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Mineralerstbeschreibungen aus Sachsen. Anhang 1:

Minerale, die sächsische Erstbeschreibungen hätten werden können




Einige Minerale hätten sächsische Erstbeschreibungen werden können, aus unterschiedlichen Gründen sind sie es jedoch nicht geworden.
Einige Minerale sind zu ungenau beschrieben worden, während einige Zeit später von einer anderen Fundstelle eine deutlich bessere Charakterisierung erstellt wurde. Die Identität beider ist z.T. erst sehr viel später festgestellt worden. Auch wenn rein formal die Beschreibung von einer sächsischen Fundstelle Priorität hätte, ist dann die Ersetzung eines etablierten, allgemein verbreiteten Namens durch einen weitgehend unbekannten nicht durchsetzbar und nicht sinnvoll. Dies ist zum Beispiel beim Arnimit / Antlerit und Chlorotil / Mixit der Fall. Es gibt auch Beispiele, in denen ein Mineral zweimal unabhängig voneinander von einer sächsischen Fundstelle beschrieben wurde und sich die Identität erst deutlich später erwies: Plusinglanz / Argyrodit und Peganit / Variscit. Beim Pearceit hat eine etwas unglückliche Neudefinition verhindert, dass eine sächsische Fundstelle als Typlokalität gilt.

Beschreibungen können auch einfach in Vergessenheit geraten oder unbeachtet bleiben. So fand der Weiße Eisensinter von Freiberg kaum Beachtung, erst 150 Jahr später wurde ein höchst wahrscheinlich damit identisches Mineral als Zýkait von einer tschechischen Fundstelle beschrieben.
Der mittelmäßig gut beschriebene Graebeït ist im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts aus der Literatur verschwunden, obwohl andere, deutlich schlechter beschriebene Minerale wie der Fritzscheit weiterhin als allgemein akzeptiert gelten.
Auf Grund einer Entscheidung der Commission on New Minerals and Mineral Names der International Mineralogical Association, auf brennenden Halden gebildete Produkte ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr als neue Minerale anzuerkennen, konnte ein Ammonium-Eisen-Sulfat nicht mit einer sächsischen Typlokalität beschrieben werden, sondern lediglich als unbenannte Verbindung. Einige Jahre später wurde es als neues Mineral von der Insel Vulcano, Italien, anerkannt. Die Entscheidung ist durch die IMA 2019 zurück genommen worden, Neubildungen auf brennenden Halden gelten jetzt wieder als Minerale, wenn der Brand natürlich entstanden ist. Für die Beschreibung des Ammonium-Eisen-Sulfats mit einer sächsischen Typlokalität war es jedoch zu spät.

Es sind jedoch auch umgekehrte Fälle bekannt, bei denen ein Mineral zuerst unzureichend von einer anderen und erst später mit besseren Daten von einer sächsischen Fundstelle beschrieben wurde, und letztere als Typlokalität gilt. Beispiele dafür sind der Kolbeckit und der Walpurgin.

In dieser Zusammenstellung werden hier behandelt:
Arnimit = Antlerit,
Bodenit = Allanit-(Y),
Chlorotil = Mixit,
Eugenglanz = Pearceit,
Graebeït,
hypochloritähnliches Mineral, Antimon-Hypochlorit = Chapmanit (gemengt mit Quarz)
Kupferblende, Erythroconit = Tennantit-(Zn)
Polysphärit = Phosphohedyphan,
Weißer Eisensinter = Zýkait,
unbenanntes Ammonium-Eisen-Sulfat = Pyracmonit


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Arnimit = Antlerit


Formel: Cu3(SO4)(OH)4, orthorhombisch

Erster Fundort: Heinrichschacht, Planitz bei Zwickau, Sachsen
Beschreibung:
WEISBACH, A. (1886): Mineralogische Mittheilungen. 1. Arnimit.- Jahrbuch für das Berg- und Hüttenwesen im Königreiche Sachsen auf das Jahr 1886, 86-87

Typlokalität: Antler Mine, Mohave Co., Arizona, USA
Erstbeschreibung:
HILLEBRAND, W.F. (1889): Mineralogical Notes. 6. A basic cupric sulphate.- Bulletin of the United States Geological Survey 55, 54-55


         Der Arnimit von Planitz

Albin WEISBACH beschrieb 1886 ein matt spangrünes Mineral auf Porzellanjaspis, das aus alten Bauen aus dem Heinrichschacht von Planitz bei Zwickau stammt. Unter dem Mikroskop zeigte sich, dass es kurznadelförmige bis schuppenförmige Kristalle bildet. Bei einer ersten chemischen Analyse wurden Kupfer und Schwefel als Hauptbestandteile gefunden, so dass WEISBACH zunächst annahm, es handelt sich um Brochantit. Weitere Proben des seltenen Materials erlaubten schließlich eine quantitative Analyse durch Clemens WINKLER. Es zeigte sich, dass das Mineral nicht mit Brochantit identisch ist. Danach stellte WEISBACH die Formel "Cu5S2O11 + 6 H2O" auf und vermutete eine Beziehung zu "Herrengrundit", das ist Devillin. Er schreibt weiter, dass dem neuen Mineral von Planitz "zu Ehren der Familie von Arnim, in deren Besitz sich die Planitzer Steinkohlenwerke seit Jahrzehnten befinden, der Name Arnimit beigelegt werden" kann.


         Antlerit und Stelznerit

W.F. HILLEBRAND beschrieb 1889 mit ähnlich spärlichen Angaben ein grünes Mineral aus der Antler Mine, Yucca Station, Mohave Co., Arizona, USA. Nach Abzug von 8 % Verunreinigungen durch Gangmaterial stellte er aus der chemischen Analyse eine Formel "3CuSO4 + 7Cu[OH]2" auf. HILLEBRAND schlug den Namen Antlerit nach dem Fundort vor.

1899 beschrieben A. ARZRUNI & K. THADDÉEFF ein basisches Kupfersulfat aus Remolinos, Chile, und nannten es Stelznerit. Aus der chemischen Analyse wurde die Formel "CuSO4 . 2Cu(OH)2" berechnet. Das Mineral weist eine Dichte von 3,884 auf und kristallisiert im rhombischen System mit a : b : c = 0,50368 : 1 : 0,70585. An den grünen, prismatischen Kristallen konnten auch einige optische Eigenschaften bestimmt werden.

Wenige Jahre später stellte W.T. SCHALLER (1910) nach optischen Untersuchungen die Identität von Stelznerit und Antlerit fest. Aus Prioritätsgründen empfahl er die Verwendung des Namens Antlerit. Die von ARZRUNI & THADDÉEFF gefundene Formel für das Mineral ist die korrekte, heute noch gültige für Antlerit. Eine umfangreiche Kristallvermessung am Antlerit führte C. PALACHE (1939) durch. Nach röntgenografischen Untersuchungen bestätigte W.E. RICHMOND (1939) die orthorhombische Symmetrie und fand die Raumgruppe Pnam sowie die Zelle a = 8,22, b = 11,97 und c = 6,02 Å.


         Arnimit = Antlerit

Im Rahmen einer Untersuchung zum Antlerit von Lavrion, Griechenland, beschäftigte sich P. KOKKOROS (1953) auch mit dem Arnimit, da ihm die Ähnlichkeit einiger Daten zu denen vom Antlerit auffiel, und schreibt dazu:
"Aus einer einzigen Analyse dieses Materials ist die Formel Cu5(OH)6(SO4)4·3H4O abgeleitet worden. Auf Grund dieser Formel wurde der Arnimit als eine calciumfreie Varietät von Devillin betrachtet. Nach Frondel hingegen, der ein Pulverdiagramm von authentischem Arnimit untersuchte, besteht keine Ähnlichkeit zwischen Devillin und Arnimit, der Arnimit wird als eigene Mineralart angenommen. Die d-Werte und relativen Intensitäten der fünf stärkeren Reflexe dieses Pulverdiagrammes sind nach Frondel: 4,84 (1 = 10), 3,60 (9), 2,68 (8), 2,57 (8), 2,13 (7). Wie aus obiger Tabelle zu ersehen ist, fallen diese Reflexe mit den stärkeren Reflexen der Pulveraufnahme yon Antlerit zusammen. Infolgedessen, falls die Authentizität des von Frondel untersuchten Arnimits als gesichert angenommen werden kann, ist der Name Arnimit aus der Liste der Mineralarten zu streichen."

In jüngster Zeit mittels Röntgendiffraktometrie analysierte grüne, feinkristalline Aggregate auf einer Probe von Planitz erwiesen sich eindeutig als Antlerit (WITZKE, 2014, nicht publiziert).

Auch wenn Arnimit drei Jahre vor dem Antlerit beschrieben wurde, und somit eigentlich Priorität hätte, so steht dem doch entgegen, dass Antlerit eine gut untersuchte, lange etablierte Spezies ist, während vom Arnimit nur sehr unvollständige Daten und eine ungenaue chemische Analyse vorliegen.


Chemische Analyse von Arnimit / Antlerit (in Masse-%)

     Arnimit
  Planitz bei Zwickau,
  WEISBACH (1886)   
  Antlerit,
  theoretische
  Zusammensetzung     
  CuO   56.81   67.27
  Fe2O3, Al2O3       0.35  
  CaO     0.56  
  SO3   24.43   22.57
  H2O     10.16
  Summe        100,00



Literatur:
ARZRUNI, A. & THADDÉEFF, K., vollendet und herausgegeben von A. DANNENBERG (1899): Neue Minerale aus Chile, ein neues Vorkommen von Utahit und ein neues Wismuthcarbonat von Schneeberg.- Zeitschrift für Krystallographie und Mineralogie 31, 227-247

FRONDEL, C. in: PALACHE, C.; BERMAN, H. & FRONDEL, C. (1951): The System of Mineralogy of James Dwight Dana and Edward Salisbury Dana.- 7th ed., New York, John Wiley and Sons

HILLEBRAND, W.F. (1889): Mineralogical Notes. 6. A basic cupric sulphate.- Bulletin of the United States Geological Survey 55, 54-55

KOKKOROS, P. (1953): Antlerit aus Lavrion. Eventuelle Identität des Arnimits mit Antlerit.- Tschermaks Mineralogische und Petrographische Mitteilungen 3, 295-297

PALACHE, C. (1939): Antlerite.- American Mineralogist 24, 293-299

RICHMOND, W.E. (1939): X-ray study of antlerite.- American Mineralogist 24, 300-301

SCHALLER, W.T. (1910): The probable identity of podolite with dahllite and the identity of stelznerite with antlerite.- American Journal of Science 30, 309-312

WEISBACH, A. (1886): Mineralogische Mittheilungen. 1. Arnimit.- Jahrbuch für das Berg- und Hüttenwesen im Königreiche Sachsen auf das Jahr 1886, 86-87


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Bodenit = Allanit-(Y)


Formel: CaY(Al2Fe)(Si2O7)(SiO4)O(OH), monoklin

Erster Fundort: Kalksteinbruch, Boden bei Marienberg, Erzgebirge, Sachsen
Beschreibung:
BREITHAUPT, A. (1844): Vorläufige Notiz ein neues, dem Allanit ähnliches Mineral betreffend.- Annalen der Physik und Chemie 138 (= Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie 62; 3. Reihe Band 2), 273-275
KERNDT, T. (1848 a): Ueber die chemische Zusammensetzung des Bodenits.- Journal für praktische Chemie 43, 219-237     (als Bodenit)

Typlokalität: ?
Erstbeschreibung: ?





