkhäuser aus dem 17. und 18.ten Jahrhundert, die den Baustil im ganzen damaligen osmanischen Reich nachhaltig geprägt haben.

Safranbolu : Übersicht

Kaymakamlar Haus

Das museal hergerichtete Kaymakamlar Haus mit seinem schönen Garten ist ein typisches Beispiel dafür. Aber auch die alte Moschee mit dem schattigen Innenhof und der mit Weinranken überdachte Bazar vermitteln heute noch die Atmosphäre einer alttürkischen Stadt , wie sie heute kaum mehr anderswo zu finden ist. Wir übernachteten hier in einem 250 Jahre alten Haus, das liebevoll zu einem rustikalen Hotel umgestaltet wurde. Abends genossen wir die Atmosphäre in dem Innenhof des Cincihan ,einer aufwendig restaurierten Karavanserai des 16. Jahrhunderts. Es blieb der angenehme Eindruck einer liebenswürdigen Stadt mit liebenswürdigen Einwohnern.


Ganz anders Hattusha. Auch dies eine Stadt, eine gewaltige Burganlage der Hethiter, fast 2000 Jahre vor Christus entstanden und aufgestiegen zum Mittelpunkt einer Großmacht, die zu ihrer Glanzzeit Babylon und Ägypten in ihre Schranken wies und Troja eroberte. Hier wurde zum erstenmal Stahl zu Waffen geschmiedet, hier wurde aber auch 1274 vor Christus zum ersten mal in der Geschichte der Menschheit ein Friedensvertrag schriftlich niedergelegt. Hier wurde der zweirädrige Kampfwagen erfunden, die Frau dem Mann als gleichberechtigt angesehen und die Todesstrafe verboten. Es muß ein sehr fortschrittlicher Staat gewesen sein, der seine große Zeit zwischen 1700 und 1190 vor Christus hatte und dann in erstaunlich kurzer Zeit und aus immer noch ungeklärten Gründen die Weltbühne verliess. Fast ohne Spuren zu hinterlassen.

Geblieben ist eine große Ruinenstätte. Entdeckt wurde sie 1834, seit 1907 wird Hattusha durch das Deutsche Archäologische Institut ausgegraben. Gefunden wurden Tausende von Keilschrifttafeln, auf denen detailgenau das Leben in der hethitischen Hauptstadt beschrieben wird. Ergraben wurde auch ein großer Tempelkomplex in der Unterstadt mit großen Magazinräumen sowie mehrere kleinere Tempelanlagen in der Oberstadt. Zugänglich und teilweise rekonstruiert sind heute auch die mächtigen und teilweise fast neuzeitlich wirkenden Verteidigungsanlagen mit mehreren stark befestigten Stadttoren, von denen das Löwentor, das bedeutendste ist.


Hattusha : Löwentor

Götterfriese von Yazilikaya

Etwas abseits der 'Residenz der Tausend Götter des Hatti - Landes' wie Hattusha im Altertum auch bezeichnet wurde liegt das Felsenheiligtum Yazilikaya, in denen mehrere gut erhaltene Reliefdarstellungen die Götter der Unterwelt sowie den Großkönig Tudhaliya IV mit seinem Schutzgott Scharumma porträtieren. Das heute aus mehreren Felsenkammern bestehende Heiligtum war früher Bestandteil eines weit größeren, überdachten Tempelkomplexes, deren Grundmauern im Eingangsbereich nachgewiesen wurden.

In den letzten Minuten sind wir rasch emporgestiegen und schweben nun in gut 300 m Höhe. Weit schweift der Blick über das Land hin zum durch viele Stollen und Tunnel ausgehöhlten Burgberg von Ortahisar. Ruhig zieht der Ballon dahin und doch wird mir in dieser Höhe etwas flau im Magen und ich bin froh, als ich merke, daß wir wieder langsam sinken. Im dunstigen Sonnenglast liegt Göreme und nur mit Mühe kann ich das Freilichtmuseum mit dem alten Klosterbezirk erkennen, wo wir gestern abend photographiert haben.

Ein tief berührendes Erlebnis, sich fast allein zu später Stunde in den sakralen Räumen der Dunklen Kirche und besonders auch der Tokali - Kirche mit ihren wundervollen blauen Malereien aufzuhalten. Stille umgab mich, alles war sanft erleuchtet und ein tiefes Gefühl des Friedens durchdrang mich an diesen Stätten urchristlichen Glaubens.


