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Zeichen, Tafeln, Inschriften und Zeichnungen im Bergbau

von Dr. Thomas Witzke


2. Markscheiderische Zeichen, Tafeln und Markierungen, Grubenfeldgrenzen

2.2. Grubenmittelpunkte

Bild 2.2.01:
Grubenmittelpunkt, Milde Hand Gottes, Brand-Erbisdorf, Erzgebirge, Sachsen. Foto: Holger Lausch.











2.3. Verstufungen

Beim Vortrieb von Entwässerungsstollen oder Stollenflügeln traten öfter Streitigkeiten mit den Gewerken der Gruben auf, zu denen sie durchschlägig werden sollten. Hier suchte man nach Möglichkeiten, die rechtlichen Probleme zu regeln. Eine Möglichkeit war, bestimmte Stufen an den Grenzen der Einzugsbereiche einzuschlagen. Damit werden auch finanzielle Ansprüche der Stöllner deutlich gemacht.
Eine der hier geschlagenen Stufen ist die sogenannte "Vierte-Pfennig-Stufe". Das Recht auf den Vierten Pfennig diente dazu, die Unkosten der Stöllner zu verringern. Dieses Recht trat bereits während des Vortriebs, sobald der Stollen die Grenze des Grubenfeldes erreichte, noch vor dem Durchschlag mit den Grubenbauen in Kraft. Die Gewerken der Grube zahlten ein Viertel der Unkosten der untertägigen Arbeiten. Es handelt sich um ein sehr altes Recht, welches schon in der Kuttenberger Bergordnung von 1300 erwähnt wird.
Um den Rechtsanspruch deutlich zu machen, schlug man gelegentlich eine Stufe beim Einkommen des Stollens in das Grubenfeld. Die Stufe markiert damit eine Grenze wie die weiter oben genannten Markscheidestufen, wurde jedoch auf Ersuchen der Stöllner geschlagen.
Im Erzgebirge ist die Stufe aus Grubenbauen des 16. Jahrhunderts bekannt, im 17. Jahrhundert kam sie hier außer Gebrauch.


Bild 2.3.01:
Vierte-Pfennig-Stufe. Grube im Kiesholz, Marienberg, Sachsen. Zweite Hälfte 16. Jahrhundert. Foto: Thomas Witzke.









Bild 2.3.02:
Vierte-Pfennig-Stufe. Grube im Kiesholz, Marienberg, Sachsen. Zweite Hälfte 16. Jahrhundert. Foto Michael Pfefferkorn.









Bild 2.3.03:
Vermutlich Vierte-Pfennig-Stufe, Treue Gewerken Verbindlichkeit Stollen, Kamsdorf, Thüringen. Foto Michael Pfefferkorn.









Wenn ein Stollen nicht weiter vorgetrieben bzw. von den Stöllnern aufgegeben wurde, kam ein anderes Zeichen zur Anwendung. Dieses Zeichen (gewöhnlich ein Doppelkreuz), die Verstufung, diente zur Abgrenzung der Rechtsansprüche alter und neuer Stöllner bei Wiederaufnahme. Die alten Stöllner hatten weiterhin Anspruch auf einen Teil des Stollenneuntels, falls der Stollen die Grube erreichte.
Das Verstufungszeichen ist aus dem Erzgebirge seit der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts bekannt. Es ist bis in die Vogesen verbreitet gewesen, wurde hier jedoch wohl gleich bei der Aufnahme eines Stollens geschlagen.


Bild 2.3.04:
Schwer erkennbares Verstufungszeichen. Treue Gewerken Verbindlichkeit Stollen in Kamsdorf, Thüringen. Foto Michael Pfefferkorn.









Gelegentlich wird auch ein senkrechter Strich mit drei Querbalken als Verstufungszeichen verwendet. Bekannt sind derartige Zeichen aus Johanngeorgenstadt/Sachsen und Kamsdorf/Thüringen. In Kamsdorf findet sich ein derartiges Verstufungszeichen am Julianestollen (ein bedeutender Entwässerungsstollen), wo der z.T. versetzte Albertgang einkommt, in der Nähe des Albertschachtes.


Bild 2.3.05:
Verstufungszeichen in einem alten Stollen nahe Schacht 120, Johanngeorgenstadt, Erzgebirge, Sachsen. Foto Michael Pfefferkorn.









Bild 2.3.06:
Verstufungszeichen, am Julianestollen, Kamsdorf, Thüringen. Foto Thomas Witzke.









Auch ein einfaches Kreuz ist als Verstufungszeichen bekannt. Etwas ungewöhnlich ist jedoch bei dem folgenden Beispiel, dass die Tafel in die Ortsbrust geschlagen wurde, denn bei einer Neuaufnahme des Stollenvortriebs würde sie verloren gehen.


Bild 2.3.07:
Verstufung des Weistaubner Stollns, Pobershau, Erzgebirge, Sachsen, im Quartal Trinitatis 1835. Foto Michael Pfefferkorn.










Große Verstufungstafeln sind aus dem Freiberger Revier bekannt. Der fiskalisch vorgetriebene Rothschönberger Stollen, der bedeutendste Entwässerungsstollen des Freiberger Reviers, wurde gegen die von den jeweiligen Gruben aufzufahrenden Bereiche verstuft.
Die wohl schönste und aufwändigste Verstufungstafel überhaupt findet sich im Treue Sachsen Stolln bei Kleinvoigtsberg. Auch sie zeigt ein Doppelkreuz als Verstufungszeichen.

Bild 2.3.08:
Verstufung des Rothschönberger Stollens, Bereich 7. - 8. Lichtloch, Erzgebirge, Sachsen. Foto Holger Lausch.









Der Text auf der Tafel lautet:
Fortsetz. d.
Rschb. Stolln
im Innern d.
Freib. Revier
v. Cotta Bergr.
Beuneman Stollnf
Butze Stollnobstgr.
Fiscal.
Rschb. Stolln.
verstufft
d. 12. April 1877
Müller, Ob-Bergr.
Richter, Berginsp.
Johst, Bergverw.


Bild 2.3.09:
Verstufung des Rothschönberger Stollens gegen den Beihilfe Erbstollen, Bereich 7. - 8. Lichtloch, Erzgebirge, Sachsen. Foto Holger Lausch.











Bild 2.3.10:
Verstufungstafel des Treuer Sachsen Stollen gegen den Tiefe Hilfe Gottes Stollen. Kleinvoigtsberg bei Freiberg, Erzgebirge, Sachsen. Foto: Michael Pfefferkorn.

Der Text auf der Tafel lautet (aus ADLUNG, 1999):




Bild 2.3.11:
Verstufungstafel des Treuer Sachsen Stollen gegen den Tiefe Hilfe Gottes Stollen, daneben die im folgenden Bild dargestellte Tafel. Kleinvoigtsberg bei Freiberg, Erzgebirge, Sachsen. Foto: Michael Pfefferkorn.









Bild 2.3.12:
Die 4 Meter neben der Verstufungstafel befindliche Tafel, die die Entfernung zum Peter Fundschacht angibt. Kleinvoigtsberg bei Freiberg, Erzgebirge, Sachsen. Foto: Michael Pfefferkorn.











© Thomas Witzke und die jeweiligen Bildautoren


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