Brauner Kristall von Allanit-(Y). Boden, Marienberg, Erzgebirge, Sachsen, Deutschland. Bildbreite 10 mm. Sammlung und Foto Thomas Witzke.



         Bodenit von Boden bei Marienberg

Bei einer Exkursion zu dem Strahlstein- und Kalklagern zwischen Boden und Mauersberg bei Marienberg fand Th. KERNDT 1842 neben Chondrodit auch ein im Wesentlichen aus Feldspat bestehendes Gestein, das "ausserdem ein schwarzes Mineral in geringer Menge porphyrartig eingesprengt enthielt, dessen äusserer Typus sofort an die scandinavischen Cerfossilien erinnerte." KERNDT zeigte August BREITHAUPT das von ihm gefundene Material und überließ ihm die erste Beschreibung (KERNDT, 1848 a).
BREITHAUPT reklamierte allerdings den ersten Fund des schwarzen Minerals für sich. Er schreibt 1844, dass er veranlasste, dass der Chondrodit und der Feldspat (den er als Oligoklas erkannte), in größerer Menge herbeigeschafft wird,
"und als ich diese erhielt, entdeckte ich in dem Oligoklas ein Mineral, das ganz das Ansehen des Glanzes, der Farbe, meist auch der Gestalten etc. vom Allanit (aus Grönland), Orthit, Gadolinit und Pyrrothit hatte, und, nach einigen Löthrohrversuchen, jene merkwürdigen bestandtheile enthielt, welche diese Mineralien auszeichnen. Nun schickte ich auf meine Kosten einen Bergmann danach aus, als wodurch ich in den Stand gesetzt bin, das neue Mineral weiter zu untersuchen. [.] Obwohl man durch das blosse Ansehen die genannten vier Mineralien und das neue von Boden nicht unterscheiden kann, so will ich doch einiges von den Eigenschaften des letzteren hervorheben. Es findet sich in bis 1 Linie breiten und bis 1 Zoll langen Säulen, welche porphyrartig im Oligoklas liegen. Die Prismen lassen sich vom Oligoklas nicht lösen, aber sie weichen vom rechten Winkel gewiss nur sehr wenig ab. [.] Die Säulenform der Krystalle geht sehr gewöhnlich in unbestimmte Umrisse über, an denen weiter nichts als muschliger Bruch hervorgerufen werden kann.
Die Farbe des neuen Minerals erscheint zwar auf den ersten Blick schwarz, in dünneren Stellen geht sie jedoch in´s Braune über, und die dünnsten Splitter sind ganz blass rauchgrau, wie manche Quarze, dabei bis halbdurchsichtig. Das Strichpulver ist farblos.
Ungeachtet der Aehnlichkeit mit den genannten Mineralien ist es doch keinem derselben ganz gleich, scheint aber dem grönländischen Allanit am nächsten zu stehen. An Ceroxyd schein es besonders reich zu seyn. - Ich will es nach dem Fundorte Bodenit nennen."

Eine erste chemische Untersuchung führte Carl Moritz KERSTEN (1844) durch. Er merkt noch an, dass das Mineral den umschließenden Oligoklas rötlichbraun verfärbt. Es konnte lediglich eine qualitative Analyse durchgeführt werden, eine quantitative Untersuchung gelang auf Grund zu geringer Materialmenge nicht. KERSTEN fand, dass dieses und ein weiteres, sehr ähnliches (später Muromontit genanntes) Mineral
"Ceroxydul, Lanthanoxyd, dem bisher Yttererde genannten Gemenge mehrerer Erden, Thonerde, Kalkerde, Eisenoxyd, Talkerde, Manganoxyd, Wasser und Kieselerde enthalten, und vielleicht auch noch Beryllerde, was für jetzt noch unentschieden ist."
Eine quantitative chemische Analyse des Bodenits gelang KERNDT erst später (KERNDT, 1848 b und c), nachdem er einige Gramm Material aus mehreren Zentnern Gestein gewinnen konnte. Die Dichte des Minerals bestimmte er zu 3,523. Das Ergebnis der Analyse ist in der Tabelle unten dargestellt. Danach handelt es sich um ein Yttrium-reiches Silikat. Bei dem Material handelt es sich nach heutiger Definition um einen Allanit-(Y), wobei die Seltenen Erden vielleicht etwas überbestimmt wurden.


         Allanit, Cerin und Orthit

Allanit wurde zuerst von Carl Ludwig GIESECKE auf Grönland während seiner Reise von 1806 - 1813 entdeckt. Das Schiff, mit dem GIESECKE einen Teil seiner gesammelten Proben nach Kopenhagen schickte, wurde von einem englischen Schiff gekapert und die Ladung in Leith in Schottland verkauft. Der Mineraloge Thomas ALLAN brachte die Minerale an sich und erkannte, dass sie aus Grönland stammen. Das später nach ihm benannte Mineral übergab er Thomas THOMSON zur Untersuchung, der es 1812 veröffentlichte. Danach lag hier ein Cer-reiches Silikat vor.
1811 beschrieb Wilhelm HISINGER ein schwarzes Mineral von Riddarhyttan, Schweden. Nachdem er Ceroxid als einen Hauptbestandteil fand, nannte er das Mineral Cerin.
Jöns Jacob BERZELIUS beschrieb 1818 von Finbo bei Falun in Schweden ein Mineral, dass er nach der geradlinigen äußeren Form Orthit nannte. Es bildet schwarze, längliche Kristalle im Gneis. Auch hierbei handelt es sich um ein Cer-reiches Silikat. BERZELIUS merkt an, dass der Orthit dem Cerin am nächsten steht.

Karl Cäsar von LEONHARD (1821) vereinigt den Cerin und Allanit unter dem Namen Allanit. Ebenso verfährt Rene-Just HAÜY (1822), bei ihm werden beide unter dem Namen "Cérium oxydé siliceux noir" zusammengefasst. Den Orthit stellt er als Anhang dazu.

Eine neue Anlyse des Allanits von Grönland führte Friedrich STROMEYER (1834) durch. Er konnte hierfür von GIESECKE zur Verfügung gestelltes Material von Iglorsoit, Grönland untersuchen. STROMEYER stellte hierbei fest, dass sich die Zusammensetzung kaum von der des Orthits unterscheidet.
In den folgenden Jahrzehnten wurden Allanit und Orthit von den meisten Autoren als identisch, von einigen anderen als zwei verschiedene, aber nah verwandte Minerale betrachtet.


         Bodenit = Allanit-(Y)

Nils Johan BERLIN untersuchte in seiner Dissertation 1834 Gadolinit von Ytterby, Insel Resarö, bei Stockholm, Schweden. Darunter befand sich auch ein Material, welches vor dem Lötrohr aufschwillt und teilweise schmilzt. BERLIN hält es für eine Varietät von Gadolinit, dabei ist der Gehalt an "Yttererde" hier etwa 20 - 30 % niedriger als in normalem Gadolinit. BERZELIUS (1838), der die Analysen zitiert, hält das Material für ein Gemenge von Gadolinit und Orthit. Auch SCHEERER (1840 a und b) zitiert die Analysen und schreibt dazu: "Ich führe diese Varietät des Orthit deshalb besonders auf, weil die Analysen von Berlin mir zu beweisen scheinen, dass sie eine eigene Species in dieser Klasse von Mineralien bilde". SCHEERER merkt an, dass das Verhältnis von "Kieselerde zu Thonerde und den 1 atomigen Basen" (dazu wurden damals auch die Seltenen Erden gerechnet), 5 : 2 : 9 beträgt, wie beim Allanit. Er bezeichnet das Material jedoch weiterhin als Orthit.

Bereits BREITHAUPT vermutete 1844 eine Verwandtschaft von Bodenit zum Allanit. KERNDT (1848 b) selbst vergleicht ihm speziell mit dem Orthit von Ytterby, welcher ebenfalls Yttrium-dominant ist, und zitiert hier ebenfalls die erwähnte Analyse von BERLIN.

Dunkelbräunliches, durchscheinendes Material von einem Exemplar aus der Sammlung dea Autors dieser Webseite entsprach nach einer REM-EDX-Analyse der Zusammensetzung von Allanit-(Y). Bei einer röntgendiffraktometrischen Analyse erwies sich die Probe als metamikt. Eine weitere Analyse (XRD und XRF) von heller bräunlichem, undurchsichtigem Material von einer Probe aus der TU Bergakademie Freiberg (ohne Inv.-Nr.) ergab, dass hier ein inniges Gemenge von Clinochlor, Muskovit und einem La- und Nd-reichem Bastnäsit-(Ce) vorlag. Offenbar handelte es sich um ein schon umgewandeltes Material.

Welche Literatur als Erstbeschreibung von Allanit-(Y) gilt, ist derzeit nicht klar.


Chemische Analyse von Allanit und Bodenit (in Masse-%)

     Allanit,
  Grönland,
  THOMSON  
  (1812)
  Cerin,
  Riddarhyttan,  
  Schweden
  HISINGER  
  (1811)
  Orthit,
  Finbo,
  Schweden
  BERZELIUS  
  (1818)
  Gadolinit 3),  
  Ytterby,
  Schweden
  BERLIN  
  (1834)
  Bodenit,
  Boden bei
  Marienberg  
  KERNDT  
  (1848 b)
  Allanit-(Y),
  theoretische
  Zusammensetzung     
  CaO     9.2     9.12     4.89     9.59     6.32   10.54
  K2O                     1.21  
  Na2O                     0.84  
  FeO   25.4   20.72   11.42   13.48   12.05   13.50
  MnO             1.36         1.62  
  MgO                 1.60     2.34  
  Al2O3       4.1   11.31   14.00   12.58   10.33   19.17
  Y2O3           3.80   20.83   17.43   21.22
  Ce2O3     33.9   28.19   17.39     4.56   10.46  
  La2O3                       7.56  
  SiO2     35.4   30.17   36.25   33.60   26.12   33.88
  Sonst.           0.87 1)         0.62 4)      
  H2O     4     0.40 2)     8.70     3.34     3.02     1.69
  Summe   112.0 100.78   97.81 100.00   99.30 100.00


1) Kupferoxid
2) flüchtige Bestandteile
3) von BERLIN als eine Varietät von Gadolinit betrachtet, von BERZELIUS (1838) als Gemenge von Gadolinit und Orthit, von SCHEERER (1840 a und b) als eine Varietät von Orthit oder vielleicht eine eigene Spezies
4) Kali und Natron


Literatur:
BERLIN, N.J. (1834): Dissertatio chemica analysin Gadolinitarum Ytterbyensium exhibens.- Upsala

BERZELIUS, J.J. (1818): Undersökning af Orthiternas sammansättning. A. Orthit från Finbo. B. Orthit från Gottliebs gång.- Afhandlingar i Fysik, Kemi och Mineralogie 5, 32-48

BERZELIUS, J.J. (1838): Jahres-Bericht über die Fortschritte der physischen Wissenschaften von Jacob Berzelius. Eingereicht an die schwedische Akademie der Wissenschaften den 31. März 1837. Im Deutschen herausgegeben von F. Wöhler.- Tübingen, bei Heinrich Laupp, 431 p. (p. 220-222)

BREITHAUPT, A. (1844): Vorläufige Notiz ein neues, dem Allanit ähnliches Mineral betreffend.- Annalen der Physik und Chemie 138 (= Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie 62; 3. Reihe Band 2), 273-275