Göreme : Tokali-Kirche

Heute nun werden wir Zelve besuchen, ein nahegelegenes Felsendorf, in dem viele Menschen über Jahrhunderte hinweg ihren Wohnsitz fanden. Erst 1957 wurden die Einwohner in Steinhäuser umgesiedelt, da man viele Felsenwohnungen für einsturzgefährdet hielt.Wohl zu Recht, denn tatsächlich ist das heutige Zelve stark vom Felsstürzen geprägt und manch früher frei zugänglicher Bereich ist bereits aus Sicherheitsgründen abgesperrt. Trotzdem trauert noch heute mancher ehemalige Bewohner dem Leben im Felsendorf nach. Inzwischen ist die scheinbar altmodische Wohnweise im Felsenwieder modern geworden und verschiedene Hotels und Pensionen in Göreme und Umgebung bieten luxuriös eingerichteteFelsenwohnungen für Touristen an.


Felsendorf Zelve

Moderne Felsenarchitektur

Unsere Reise wird weitergehen zu einer vierten und letzten Weltkulturerbestätte. Wenig bekannt und - da nicht ausgeschildert - selbst in der Stadt schwer zu finden, stellen die Moschee und das Hospital von Divrigi ein Kleinod seldschukischer Architektur dar. 1228 - 1229 zur Blütezeit des alttürkischen Reiches von Ehmir Ahmet Shah errichtet, bildet das Gebäude einen homogenen Baukomplex mit drei gewaltigen Toren, die über und über mit reicher Ornamentalistik verziert sind.

In der einen Hälfte des Gebäudes befindet sich eine auch heute noch zur Andacht verwendete Moschee mit einem reich geschnitzten Gebetsstuhl aus dem 13. Jahrhundert. In der gegenüberliegenden Gebäudehälfte verbirgt sich ein wohlerhaltener Maristan - ein Hospital zur Heilung geistig verwirrter Menschen, in dessen Zentrum ein heiltätiger Brunnen liegt. Noch heute dient der Raum als Begräbnisstätte für besonders ehrwürdige Muslime. Das tief beeindruckende Gebäudeemsemble von Divrigi, das bereits 1985 in die Liste der Weltkulturerbestätten aufgenommen wurde, hätte sicherlich einen weitaus höheren Bekanntheitsgrad verdient.


Divrigi : Im Maristan

Divrigi : Saal der Moschee

Nicht auf der Liste der Weltkulturerbestätten, jedoch auf der Vorschlagsliste hierzu steht das Kloster Sumela nahe Trabzon, dem antiken Trapezunt. Hier wurde im Jahr 385 in einer 250 m hoch aufragenden Felswand ein Kloster gegründet, das in seiner ausgesetzten Lage den Klöstern des Berges Athos und den Meteora-Klöstern in Griechenland kaum nachsteht. Das über viele Jahrhunderte blühende und durch zahlreiche Schenkungen - so einer reich ausgestatteten Bibliothek durch den Kaiser Justinian - sich stetig vergrößernde Kloster wurde 1461 unter Fatih Sultan Mehmet von den Osmanen erobert. Der Sultan lies jedoch das Kloster und die Ausübung der christlichen Lehre unangetastet und auch in der Folgezeit herrschte ein gutes Einverständnis zwischen den Mönchen und der umgebenden teils muslimischen, teils christlichen Bevölkerung.

 

Sumela : Eingang

Mehrfache großzügige Schenkungen der herrschenden Sultane an das Kloster, zuletzt im 19. Jahrhundert durch Sultan Abdulhamid, der dem Kloster 15 Dörfer in der Umgebung vermachte, sind historisch verbürgt. So bietet die Geschichte des Klosters Sumela an sich ein schönes Beispiel für religiöse Toleranz und einen Religionsfrieden, der bis ins 20. Jahrhundert reichte. Das Ende des Klosters mit damals etwa 100 darin lebenden Mönchen kam 1921 durch marodierende Russen christlich - orthodoxen Glaubens, die Sumela plünderten und die Mönche vertrieben. Ein trauriges Ende für eine so lange und friedvolle Geschichte...