HAÜY, R.-J. (1822): Traité de Minéralogie. Seconde Edition, Vol. 4.- Paris, Bachelier et Huzard, 604 p. (p. 395-399)

HISINGER, W. (1811): Undersökning af Cerin.- Kongliga Vetenskaps Academiens nya Handlingar 32, 209-214

KERNDT, T. (1848 a): Chemische Zusammensetzung des Cerfossilien enthaltenden Oligoklases von Boden bei Marienberg im sächsischen Erzgebirge.- Journal für praktische Chemie 43, 214-219

KERNDT, T. (1848 b): Ueber die chemische Zusammensetzung des Bodenits.- Journal für praktische Chemie 43, 219-237

KERNDT, T. (1848 c): Chemische Untersuchung des Muromontits, eines neuen Cerminerals aus der Gegend von Mauersberg bei Marienberg in sächsischen Erzgebirge.- Journal für praktische Chemie 43, 228-241 (speziell 238-239)

KERSTEN, C.M. (1844): Ueber das Vorkommen von Yttererde- und Ceroxydulsilikaten im sächsischen Erzgebirge.- Annalen der Physik und Chemie 139 (= Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie 63; 3. Reihe Band 3) 135-141

LEONHARD, K.C. VON (1821): Handbuch der Oryktognosie.- Heidelberg, Mohr & Winter, 720 p. (p. 389-390)

SCHEERER, T. (1840 a): Untersuchung des Allanit, Orthit, Cerin und Gadolinit.- Annalen der Physik und Chemie 127 (= Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie 51; 2. Reihe Band 21), 407-422 (speziell p. 412)

SCHEERER, T. (1840 b): Untersuchung des Allanit, Orthit, Cerin und Gadolinit (Schluss).- Annalen der Physik und Chemie 127 (= Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie 51; 2. Reihe Band 21), 465-493 (speziell p. 485-486)

STROMEYER, F. (1834): (Analyse des Allanits).- Göttingische Gelehrte Anzeigen, 737-743

THOMSON, T. (1812): Experiments on Allanite, a new Mineral from Greenland.- Transactions of the Royal Society of Edinburgh 6, 371-386



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Chlorotil = Mixit


Formel: BiCu4(AsO4)3(OH)6·3H2O, orthorhombisch

Erster Fundort: Grube Eiserner Landgraf, Schneeberg, Erzgebirge, Sachsen
Beschreibung:
FRENZEL, A. (1875 a): Chlorotil.- Mineralogische Mittheilungen, Jahrgang 1875, 42-43

Typlokalität: Geistergang, Jáchymov, Böhmen, Tschechische Republik
Erstbeschreibung:
SCHRAUF, A. (1880): Ueber Arsenate von Joachimsthal. 1. Mixit, ein neues Kupferwismuthhydroarsenat. 2. Wapplerit. 3. Pharmakolith.- Zeitschrift für Krystallographie 4, 277-285




Grüne Mixit-Kristalle. Grube Sauschwart, Schneeberg, Erzgebirge, Sachsen, Deutschland. Bildbreite 5 mm. Sammlung und Foto Thomas Witzke.



         Chlorotil von Schneeberg

Im Jahre 1875 beschreibt August FRENZEL ein neues Kupferarsenat:
"Es ist schon oft in den Schneeberger Gruben ein blassgrünes Mineral vorgekommen, welches jedoch, ungenügenden Materials wegen, nicht gut untersucht werden konnte. In letzter Zeit lieferte die Grube Eiserner Landgraf bei Schneeberg sehr schöne blaugefärbte Aragonitsinter, Wapplerite und das erwähnte blassgrüne Mineral in grösserer Menge. Letzteres Mineral von span- bis apfelgrüner Farbe, ist man geneigt, für eine Nickelverbindung zu halten und es wurde auch wirklich für Kerstenit (Min. Lexicon für Sachsen, 13) ausgegeben. Während man jedoch den Kerstenit nur auf Chloanthit aufsitzend kennt, kommt unser Mineral nur auf und in Quarz eingewachsen vor. Ausserdem liegt keine Nickel- sondern eine bis jetzt noch unbekannte Kupferverbindung vor.
Die chemische Zusammensetzung entspricht nämlich der Formel 8 CuO . As2O5 + 6 H2O, eine vorläufige Analyse ergab einen Gehalt von 41 p.c. Kupferoxyd, 41 p.c. Arsensäure und 18 p.c. Wasser; eine geringe Menge Arsensäure wird durch Phosphorsäure ersetzt.
Das Mineral tritt in zarten haarförmigen Kryställchen, parallelfaserigen und schönen derben Partien auf, ist seidenglänzend und sehr weich.
Die Farbe geht in den fasrigen Partien selbst in smaragdgrün über, in welchem Falle man Malachit vor sich zu haben glaubt.
In kurzer Zeit werde ich Weiteres über das Mineral, welches ich Chlorotil - nach Farbe und Structur - zu nennen vorschlage, zur Veröffentlichung bringen."
Bei der Angabe von "8 CuO" in der Formel handelt es sich um einen Druckfehler, es muss "3 CuO" heißen. Die Benennung als Chlorotil erfolgte nach griechisch χλωρος = hellgrün und τιλως = fasrig.
In einer zweiten Mitteilung nennt FRENZEL (1875 b) einen weiteren Fundort, Zinnwald im Erzgebirge. Das Mineral bildet hier zarte, haarförmige, blassgrüne Kristalle. FRENZEL vermutet rhombische Symmetrie. In einer dritten Notiz erwähnt FRENZEL (1875 c), dass der Schneeberger Chlorotil bismuthaltig ist, und kündigt ausführliche Mitteilungen an. Diese sind jedoch nie erschienen.


         Mixit von Joachimsthal

1880 fand sich auf dem Geistergang in Joachimsthal (Jáchymov), Böhmen, im zersetzten Wismuterz ein neues Mineral, das Albrecht SCHRAUF (1880) wie folgt beschrieb:
"Die Farbe smaragdgün bis bläulichgrün, der Strich etwas lichter. Härte 3-4. Das Volumgewicht 2,66 (bestimmt mit nur 0,5 Gramm). Die feinsten Fasern fast durchsichtig. Das Mineral bildet auf dem unreinen gelben Wismuthocher theils einen Anflug, theils unregelmässig verstreute derbe Partien und zwar entweder körnig zerfressene Varietäten oder kuglig nierenförmige Partien, die nur im Centrum körnig sind, gegen die Peripherie zu concentrisch fasrig, kryptokrystallinisch werden. Einzelne dieser feinen concentrischen Fasern können selbst als rudimentär entwickelte, haarförmige Krystalle gelten. Unter dem Mikroskop erscheinen sie als sechsseitige Prismen."
Nach der chemischen Analyse gibt SCHRAUF die Formel "Cu20Bi2As10H44O70" an. Begleitet wird das Mineral von Torbernit und Bismutit. Das Material für die Untersuchungen stellte Bergrat Anton MIXA aus Joachimsthal zur Verfügung. SCHRAUF nannte das Mineral deshalb Mixit.


         Chlorotil ist Mixit

Esper Signius LARSEN (1921) gibt für Mixit optisch +, entweder einachsig oder mit sehr kleinem Achsenwinkel, parallele Auslöschung, ε = 1,810 - 1,830, λ = 1,730 - 1,743 an. Samuel George GORDON (1925) untersuchte zwei Proben Chlorotil (vermutlich von Schneeberg, aber nicht explizit angegeben) und fand, dass sie optisch einachsig positiv mit ε viel größer als 1,74 und λ = 1,735 sind. Bei einem Test auf Bi zeigte sich, dass dieses Element reichlich vorhanden ist. GORDON hält das Mineral deshalb für identisch mit Mixit.
Im Ergänzungband II zu HINTZEs Handbuch der Mineralogie (CHUDOBA, 1954) findet sich hierzu die Anmerkung:
"'Chlorotil' (FRENZEL, 1875) wäre zu streichen [obgleich gegenüber Mixit (SCHRAUF, 1879) die Priorität vorliegt], weil keine eingehenden Untersuchungsergebnisse ermittelt waren; eine genaue quantitative Analyse fehlte, und auch die sonstigen Angaben waren sehr mangelhaft. Mixit war dagegen als selbständige Mineralart gut gekennzeichnet."
Im Rahmen der Beschreibung von Agardit, später Agardit-(Y) genannt, YCu6(AsO4)3(OH)6·3H2O, untersuchten DIETRICH et al. (1969) acht Proben "Chlorotil" aus Schneeberg aus den Sammlungen der Bergakademie Freiberg, der Smithsonian Institution (USNM), des MNHM Paris und des British Museum, London. Alle Proben enthielten Bi und erwiesen sich als identisch mit Mixit. Das Originalmaterial von Chlorotil konnte jedoch nicht untersucht werden. Es ist mit FRENZELs Sammlung nach Budapest gegangen und dort im Verlauf der Unruhen 1956 verschollen (DIETRICH et al., 1969).


         Der Versuch einer Revalidierung von Chlorotil

Kurt WALENTA (1960) untersuchte kleine, grüne, nadelförmige Kristalle, die büschelförmige und radiale Aggregate bilden von verschiedenen Fundstellen aus dem Schwarzwald, von der Grube Silberbrünnle bei Haigerach, der Grube Clara bei Oberwolfach und von Neubulach und bezeichnet sie als Chlorotil. Das Material lieferte Röntgenpulverdaten, die denen von Mixit entsprachen, wies aber eine etwas geringere Dichte als dieser und leicht abweichende optische Daten auf. Als Gitterparameter werden für den Chlorotil a = 13,61 und c = 5,90 Å angegeben. WALENTA fand kein Bi in den Proben und hielt sie deshalb für ein bismutfreies Kupferarsenat, welches eine Mischkristallreihe mit Mixit bildet. Er wählte hierfür den von FRENZEL geprägten Namen Chlorotil. Die nur wenig bekannte Mitteilung von FRENZEL (1875 c), dass der Chlorotil auch Bi enthält, und diese Namensübertragung deshalb problematisch ist, war ihm offenbar entgangen.
Eine Formel für den Chlorotil konnte WALENTA nicht aufstellen. Er geht davon aus, dass ein Teil des Cu beim Chlorotil im Mixit durch Bi vertreten wird, und betrachtet den Chlorotil als ein Endglied der Mischkristallreihe, wobei der Gehalt an Bi2O3 maximal etwa 13 % betragen kann und die Reihe sich nicht bis zu einem analogen Bi-Arsenat erstreckt. Weiter schreibt WALENTA (1960):
"So gesehen wird man dem Mixit nicht ohne weiteres eine volle Selbständigkeit zu billigen können. Er ist als eine wismuthaltige Varietät des Kupferarsenats Chlorotil zu betrachten. Letzterem kommt als kupferreichem Endglied der begrenzten Mischkristallreihe zweifellos die Stellung eines selbständigen Minerals zu. Die Streichung des Chlorotils als gültige Mineralart erfolgte somit zu Unrecht."
Bei einer weiteren Untersuchung von 21 Proben Chlorotil und Mixit aus dem Schwarzwald und dem Erzgebirge fand WALENTA (1970), dass alle Proben Bismut oder Seltene Erd-Elemente, und einige auch Calcium enthielten. Keine der Proben erwies sich als reines wasserhaltiges Kupferarsenat. WALENTA schlug deshalb vor, den Namen Chlorotil auf die Seltenerd-Minerale zu übertragen. Diese hatten jedoch bereits vorher den Namen Agardit erhalten (DIETRICH et al., 1969). Michael FLEISCHER (1971) merkt hierzu in einem Kommentar an:
"The Commission on new Minerals and Mineral Names, IMA, knowing of Walenta's data, voted approval of the name agardite for this mineral (vote 14-0) and there seems to be no reason for reopening the question."
Trotz dieser eindeutigen Aussage wurde der Name Chlorotil noch weiter in der Literatur verwendet, z.B. bei HESS (1983). Inzwischen hat sich jedoch weitgehend die Bezeichnung Agardit durchgesetzt.

Als anerkannte Minerale der Mixit-Gruppe mit Arsendominanz liegen inzwischen vor:
Mixit, BiCu6(AsO4)3(OH)6·3H2O,
Agardit-(Y), YCu6(AsO4)3(OH)6·3H2O,
Agardit-(Ce), CeCu6(AsO4)3(OH)6·3H2O,
Agardit-(La), LaCu6(AsO4)3(OH)6·3H2O,
Agardit-(Nd), NdCu6(AsO4)3(OH)6·3H2O,
Goudeyit, AlCu6(AsO4)3(OH)6·3H2O,
Zálesíit, CaCu6(AsO4)2(AsO3OH)(OH)6·3H2O,
Plumboagardit, (Pb,REE)Cu6(AsO4)3(OH)6·3H2O,
daneben gibt es noch einige Phosphat-dominante Vertreter.



Chemische Analyse von Chlorotil / Mixit (in Masse-%)

     Chlorotil,
  Eiserner Landgraf, 
  Schneeberg,
  FRENZEL (1875 a)   
  Mixit,
  Geistergang,
  Joachimsthal, 
  SCHRAUF (1880)   
  Mixit,
  theoretische
  Zusammensetzung     
  CuO   41   43,21   41,03
  FeO       1,52  
  CaO       0,83  
  Bi2O3     13,07   20,03
  As2O5   41 1)   30,45 1)   29,64
  H2O   18   11,07     9,29
  Summe      100 100,15   99,99

1) mit etwas Phosphat


Literatur:
CHUDOBA, K.F.J (Herausgeber) (1954): Handbuch der Mineralogie von Dr. Carl Hintze. Ergänzungsband II. Neue Mineralien und neue Mineralnamen.- Berlin, de Gruyter, 958 p. (p. 521-522)

DIETRICH, J.-E.; ORLIAC, M. & PERMINGEAT, F. (1969): L'agardite, une nouvelle espèce minérale, et de problème du chlorotile.- Bulletin de la Société Française de Minéralogie et de Cristallographie 92, 420-434

FLEISCHER, M. (1971): New Mineral Names.- American Mineralogist 56, 358-362

FRENZEL, A. (1875 a): Chlorotil.- Mineralogische Mittheilungen, Jahrgang 1875, 42-43

FRENZEL, A. (1875 b): Mittheilungen an Prof. G. Leonhard. Brief, Freiberg, 6. Mai 1875.- Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Palaeontologie, Jahrgang 1875, 517-518

FRENZEL, A. (1875 c): Mineralogisches. 1. Descloizit und Vanadinit. 2. Linarit. 3. Goslarit. 4. Löllingit. 5. Spiauterit. 6. Famatinit. 7. Kupferglanz und Pucherit. 8. Zöblitzit. 9. Quarz. 10. Kalkspath. 11. Magnetit. 12. Nachträge.- Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Palaeontologie, Jahrgang 1875, 671-686

GORDON, S.G. (1925): Mineralogical Notes 1-10.- Proceedings of the Academy of Natural Sciences of Philadelphia 77, 1-13

HESS, H. (1983): The crystal structure of chlorotile, SECu6(AsO4)3(OH)6·3H2O (SE = rare earth metals).- Neues Jahrbuch für Mineralogie, Monatshefte, 385-92

LARSEN, E.S. (1921): The microscopic determination of the nonopaque minerals.- United States Geological Survey. Bulletin 679. Government printing office, Washington, 294 p. (p. 111)

SCHRAUF, A. (1880): Ueber Arsenate von Joachimsthal. 1. Mixit, ein neues Kupferwismuthhydroarsenat. 2. Wapplerit. 3. Pharmakolith.- Zeitschrift für Krystallographie 4, 277-285

WALENTA, K. (1960): Chlorotil und Mixit.- Neues Jahrbuch für Mineralogie, Monatshefte, Jahrgang 1960, 223-236

WALENTA, K. (1970): Mineralien der Chlorotil-Mixitgruppe mit seltenen Erden von Fundorten im Schwarzwald.- Chemie der Erde 29, 36-47



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Eugenglanz = Pearceit


Formel: [Ag9CuS4][(Ag,Cu)6As2S7]

Erster Fundort: Grube Neuer Morgenstern, Freiberg, Erzgebirge, Sachsen
Beschreibung:
BREITHAUPT, A. (1829): Ueber den prismatischen Melanglanz des Hrn. Mohs, und über den hexagonalen Eugen-Glanz, der damit für identisch genommen wurde.- Schweiggers Journal für Chemie und Physik 55, 296-301

Typlokalität: Drumlummon Mine, Marysville, Lewis and Clark Co., Montana, USA
Erstbeschreibung:
PENFIELD, S.L. (1896): On Peraceite, a Sulpharsenite of Silver and on the Crystallization of Polybasite.- American Journal of Science 52 (= 4th Series, Vol. 2), 17-29



         Eugenglanz und Polybasit

1829 veröffentlichte August BREITHAUPT die Beschreibung eines neuen Silberminerals, das er Eugenglanz nannte. Das Mineral ist vorher gemeinsam mit Stephanit als Sprödglaserz, Schwarzerz und anderen Namen bekannt gewesen. Breithaupt benannte das flachtafelige, eisenschwarze Kristalle mit hexagonalem Umriss bildende Mineral nach dem griechischen Wort für edel, ευγενης (eugenís). Zur chemischen Zusammensetzung verwies er auf eine Analyse von Rudolph BRANDES (1818), der ein Sprödglanzerz von der Grube Neuer Morgenstern in Freiberg untersucht hatte. Die Analyse lässt sich, nach Abzug von etwas Pyrit, als Ag14.53Cu1.41As1.05S9.80 berechnen. Damit liegt hier ein Pearceit vor, das Arsen-Analogon von Polybasit.

Parallel dazu beschreibt Heinrich ROSE 1829 den Polybasit als eine neue Spezies. Die Beschreibung deckt sich mit BREITHAUPTs Eugenglanz. Er gibt eine chemische Analyse einer Probe von Guarisamey, Durango, Mexico an, die sich als Ag12.63Cu3.31As1.06Sb0.88S11.26 berechnen lässt. Das Material enthält zwar relativ viel Antimon, ist jedoch Arsen-dominant und damit nach heutiger Definition ebenfalls Pearceit und kein Polybasit. Die erste Analyse eines echten Polybasits im heutigen Sinne stammt von Heinrich ROSE aus dem Jahr 1833 von einem Freiberger Exemplar.


         Pearceit

Pearceit wurde als Arsenanalogon zu Polybasit durch Samuel Lewis PENFIELD 1896 von der Drumlummon Mine, Marysville, Lewis and Clark Co., Montana / USA beschrieben. Er gibt an, dass es sich nicht wirklich um ein neues Mineral handelt, da es als Arsen-reiche Varietät von Polybasit schon früher bekannt war, jedoch nicht als eigenes Mineral benannt wurde, und verweist hier auf ROSE (1829). BREITHAUPTs Beschreibung des Eugenglanzes von 1829 mit einer Arsen-dominanten Analyse wird nicht erwähnt.

PENFIELD hatte zweifellos Recht mit der Trennung in eine Antimon-und eine Arsen-dominante Spezies, jedoch ist seine Begründung für die Definition von Pearceit nicht ganz korrekt, da ihm offenbar entgangen ist, dass alle ersten Analysen von Eugenglanz / Polybasit eine Arsen-Dominanz zeigen. Genau genommen wären also die Grube Neuer Morgenstern, Freiberg, sowie Guarisamey, Durango, Mexico die Typlokalitäten. Durchgesetzt hat sich jedoch die von PENFIELD beschriebene Fundstelle.

Die ausführliche Geschichte ist in dem Kapitel zum Polybasit dargestellt und soll deshalb hier nicht wiederholt werden.


Literatur:
BRANDES, R. (1818): Chemische Untersuchung des Sprödglanzerzes von der Grube Neuer Morgenstern bei Freiberg und des Kupferglanzerzes aus Sibirien.- Schweiggers Journal für Chemie und Physik 22, 344-361

BREITHAUPT, A. (1829): Ueber den prismatischen Melanglanz des Hrn. Mohs, und über den hexagonalen Eugen-Glanz, der damit für identisch genommen wurde.- Schweiggers Journal für Chemie und Physik 55, 296-301

PENFIELD, S.L. (1896): On Peraceite, a Sulpharsenite of Silver and on the Crystallization of Polybasite.- American Journal of Science 52 (= 4th Series, Vol. 2), 17-29

ROSE, H. (1829): Ueber die in der Natur vorkommenden nicht oxydirten Verbindungen des Antimons und des Arseniks.- Annalen der Physik und Chemie 91 (= Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie 15), 573-591

ROSE, H. (1833): Ueber die Zusammensetzung des Polybasits und über das Atomgewicht des Silbers.- Annalen der Physik und Chemie 104 (= Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie 28), 156-160


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Graebeït


Formel: (C15H8ClO6, C15H8ClO5, C14H6ClO6)

Erster Fundort: Heinrichschacht, Grube Gottes Segen, Oelsnitz bei Zwickau, Sachsen
Beschreibung:
TREIBS, A. & STEINMETZ, H. (1933): Über das Vorkommen von Anthrachinon-Farbstoffen im Mineralreich (Graebeït).- Annalen der Chemie 506, 171-195



         Ein Anthrachinonfarbstoff von Oelsnitz

Friedrich Ludwig KOLBECK schreibt 1933, dass er vor einigen Jahren Gesteinsproben durchmusterte, die beim Abteufen des Heinrichschachtes der Gewerkschaft Gottes Segen in Oelsnitz bei Zwickau angetroffen wurden. Dabei fiel ihm ein auf Schieferton sitzender roter Beschlag auf, den er zunächst für Realgar hielt. Beim Betupfen mit Kaliumhydroxid färbte sich das Material jedoch prachtvoll violett. Eine erste Untersuchung ergab, dass es sich um ein organisches Material handelte.
Eine genauere Untersuchung wurde von Alfred TREIBS und Hermann STEINMETZ (1933) vorgenommen. Das rote Material bildet winzige Körnchen von einigen Mikrometern Abmessung. Zu erkennen war eine prismatische Form der Kriställchen und ein Auslöschungswinkel von 10 - 20°. Die Autoren schließen daraus, dass höchstens monokline Symmetrie vorlag. Die Kristalle sind pleochroitisch, parallel zum Prisma schwach rot, senkrecht dazu deutlich rot. Weitere optische Daten ließen sich wegen der Kleinheit der Kristalle nicht gewinnen. Für die chemische Analyse standen lediglich 14 mg Substanz zur Verfügung. Das Material ist in Benzol löslich. Bei den Untersuchungen stellte sich heraus, dass das Material in der Hauptsache aus einer Komponente besteht, die als " Graebeït a " bezeichnet wurde. Die chemische Analyse dieser Substanz soll am besten auf die Formeln C18H14O8 oder C17H14O8 passen. Nach den Untersuchungen gehen die Autoren davon aus, dass es sich um ein alkyliertes Polyhydroxylanthrachinon handelt. Der Schmelzpunkt liegt bei 250°C. In geringen Mengen ist eine als "Graebeït b" bezeichnete Substanz vorhanden, für die keine chemischen Daten vorliegen.
Benannt wurde das Mineral nach Carl James Peter GRAEBE (1841 - 1927), der wesentliche Arbeiten auf dem Gebiet der Anthrachinonderivate leistete und unter anderem mit dem Alizarin erstmals einen organischen Farbstoff synthetisch herstellen konnte.