Nach einer Phase des Verfalls bemüht man sich seit einigen Jahren um eine sorgfältige Wiederherstellung des Klosterkomplexes. Noch sind die Arbeiten nicht abgeschlossen, trotzdem aber zeigt Sumela schon heute wieder das Bild eines imposanten Gebäudekomplexes. Zugänglich ist etwa die Hälfte der hoch aufstrebenden Klosterbauten mit ihren typischen, vorkragenden Dachsimsen und die in eine Felsenhöhle hinein gebaute Marienkapelle mit prachtvollen Fresken neutestamentlicher Szenen, die immer noch zum großen Teil stark sanierungsbedürftig sind.

Sumela : Marienkapelle

Unsere Ballonfahrt nähert sich dem Ende. Noch einmal steuert uns unser Pilot durch die weißen Felsenschluchten des Liebestales hindurch, nun schon auf der Suche nach einem Landeplatz. Zwei Ballons liegen halb erschlafft auf den Boden der Tuffebene und machen einen traurigen Eindruck, wir aber nehmen noch einmal Fahrt auf und gleiten in Baumhöhe über den nächsten Hügel hinweg. Als meine Hände durch die Blätter der Baumwipfel streichen, denke ich belustigt an den Satz 'Blumen pflücken während der Fahrt verboten' und fühle mich seltsam beschwingt.

 

Teeplantagen bei Rize

Viel gäbe es noch zu erzählen über die Geschichte der Türkei, einem Land, das so viele unterschiedliche Kulturen beheimatet hat wie wenige andere. Doch es gibt noch weit mehr in diesem Land zu entdecken. Die Schwarzmeerküste wird unser letztes Ziel sein. Grün ist es hier, viel grüner als irgendwo sonst in der Türkei. An den steilen Bergen um Rize und Trabzon wiegen sich endlose Teeplantagen, die mehrfach im Jahr gepflückt werden können.

Weiter unten im Tal werden Haselnüsse angebaut. Es sollen die besten der Welt sein. Wir werden in die Camlihensin - Täler hochfahren und ein wenig die dortige Bergwelt erkunden. In der auch "Kleiner Kaukasus" genannten Bergregion der Kackar Dagi gibt es hochalpine Wanderparadiese bis hinauf auf fast 4000 m. Bis vor wenigen Jahren fast unbekannt und auch nun erst zaghaft erschlossen, kann man hier noch mit Glück auf Bären und Wölfe treffen. Ausgangspunkt dieser Wanderungen ist die Ortschaft Ayder, wo man sich nach den Ausflügen in die Bergwelt in heißen Quellbecken von kundiger Hand massieren lassen kann.

Tal des Camlihensin


Die Türkei ist eine Reise wert...Nein, nicht eine : viele Reisen. Es ist meine vierte Reise in dieses Land, das so viel an Kultur und Natur zu bieten hat. Viel Neues gibt es hier, Überraschendes, Unbekanntes und doch immer wieder auch seit langem Vertrautes, zutiefst Europäisches. Ich steige aus dem Ballonkorb aus, der immer noch leicht schwankend auf dem Boden steht. Schon sinkt die Hülle hinab, ihrer Luft beraubt. Von fern her ertönt ein Ruf und der Knall eines Sektkorkens ist zu hören. Bald schon werde ich stolzer Besitzer einer Urkunde über meine erste Ballonfahrt sein. Es war wunderbar und es wird nicht meine letzte Fahrt in einem Ballon sein...und auch nicht meine letzte Reise in die Türkei !


Impressum und Danksagung :

Sämtliche Bilder und Texte, soweit nicht anders angegeben © Dr. Thomas Krassmann / Bad Windsheim

Für die Übernahme der wesentlichen Reisekosten bedanke ich mich herzlich bei der Kulturabteilung der Botschaft der Republik Türkei / Berlin und dem Ministerium für Kultur und Tourismus Ankara / Türkei. Weiter bedanke ich mich bei Herrn Jens Naumann / Weimar für die Hilfe bei der Durchführung der Reise sowie für die Flachphoto - Dokumentation der einzelnen Weltkultur - Erbestätten und bei unserem Reiseleiter Herrn Taner Hatacykoglu für den reibungslosen Ablauf unserer Reise. Schließlich möchte ich mich auf diesem Wege auch bei Herrn Dipl. Geol. Selcuk Yuecekent / Göttingen für die Beratung bei den Reisevorbereitungen bedanken.


© Panorama-Ansichten und Texte : Dr. Thomas Krassmann