Polyhydroxylanthrachinone und deren Derivate bilden eine große Gruppe von Verbindungen, unter denen sich zahlreiche Farbstoffe finden, wie z.B. das Alizarin, Purpurin und weitere. Viele dieser Verbindungen finden sich in Organismen, hauptsächlich in Pilzen und Flechten, aber auch in einigen Pflanzen.
Klaus FISCHER (1957) fand bei der chromatografischen Untersuchung von Posidonienschieferextrakten von Schandelah, Niedersachsen, einen roten Farbstoff, der als 1,2,7-Trioxyanthrachinon (Anthrapurpurin), C14H8O5, identifiziert wurde. Hier gibt es jedoch keinen Hinweis, dass das Material in kristalliner Form vorlag.


         Der genaue Fundort des Minerals

Bergdirektor A. LERCHE von der Gewerkschaft "Gottes Segen" beschreibt 1934 exakt die Vorkommen des Minerals. 1922 wurde von der +89 m-Grundstrecke der Haspelberg A29 ins Steigen aufgefahren, um einen Ansatzpunkt für den geplanten Wetterschacht oberhalb der Steinkohlenflöze zu finden. Er wurde bis auf eine Höhe von +117,92 m aufgefahren, die letzten 20 Meter im Rotliegenden. Dann wurde der Heinrichschacht von oben abgeteuft und bei +118 m ein Querschlag zum A29 Berg aufgefahren. An der im Dezember 1825 erreichten Durchschlagstelle hatte sich ein erheblicher Firstenbruch ereignet, in dessen Bruchmassen aus dem Rotliegenden der Reviersteiger Albert LÄMMEL in erheblichen Mengen einen roten Belag auf den Bruchflächen fand. Auch in dem Karbon zum Berg A29 hin trat der Belag auf. Später konnte das Material noch im gleichen geologischen Horizont im A103-Berg und in der 205-Grundstrecke, jedoch jeweils nur in einem Exemplar, gefunden werden. LERCHE fügt noch einen Grundriss von den drei Fundstellen im Grubenfeld der Gewerkschaft "Gottes Segen" bei.


         Der Status von Graebeït

Die geringe, zur Verfügung stehende Materialmenge und der Stand der Analysentechnik um das Jahr 1933 verhinderten eine komplette Beschreibung. Trotzdem kann der Graebeït, verglichen mit einigen anderen Mineralen, noch als verhältnismäßig gut untersucht betrachtet werden. Üblicherweise wird unter Graebeït die Hauptkomponente, als "Graebeït a" bei TREIBS & STEINMETZ (1933) bezeichnet, verstanden.
Bei Hugo STRUNZ (1978) gilt der Graebeït noch als ein Mineral und findet sich als Anhang zu den Kohlenwasserstoffen. Später verschwindet der Graebeït aus den Zusammenstellungen der allgemein akzeptierten Minerale. Eine Diskreditierung in irgendeiner Form ist jedoch nie erfolgt.

Es existieren gegenwärtig noch vier Exemplare mit etwas Graebeit, drei in der Mineralogischen Sammlung der TU Bergakademie Freiberg und eines im Museum für Mineralogie und Geologie, Senckenberg Naturhistorische Sammlungen Dresden. Die Materialmenge ist allerdings sehr gering. Eine Neuuntersuchung (WITZKE & SCHMITT-KOPPLIN, in Vorbereitung) an Material der Probe MiSa 44508 der Freiberger Sammlung ergab, dass ein Gemisch von im Wesentlichen drei Komponenten vorlag, C15H8ClO6, C15H8ClO5 und C14H6ClO6. Das Vorhandensein von Chlor wurde durch eine REM-EDX-Analyse bestätigt. Auch wenn die ursprüngliche Annahme von TREIBS & STEINMETZ (1933) eines einfachen alkylierten Polyhydroxylanthrachinons sich als nicht zutreffend erwies, passt ihre Teilanalyse besser zu den neuen Ergebnissen.
Dass ein Gemisch vorliegt ist ungünstig für eine mögliche Revalidierung des Minerals, schließt sie allerdings auch nicht aus. Kristalle organischer Substanzen können verschiedene, ähnliche Moleküle in der Struktur enthalten, es handelt sich nicht um ein Gemenge verschiedener Phasen. Trotz intensiver Bemühungen mittels Mikrodiffraktometrie gelang es jedoch nicht, ein brauchbares Röntgendiffraktogramm zu erhalten. Um das wenige vorhandene Material zu schonen, wurde für diese Analyse nichts von dem Exemplar entfernt, sondern es wurden die Bereiche mit dem roten Mineral auf der Stufe zerstörungsfrei analysiert. Vermutlich war die Konzentration des Minerals zu gering, um verwertbare Ergebnisse zu erhalten. Sollte es in Zukunft noch gelingen, Röntgen- bzw. Strukturdaten zu erhalten, besteht zumindest eine Chance auf eine Revalidierung des Minerals.



Chemische Analyse von Graebeït (in Masse-%)

     Graebeït a,
  Heinrichschacht,
  Oelsnitz
  TREIBS &
  STEINMETZ (1933)  
  C17H14O8,
  theoretische,
  Zusammensetzung   
  C18H14O8,
  theoretische,
  Zusammensetzung   
  C15H8ClO6,
  theoretische,
  Zusammensetzung   
  C   55,71   58,98   60,35   56,36
  H     3,18     4,04     3,91     2,52
  O     36,98   35,74   30,03
  Cl         11,09
  Summe        100,00 100,00 100,00



Literatur:
FISCHER, K. (1957): Über die organische Substanz des Posidonienschiefers.- Dissertation, Braunschweig, Technische Hochschule, 95 p.

KOLBECK, F.L. (1933): Ueber das Vorkommen von Anthrachinon-Farbstoffen bei der Gewerkschaft bei der Gewerkschaft "Gottes Segen" in Oelsnitz (Erzg.). Teil I.- Jahrbuch für das Berg- und Hüttenwesen in Sachsen 108, A15

LERCHE, A. (1933): Ueber das Vorkommen von Anthrachinon-Farbstoffen bei der Gewerkschaft bei der Gewerkschaft "Gottes Segen" in Oelsnitz (Erzg.). Teil II.- Jahrbuch für das Berg- und Hüttenwesen in Sachsen 108, A15-A18

STRUNZ, H. (1978): Mineralogische Tabellen.- 7. Auflage. Leipzig, Akademische Verlagsgesellschaft Geest & Portig K.-G., 621 p. (p.497)

TREIBS, A. & STEINMETZ, H. (1933): Über das Vorkommen von Anthrachinon-Farbstoffen im Mineralreich (Graebeït).- Annalen der Chemie 506, 171-195




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hypochloritähnliches Mineral, Antimon-Hypochlorit = Chapmanit (gemengt mit Quarz)


Formel: SbFe2(SiO4)2(OH)

Erster Fundort: Grube Neue Hoffnung Gottes, Bräunsdorf bei Freiberg, Erzgebirge, Sachsen
Beschreibung:
KERSTEN, C.M. (1844): Ueber die chemische Zusammensetzung einiger sächsischer Mineralien und Gebirgsarten. 1) Hypochloritähnliches Mineral von Bräunsdorf.- Jahrbuch für den Berg- und Hüttenmann, 59-61 FRENZEL, A. (1871): Mineralogisches. 2. Lithiophorit. 3. Hypochlorit. Nachtrag zu Pucherit.- Journal für Praktische Chemie 4, 353-362

Typlokalität: Keeley Mine, Timiskaming District, Ontario, Canada
Erstbeschreibung:
WALKER, T.L. (1924): Chapmanite, a new hydrous ferrous silica-antimonate from South Lorrain, Ontario.- Contributions to Canadian Mineralogy, University of Toronto, Geology Series 17, 5-8




Grünlicher Chapmanit auf Quarz. Grube Neue Hoffnung Gottes, Bräunsdorf bei Freiberg, Erzgebirge, Sachsen, Deutschland. Bildbreite 1,3 mm. Sammlung und Foto Thomas Witzke.



         Ein Hypochlorit-ähnliches Mineral von Bräunsdorf

Im Jahr 1844 beschreibt Carl Moritz KERSTEN ein neues Mineral von Bräunsdorf bei Freiberg:
"Dieses Mineral von schöner zeisiggrünen Farbe kam vor einem Jahre auf der Grube Neue Hoffnung Gottes vor und zwar im Fürstenbau über 2te Gezeugstrecke auf einem hangenden Trume des Neu Hoffnung Gottes Stehenden, 124 Lachter vom Treibeschachte in Mitternacht. -
Es hat stets die Ausfüllmasse von Quarzdrusen gebildet, und ist theils ganz derb und mit dem Quarze verwachsen angetroffen worden, theils an den quarzigen Drusenwänden in dicken Anhäufungen oder als dünner Schaum."
Nach der chemischen Analyse kommt KERSTEN zu dem Ergebnis:
"Hiernach ist dieses Mineral ein Gemenge von basisch-phosphorsaurem Eisenoxyd und Antimonoxyd mit Kieselerde und wahrscheinlich ein Zersetzungsprodukt anderer Mineralien.
Die zerreiblichen Abänderungen desselben enthalten viel weniger Kieselerde - und größere Mengen von den anderen Substanzen."
Für diese "zerreiblichen Abänderungen" wird leider keine chemische Analyse angegeben. Auf den Unterschied zu dem eigentlichen Hypochlorit geht KERSTEN nicht ein.

Den Hypochlorit hatte Gustav SCHÜLER bereits 1832/1833 nach der Untersuchung verschiedener Grüneisenerden beschrieben, von den Gruben Jung Kalbe, Frisch Glück, Wolfgang Maaßen, Gesellschafter Zug und Adam Heber in Schneeberg, vom Eleonore Stolln zu Johanngeorgenstadt und der Siegfried Fundgrube, die zum Feld der Grube Neue Hoffnung Gottes gehört, in Bräunsdorf bei Freiberg. SCHÜLER hatte neben reichlich Kieselsäure auch Bismut, Eisen und Phosphor gefunden. Dass das Mineral von Bräunsdorf eine andere Zusammensetzung aufweist, ist ihm offenbar entgangen.
Der eigentliche Hypochlorit ist, wie August FRENZEL 1871 feststellte, ein Gemenge von Bismutoferrit und Quarz. In Bräunsdorf gibt es jedoch keine Bismutminerale.

Dass es sich bei dem Bräunsdorfer Material wohl um ein Gemenge handelt, vermutete August BREITHAUPT bereits 1849. In der Beschreibung der Paragenesen von der Grube Neue Hoffnung Gottes führt er auf:
"30. 1) Quarz, 2) ein zeisiggrünes Hornstein ähnliches Mineral, dem Hypochlorit der Kobalt-Nikel-Formazion täuschend ähnlich, enthält neben Kieselsäure, als Hauptbestandtheil, nur sehr wenig phosphorsaures Eisenoxyd und Antimonoxyd. Sind diese Verbindungen vielleicht nur mit Quarz innig gemengt?"


         Weitere Untersuchungen

Eine gründliche Untersuchung des Hypochlorits führte schließlich August FRENZEL (1871) durch. An ausgesucht reinen Stücken von dem Bismutmineral aus Schneeberg konnte er eine chemische Analyse vornehmen. FRENZEL nannte das Mineral, das nun im reinen Zustand vorlag und recht gut charakterisiert werden konnte, Bismutoferrit. Von dem Bräunsdorfer Material konnte er jedoch keine reine Probe erhalten. FRENZEL fand ähnlich hohe Kieselsäuregehalte wie KERSTEN (1844) und schreibt dazu:
"Diese Zusammensetzung lässt noch weit mehr auf ein Gemenge schliessen. Es wurden nun Dünnschliffe angefertigt und an diesen zweifellos ein Gemenge erkannt. In einer grünlichen Grundmasse liegen zahlreiche Nädelchen in verschiedener Gruppirung, stellenweise an das Gestrickte erinnernd, stellenweise in der schon von Fischer beschriebenen Lage; namentlich sind an den Rändern und inmitten dünner Stellen des Präparates die Nädelchen gut erkennbar, die Ränder erscheinen geradezu wie gefranst. Diese Nädelchen sind bei 150facher Vergrösserung deutlich sichtbar, doch ist durchfallendes Sonnenlicht dazu erforderlich. [...]
Auf die Breithaupt'sche Frage kann nun - wie das bereits Fischer gethan - mit Ja geantwortet werden und man könnte auf den Gedanken kommen, es sei im Bräunsdorfer Hypochlorit Berthierit oder Antimonglanz und im Schneeberger Wismuthglanz eingemengt gewesen, die Schwefelverbindungen aber seien in die betreffenden Oxyde umgewandelt worden. Es bleibt jedoch die analoge Zusammensetzung beider Hypochlorite immerhin merkwürdig, sie sind isomorph, wenn man sich so ausdrücken darf; in allen äusseren Kennzeichen findet auch wirklich vollständige Uebereinstimmung statt und die Gemenge sind krystallinisch."
Das Bräunsdorfer Material bezeichnete FRENZEL als Antimon-Hypochlorit, um es von dem Schneeberger Wismut-Hypochlorit abzugrenzen. Der Hinweis auf FISCHER bezieht sich auf dessen Untersuchung von 1869, in der er beim Hypochlorit von Schneeberg in Dünnschliffen kleine Kriställchen in Quarz beobachtet hatte.

Der Antimon-Hypochlorit gerät danach praktisch in Vergessenheit. So führt ihn Edward Salisbury DANA 1904 unter dem Bismutoferrit lediglich mit einer kurzen Bemerkung und mit falschem Fundort auf:
"An 'antimony-hypochlorite' is also said to occur at Schneeberg."



         Der Chapmanit

Thomas Leonard WALKER untersuchte 1924 ein olivgrünes Mineral von der Keeley Mine, South Lorraine, Cobalt, Ontario, Canada. Nach der chemischen Analyse handelt es sich um ein Eisen-Antimon-Mineral. WALKER nahm eine Formel "5 FeO . 5 SiO2 . Sb2O5 . 2 H2O" an. Zwei Brechungsindizes ließen sich annähernd bestimmen, α = 1,85 und β = 1,96. Das Mineral ist wahrscheinlich orthorhombisch. Aus einer verunreinigten Probe wurde eine Dichte von 3,578 g/cm3 zurückgerechnet. Das Mineral wurde nach Edward John CHAPMAN, Professor für Mineralogie und Geologie an der Universität Toronto von 1853 - 1895, benannt. Dass eine Beziehung zum Bismutoferrit oder Antimon-Hypochlorit besteht, wurde nicht bemerkt.

In einer Studie über Bismutoferrit, Chapmanit und Hypochlorit untersuchten Charles MILTON, Joseph M. AXELROD & Blanche INGRAM (1958) zahlreiche Proben aus verschiedenen Museen. Sie fanden sehr ähnliche Röntgenpulverdaten für Bismutoferrit und Chapmanit. Die Autoren gehen deshalb davon aus, dass in den beiden Mineralen nur ein Element gegen ein anderes substituiert wird, ohne dass sich die Röntgendaten signifikant ändern. Der Antimon-Hypochlorit aus Bräunsdorf konnte röntgenografisch als Gemenge aus Chapmanit und Quarz identifiziert werden. FRENZELs Vermutung zu der Beziehung zum Bismutoferrit bzw. Wismut-Hypochlorit konnte damit bestätigt werden. Bei der Analyse des Chapmanits durch WALKER ist die Wertigkeit des Eisens und Antimons falsch bestimmt worden. Die Formel muss also entsprechend geändert und an die von Bismutoferrit angepasst werden.

Bei einer Strukturanalyse von Chapmanit aus Smilkov, Böhmen, Tschechische Republik fanden A.P. ZHUKHLISTOV & B.B. ZVYAGIN (1977) monokline Symmetrie, die Raumgruppe Cm, und die Gitterparameter a = 5,19, b = 8,99, c = 7,70 Å und β = 100°40'. Die Struktur wird aus Kaolinit-artigen Schichten [Fe2Si2O8(OH)]3- mit Fe3+ in den Oktaedern aufgebaut. Das Antimon sitzt in den Zwischenschichten.

Eine Röntgenpulveranalyse des hier auf den Fotos gezeigten Materials von der Grube Neue Hoffnung Gottes in Bräunsdorf zeigte, dass hier auch reiner Chapmanit ohne Beimengung von Quarz vorkommt (WITZKE, nicht publizierte Analyse).





Grünlicher Chapmanit auf Quarz. Grube Neue Hoffnung Gottes, Bräunsdorf bei Freiberg, Erzgebirge, Sachsen, Deutschland. Bildbreite 5 mm. Sammlung und Foto Thomas Witzke.



Chemische Analyse von Antimon-Hypochlorit bzw. Chapmanit (in Masse-%)

     Hypochlorit-
  ähnliches Mineral,
  Bräunsdorf
  KERSTEN (1844)  
  Antimon-
  Hypochlorit,
  Bräunsdorf
  FRENZEL (1871)  
  Chapmanit,
  Keeley Mine,
  Ontario, Canada,
  WALKER (1924)  
  Chapmanit,
  theoretische,
  Zusammensetzung   
  SiO2   88,50   78,0   28,28   27,65
  Al2O3             0,28    
  Sb2O3     3,01     7,3       33,54
  Sb2O5           31,65  
  FeO           33,91    
  Fe2O3     5,01   11,4       36,74
  P2O5     2,03        
  Ni             0,36    
  Co             0,03    
  Cu             0,17    
  Bi             0,20    
  As             1,28    
  H2O     1,00     1,0     3,46     2,07
  Summe        99,55   97,7   99,62 100,00



Literatur:
BREITHAUPT, A. (1849): Die Paragenesis der Mineralien. Mineralogisch, geognostisch und chemisch beleuchtet, mit besonderer Rücksicht auf Bergbau.- Freiberg, Verlag von J.G. Engelhardt, 276 p. (p. 153-154)

DANA, E.S. (1904): The System of Mineralogy of James Dwight Dana 1837-1868. Descriptive Mineralogy.- 6th edition, New York, John Wiley & Sons, London, Chapman & Hall, 1134 p + 73 p Appendix (p. 562)

FRENZEL, A. (1871): Mineralogisches. 2. Lithiophorit. 3. Hypochlorit. Nachtrag zu Pucherit.- Journal für Praktische Chemie 112 (Neue Folge 4), 353-362

KERSTEN, C.M. (1844): Ueber die chemische Zusammensetzung einiger sächsischer Mineralien und Gebirgsarten. 1) Hypochloritähnliches Mineral von Bräunsdorf.- Jahrbuch für den Berg- und Hüttenmann, 59-61

MILTON, C.; AXELROD, J.M. & INGRAM, B. (1958): Bismutoferrite, chapmanite, and "hypochlorite".- American Mineralogist 43, 656-670

SCHÜLER, G. (1832/1833): Ueber die Grüneisenerde von Schneeberg.- Journal der Chemie und Physik 66, 41-51

WALKER, T.L. (1924): Chapmanite, a new hydrous ferrous silicoantimonate, from South Lorrain, Ontario.- Contributions to Canadian Mineralogy, University of Toronto, Geology Series 17, 5-8

ZHUKHLISTOV, A.P. & ZVYAGIN, B.B. (1977): Determination of the crystal structures of chapmanite and bismutoferrite by high-voltage electron diffraction.- Soviet Physics and Crystallography 22, 419-423



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Kupferblende, Erythroconit = Tennantit-(Zn)


Formel: Cu6(Cu4Zn2)As4S13

Erster Fundort: Grube Prophet Jonas, Zug bei Freiberg, Erzgebirge, Sachsen
Beschreibung:
PLATTNER, C.F. (1846): Chemische Analyse der Kupferblende.- Annalen der Physik und Chemie 143 (= Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie 67; 3. Reihe, Band 7), 422-423


Typlokalität: Lengenbach, Binntal, Wallis, Schweiz
Erstbeschreibung:
BIAGIONI et al., 2020



         Die Kupferblende, ein Fahlerz

Die Fahlerze sind auf Grund ihrer zum Teil recht komplexen chemischen Zusammensetzung und ausgeprägter Mischkristallbildungen in früheren Zeiten nur sehr schwierig zu erfassen und voneinander abzugrenzen gewesen. Fahlerze sind den Bergleuten schon sehr lange bekannt gewesen. Eine generelle Unterscheidung von Antimon- und Arsenfahlerz (Tetraedrit und Tennantit) erfolgte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Auf Grund echter oder angenommener chemischer Differenzen neu beschriebene Fahlerz-Arten wurden von anderen Autoren oft nur als Varietäten dieser beiden Spezies betrachtet. Aber auch bis in die jüngste Zeit gab es kein einheitliches System, nach dem Fahlerz-Spezies definiert wurden.

In seiner vollständigen Charakteristik des Mineralsystems von 1823 beschreibt August BREITHAUPT den Tennantit unter dem deutschen Namen Kupferblende:
"Kupfer-Blende.
[Tennantit, W. Phillips. Fahlerz z.Th., W. Kupferfahlerz z.Th., Hausmann]
Farbe, eisenschwarz wenig ins stahlgraue geneigt, Strich, dunkel röthlichbraun.
Primärform: unbekannt. Derb, eingesprengt. Muschlig, uneben.
G. 4,1 bis 4,2."
Vermutlich hat BREITHAUPT den Namen als ein deutsches Synonym für den Tennantit hier eingeführt. Eine ältere Quelle für den Namen ließ sich bisher nicht finden. In der nur drei Jahre vorher erschienenen ersten Version seines Mineralsystems (BREITHAUPT, 1820) fehlt die Bezeichnung Kupferblende noch. BREITHAUPT nennt 1823 als Fundorte für die Kupferblende die Gruben Junge hohe Birke, Kröner und Prophet Jonas im Freiberger Revier. Er zitiert hier auch die chemischen Analysen von Martin Heinrich KLAPROTH (1807) an Material von diesen drei Fundstellen. Die Analysen stimmen bei Eisengehalten von 22,5 bis 27,5 % allerdings kaum mit einem Fahlerz überein. Wahrscheinlich hatte KLAPROTH verunreinigtes Material vorgelegen.


         Die Kupferblende wird ein eigenständiges Mineral

Carl Friedrich PLATTNER (1846) untersuchte eine Kupferblende von der Grube Prophet Jonas bei Freiberg und erklärt sie als verschieden vom Tennantit:
"Man hat neuerlich Breithaupt's Kupferblende für identisch mit dem Tennantit erklärt. Im Aeusseren unterscheidet sich jene aber von diesem durch den rothen Strich und niedrigeres specifisches Gewicht."
PLATTNER findet bei der chemischen Analyse im Gegensatz zu KLAPROTH nur sehr wenig Eisen, aber einen signifikanten Gehalt an Zink. Aus der Analyse lässt sich eine Formel Cu9.28Zn1.95Fe0.57As3.62S12.59 (bezogen auf 16 Kationen) ausrechnen, die recht dicht an der idealen Zusammensetzung des heute als Tennantit-(Zn) bekannten Minerals liegt. PLATTNER stellt fest, dass sich die Kupferblende vom Tennatit dadurch unterscheidet, dass in Ersterer ein Teil des Kupfers durch Zink vertreten wird.

Ernst Friedrich GLOCKER führt 1847 die Kupferblende als eigenständige Spezies in der Gattung "Tetraedrites" unter dem Namen "Tetraedrites erythroconius, Rothstrichiges Fahlerz". Gilbert Joseph ADAM (1869) verkürzte die Bezeichnung zu Erythroconit. Bei August FRENZEL (1874) findet sich das Mineral unter der Bezeichnung Zinkfahlerz.


         Binnit aus dem Binntal, Schweiz

Der Name Binnit war in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts allgemein für graue Sulfosalze aus dem Binntal, Wallis, Schweiz, in Gebrauch. Erst nach und nach wurden hier einzelne Minerale unterschieden.
1845 beschrieb A. DAMOUR unter dem Namen Dufrénoysit ein Mineral mit Rhombendodekaederflächen, für das er explizit kubische Symmetrie angibt. Nach der chemischen Analyse handelt es sich um ein Blei-Arsen-Sulfid. Da es im Binntal kein kubisches Blei-Arsen-Sulfid gibt, sind der beschriebene Kristall und das chemisch analysierte Material offenbar verschiedenen Mineralen zuzuordnen.
Wolfgang SARTORIUS VON WALTERSHAUSEN teilte 1854 mit, dass es sich bei dem Dufrénoysit von DAMOUR nach einer neuen Analyse um ein Kupfer-Arsen-Sulfid handelt. Die Analyse ist allerdings fehlerhaft. Von einem Fahlerz, speziell hinsichtlich des Arsengehaltes, ist sie recht deutlich entfernt.
Ch. HEUSSER (1856) behält den Namen Dufrénoysit für das kubische Kupfer-Arsen-Sulfid nach kristallografischen Untersuchungen bei und verwendet Binnit als Bezeichnung für ein stengeliges Blei-Arsen-Sulfid aus dem Binntal.
Alfred Louis Olivier Legrand DES CLOIZEAUX (1855), der sich auf HEUSSERs Untersuchungen bezieht ohne eine Publikation zu nennen (vielleicht kannte er das Manuskript oder die Daten vorab) vertauscht dagegen beiden Namen, das kubische Kupfer-Arsen-Sulfid wird nun Binnit genannt. Er merkt an, dass es sich vom Tennantit durch den hohen Arsengehalt unterscheidet. Ein Zinkgehalt wurde nicht festgestellt.


         Kupferblende und Binnit werden diskreditiert

In den folgenden Jahrzehnten werden sowohl die Kupferblende (Erythroconit) als auch der Binnit diskreditiert, jedoch ohne dass der unmittelbare Zusammenhang, nämlich der signifikante Zinkgehalt, zwischen beiden hergestellt wird.

James Dwight DANA (1868) erwähnt zwar PLATTNERs Analyse, führt die Kupferblende aber als Synonym von Tennantit. Bei Edward Salisbury DANA (1904) wird auch der Name Erythroconit hier mit einbezogen. Carl HINTZE (1904) unterscheidet lediglich zwei Arten bei den Fahlerzen, den Tetraedrit und den Tennantit.

Der Binnit wird nach eingehenden kristallografischen Untersuchungen, einer neuen chemischen Analyse und einem umfangreichen Vergleich mit Literaturangaben durch G.T. PRIOR & L.J. SPENCER (1899) als identisch mit dem Tennantit beschrieben. Ein Zinkgehalt ist allerdings auch hier nicht festgestellt worden.
Erst 1910 veröffentlicht PRIOR die Analyse von einem "zinciferous Tennantite ('Binnite')" aus dem Binntal. Ob der Zinkgehalt früher nur übersehen wurde oder ob es eine Mischkristallreihe von zinkarmen zu zinkreichen "Binniten" gibt, bleibt unbekannt. Binnit gilt auch nach der Analyse von PRIOR (1910) weiterhin als eine Varietät von Tennantit.


       Die Struktur von Fahlerz

Erst Kristallstrukturanalysen ermöglichten eine Neubetrachtung der Fahlerze. Die Kristallstruktur wurde z.B. durch PAULING & NEUMANN (1934), WUENSCH (1964) und WUENSCH et al. (1966) bestimmt. Danach leitet sich die Struktur von der von Sphalerit ab. Ausgehend von der Sphalerit-Zelle wird der Gitterparameter a verdoppelt, dadurch ergibt sich zunächst ein Zellinhalt von 32 Metall- und 32 Schwefel-Positionen. Von den Schwefel-Positionen sind 1/4 nicht besetzt, außerdem sind noch 2 zusätzliche Schwefelpositionen vorhanden, so dass sich insgesammt ein Zellinhalt von 26 S ergibt. Ein Viertel der Metall-Positionen sind mit Sb, As oder selten Bi besetzt und mit 3 Schwefelpositionen koordiniert. Die anderen Metallatome befinden sich je zur Hälfte in Vierer- und Dreier-Koordination. Erstere Position wird von einwertigem Cu (und seltener Ag) besetzt, letztere von einwertigem Cu, Ag und zweiwertigem Fe, Zn, Cd.
Je nachdem, ob ein Autor die Metallkationen zusammenfasst bzw. die unterschiedlich koordinierten Positionen oder die unterschiedlichen Wertigkeiten als entscheidend ansieht, finden sich dann auch unterschiedliche Formeln für Fahlerze in der Literatur und z.T. unterschiedlich definierte Minerale:
       Me12X4S13.
   Me = Cu, Ag, Hg, Fe, Zn, Cd
   X = Sb, As, Bi, Te
   S = S, Se
 
       Me[4]Me[3]6X4S13.
   Me[4] = Cu, Ag
   Me[3] = Cu, Ag, Fe, Zn, Cd, Hg
   X = Sb, As, Bi, Te
   S = S, Se
       Me+10Me2+2X4S13.
   Me+ = Cu, Ag
   Me2+ = Fe, Zn, Cd
   X = Sb, As, Bi, Te
   S = S, Se

Neubeschreibungen von Mineralen der Fahlerzgruppe wie zum Beispiel der Argentotetrahedrit führten jedoch auf Grund der angewandten unterschiedlichen Systeme bei der Definition zu Problemen mit der Abgrenzung einzelner Minerale. So gab es zum Beispiel sich überschneidende Felder von Freibergit und Argentotetrahedrit bei der chemischen Zusammensetzung, die eine eindeutige Zuordnung nicht mehr möglich machten.
Um diese Probleme zu beseitigen, erfolgte eine Revision der Fahlerz-Gruppe, die von der Commission on New Minerals, Nomenclature and Classification der IMA anerkannt wurde. Grundlage für die Klassifikation sind jetzt sowohl Valenz als auch Koordination der Kationen (BIAGIONI et al., 2020):
       A6(B4C2)D4Y12Z.
   A = Cu+, Ag+, , (Ag6)4+-Cluster
   B = Cu+, Ag+
   C = Zn2+, Fe2+, Hg2+, Cd2+, Mn2+, Cu2+, Cu+, Fe3+
   D = Sb3+, As3+, Bi3+, Te4+
   Y = S2-, Se2-
   Z = S2-, Se2-,

Auf dieser Grundlage wurde der Tennantit in zwei Spezies getrennt: Tennantit-(Fe) und Tennantit-(Zn). Der Begriff Tennantit bezeichnet jetzt die Mischkristallreihe oder wird verwendet, wenn nicht genau bekannt ist, welches Kation bei "C" in der allgemeinen Formel dominiert.
Für den Tennantit-(Zn) wurde auf die erste Beschreibung und Analyse durch PLATTNER (1846) verwiesen, als Typlokalität wurde jedoch Lengenbach, Binntal, Wallis, Schweiz, gewählt, da für Material von hier eine Strukturanalyse durch WUENSCH et al. (1966) vorliegt (BIAGIONI et al., 2020).
Obwohl die Priorität eigentlich bei PLATTNER (1846) liegt, da er als Erster den Zinkgehalt festgestellt und das Mineral als eigenständig aufgestellt hat, ist somit die Grube Prophet Jonas, Zug bei Freiberg, Erzgebirge, Sachsen, nicht die Typlokalität geworden.



Chemische Analysen von Kupferblende, Binnit, Tennantit-(Zn) (in Masse-%)

     Kupferblende,
  Prophet Jonas, 
  Freiberg
  PLATTNER (1846)   
  Dufrénoysit 1),
  Binntal, Schweiz
  SARTORIUS VON
  WALTERSHAUSEN   
  (1854)
  Binnit,
  Binntal, Schweiz
  PRIOR &
  SPENCER (1899)   
  Binnit,
  Binntal, Schweiz   
  PRIOR (1910)
  Tennantit-(Zn),
  theoretische
  Zusammensetzung     
  Cu   41,070   38,366   49,83   42,03   42,86
  Zn     8,894             7,76     8,82
  Fe     2,219         1,11     0,62  
  Ag         1,249     1,87     1,24  
  Pb     0,341     2,794     0,17      
  As   18,875   30,552   19,04   19,80   20,21
  S   28,111   27,039   27,60   28,08   28,11
  Summe        99,510 100,00   99,62   99,53 100,00

1) gemeint ist hier nicht das heute als Dufrénoysit bezeichnete Mineral, sondern das Fahlerz


Literatur:
ADAM, G.J. (1869): Tableau Mineralogique.- Paris, Dunod, 102 p. (p. 59)

BIAGIONI, C.; GEORGE, L.L.; COOK, N.J.; MAKOVICKY, E.; MOËLO, Y.; PASERO, M.; SEJKORA, J.; STANLEY, C.J.; WELCH, M.D. & BOSI, F. (2020): The tetrahedrite group, nomenclature and classification.- American Mineralogist, in press

BREITHAUPT, A. (1820): Kurze Charakteristik des Mineral-Systems.- Freiberg, verlegt durch den Verfasser, 78 p.

BREITHAUPT, A. (1832): Vollständige Charakteristik des Mineral-System's.- Dresden und Leipzig, Arnoldische Buchhandlung, 3. Auflage, 358 p. (p. 131 und 251-252)

DAMOUR, A. (1845): Notice sur le sulfo-arséniure de plomb du mont Saint-Gothard (Nouvelle espèce minérale).- Annales de Chimie et de Physique 14, 379-383

DANA, J.D. (1868): A System of Mineralogy. Descriptive Mineralogy, comprising the most recent discoveries. - London, Trübner & Co., New York, John Wiley & Son, 5th edition, 827 p.

DANA, E.S. (1904): The System of Mineralogy of James Dwight Dana 1837-1868. Descriptive Mineralogy.- 6th edition, New York, John Wiley & Sons, London, Chapman & Hall, 1134 p. + 73 p. Appendix (p. 137)

DES CLOIZEAUX, A.L.O.L. (1855): Sur les formes cristallines de la dufrénoysite.- Annales des Mines 5, 389-398

FRENZEL, A. (1874): Mineralogisches Lexicon für das Königreich Sachsen. Leipzig, Verlag von Wilh. Engelmann, 380 p. (p. 318-319)

GLOCKER, E.F. (1847): Generum et Specierum Mineralium Secundum Ordines Naturales digestorum Synopsis.- Halle, bei Eduard Anton, 347 p. (p. 33)

HEUSSER, C. (1856): Ueber den Dufrénoysit, Binnit und Adular des Binnenthales.- Annalen der Physik und Chemie 173 (= Neue Folge 97 bzw. 4. Reihe, 7. Band), 115-129

HINTZE, C. (1904): Handbuch der Mineralogie. Erster Band. Erste Abtheilung. Elemente und Sulfide.- Leipzig, Verlag von Veit & Comp., 1208 p.

KLAPROTH, M.H. (1807): Chemische Untersuchung des Fahlerzes.- Beiträge zur chemischen Kenntniss der Mineralkörper.- Vierter Band, 398 p. (p. 40-53), Posen und Berlin

PAULING, L. & NEUMANN, E.W. (1934): The crystal structure of binnite.- Zeitschrift für Kristallographie 88, 54-62

PLATTNER, C.F. (1846): Chemische Analyse der Kupferblende.- Annalen der Physik und Chemie 143 (= Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie 67; 3. Reihe, Band 7), 422-423
PRIOR, G.T. (1910): Analyses of Seligmannite, Zinciferous Tennantitc ('Binnite'), and Fuchsite from the Lengenbach Quarry, Binnenthal.- Mineralogical Magazine 15, 385-387

PRIOR, G.T. & SPENCER, L.J. (1899): The Identity of Binnite with Tennantite; and the Chemical Composition of Fahlerz.- Mineralogical Magazine 12, 184-213

SARTORIUS VON WALTERSHAUSEN, W. (1854): In: Sitzung vom 16. November 1854. (Begleitschreiben zur Sendung von seltenen Mineralien). - Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse 14, 290 - 292

WUENSCH, B.J. (1964): The crystal structure of tetrahedrite, Cu12Sb4S13.- Zeitschrift für Kristallographie 119, 437-453

WUENSCH, B.J., TAKEUCHI, Y. & NOWACKI, W. (1966): Refinement of the crystal structure of binnite, Cu12Sb4S13.- Zeitschrift für Kristallographie 123, 1-20




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Polysphärit = Phosphohedyphan


Formel: Ca2Pb3(PO4)3Cl

Erster Fundort: Grube Sonnenwirbel, Freiberg, Erzgebirge, Sachsen
Beschreibung:
BREITHAUPT, A. (1830): Bestimmung neuer Mineral-Specien. I. Dystomer Peganit-Spath oder kürzer Peganit. II. Hedyphan. III. Polysphärit. IV. Diatomer Antimon-Phyllit oder kürzer Antimon-Phyllit. V. Dermatin.- Schweigger-Seidels Journal für Chemie und Physik 60 (= Jahrbuch der Chemie und Physik 30), 308-316

Typlokalität: Capitana Mine, Copiapó, Atacama Province, Chile
Erstbeschreibung:
KAMPF, A.R; STEELE, I.M. & JENKINS, R.A. (2006): Phosphohedyphane, Ca2Pb3(PO4)3Cl, the phosphate analog of hedyphane: Description and crystal structure.- American Mineralogist 91, 1909-1917



         Der Polysphärit

August BREITHAUPT beschreibt 1830 unter dem Namen Polysphärit ein neues Bleimineral:
"Polysphärit.
Bis jetzt hat sich dieses Mineral nicht anders gefunden, als in einzeln aufgewachsenen Kugeln und Tropfen, deren Inneres eine vielfache concentrische Streifung erkennen lässt. Auf diese sowohl äussere als innere Kugelbildung hat der Name Bezug von πολυς, viel, und σφαιρα, die Kugel. Das Mineral ist in die Spath-Ordnung zu rechnen.
Der Polysphärit hat Fettglanz.
Seine Farben sind: die leberbraune, nelkenbraune, gelblichbraune, gelblichgraue und fast isabellgelbe. Diese Farben, an sich noch mehr nüanciert, bilden im Innern viele zarte concentrische Streifungen.
Von Gestalten sind nur die kugeliche und getropfte anzumerken, stets aufsitzend; letztere häuft sich selten zu nierförmigen Partie zusammen. [...]
Die Härte ist = 4 und
Das specifische Gewicht = 5,836 Abänderung von der Grube Sonnenwirbel, in der tiefsten Stollnsohle des Erwünschte Hoffnung stehenden Ganges.
     5,844 eine andere.
     5,892 schon im Jahr 1816 auf Veranlassung des Herrn Bergrath Freiesleben gewogene Abänderung.
Es soll der Polysphärit aus Bleioxyd, wahrscheinlich mit etwas phosphorsaurer Thonerde, bestehen, worüber ein hiesiger Chemiker das Nähere noch angeben wird. Allerdings hat auch das Mineral Aehnlichkeit mit dem Bleigummi, doch findet ganz gewiss keine Identität damit Statt. Herr Gewerken-Probirer Plattner, ein wahrer Meister im Lötrohrblasen, fand im Polysphärit 66,2 Procent metallisches Blei und im Centner 3,1 Loth Silber = 0,088 Procent.
Auf den Polysphärit hat Herr Bergrath, Ritter Freiesleben zuerst aufmerksam gemacht, (m.s. dessen Geognost. Arbeiten Bd. VI. S. 148-150), wenn er auch denselben nur anhangsweise bei dem Braunbleierz erwähnt. [...]
In dem Freiberger Revier ist es von Zeit zu Zeit, doch immer als Seltenheit, getroffen worden auf den Gruben: Gelobt Land sammt Niclas, auf Sonnenwirbel u.s.w. Auch im Johann Georgenstädter Revier auf Gottes Seegen war es vorgekommen."
Johann Carl FREIESLEBEN hatte das Mineral bereits, wie von BREITHAUPT erwähnt, 1817 aufgeführt als
"die sonderbare Erscheinung eines Uebergangs von Braun Bleyerz in Graue Bleyerde [...]
in ziemlich vollkommnen Kugelabschnitten (von der Gröse der Erbsen und kleinen Haselnüsse); auch nierförmig;
in einer gelblichgrauen, rauhen, matten, fast etwas zerfreßnen Oberfläche,
ganz schwach an den Kanten durchscheinend,
halbhart in geringen Grade und wenig spröde".
Das Material stammt aus dem Freiberger Revier, vermutlich von der Grube Gelobt Land samt Niclas. FREIESLEBEN betrachtete das Material jedoch nicht eindeutig als eigenständiges Mineral.

Carl Moritz KERSTEN analysierte 1831 Polysphärit von der Grube Sonnenwirbel bei Freiberg. Er findet in dem Mineral einen deutlichen Gehalt an Calcium und stellt es nach der Zusammensetzung zwischen den Pyromorphit und den Apatit. KERSTEN analysiert hier auch das analoge Arsenatmineral, den ebenfalls von BREITHAUPT 1830 beschriebenen Hedyphan.


         Der Nussiérit

1836 beschreibt und analysiert G. BARRUEL ein von M.J. DANHAUSER in Nussière (Nuzière) bei Beaujeu, Rhône, Frankreich, entdecktes Mineral unter den Namen Nussiérit (man beachte die Differenz bei den diakritischen Zeichen bei Mineralname und Fundort). Nach der Analyse handelt es sich um ein chlorhaltiges Blei-Calcium-Phosphat, allerdings zeigte die Analyse auch noch 7,20 % SiO2 und 2,44 % Eisenoxid, die BARRUEL als Verunreinigungen ansah. Nach Abzug der Verunreinigungen ist die Zusammensetzung sehr ähnlich der von Polysphärit, den BARRUEL jedoch nicht erwähnt. Er hält das Mineral für ein reines Blei-Calcium-Phosphat, da er auch den Chlorgehalt als zu einer Verunreinigung durch Bleichlorid gehörig betrachtet. Somit entgeht ihm auch die Verwandtschaft zum Pyromorphit.


         Eine Varietät von Pyromorphit?

James Dwight DANA führt 1837 in seinem "System of Mineralogy" den Polysphärit als eigenständiges Mineral. In der Ausgabe von 1844 betrachtet DANA den Polysphärit nur noch als Varietät von Pyromorphit. Der chemisch sehr ähnliche Nussiérit wird dagegen als eigenständiges Mineral aufgeführt, ebenso das analoge Arsenat, der Hedyphan. In der folgenden Auflage von 1850 taucht auch der Nussiérit nur noch als Varietät vom Pyromorphit und der Hedyphan vom Mimetesit auf.
Ernst Friedrich GLOCKER führt 1847 unter dem Geschlecht "Pyromorphites" drei verschiedene Spezies auf: "Pyromorphites vulgaris, Gemeiner Phosphorbleispath", "Pyromorphites polysphaericus, Polysphärischer Phosphorbleispat" und "Pyromorphites Nussierensis, Nussierischer Phosphorbleispath".

Polysphärit und Nussiérit geraten in der folgenden Zeit mehr und mehr in Vergessenheit. Bemerkenswerterweise galt dies nicht für das Arsenat-Analogon, den Hedyphan. Auch wenn einige Autoren ihn als Calcium-haltige Varietät von Mimetesit ansahen, wurde er von anderen als eigenständiges Mineral geführt. Über die Formel bestanden einige Unklarheiten, so gaben FOSHAG & GAGE (1925) für Hedyphan (Ca,Pb)5(AsO4)3Cl an, obwohl keine Analyse eine Zusammensetzung mit Ca > Pb aufwies. ROUSE et al. (1984) fanden, dass Hedyphan die Formel Ca2Pb3(AsO4)3Cl aufweist, wobei Ca und Pb verschiedene Gitterpositionen besetzen. Damit handelt es sich nicht um eine Varietät von Mimetesit, sondern um ein eigenständiges Mineral. Die Redefinition wurde von der IMA anerkannt. Typlokalität für den Hedyphan ist Långban in Schweden.


         Die Definition von Phosphohedyphan

Nachdem ROUSE et al. (1984) den Hedyphan als Ca-Pb-Arsenat-Chlorid der Apatitgruppe mit gerordneter Ca-Pb-Verteilung redefiniert hatten, erfolgte rund 30 Jahre später auch eine Neubeschreibung des Phosphat-Analogons. Anthony R. KAMPF, Ian M. STEELE & Robert A. JENKINS veröffentlichten 2006 die Beschreibung von Phosphohedyphan. Das Mineral weist die Formel Ca2Pb3(PO4)3Cl auf, kristallisiert hexagonal, Raumgruppe P63/m, mit a = 9,857 und c = 7,130 Å. Chemisch steht das Mineral zwischen Pyromorphit, Pb5(PO4)3Cl, und Chlorapatit, Ca5(PO4)3Cl. Mit dem Pyromorphit gibt es wahrscheinlich eine lückenlose Mischbarkeit. Die Grenze zwischen beiden Mineralen liegt bei 1 Ca pro Formeleinheit. Zwischen Phosphohedyphan und Chlorapatit besteht wahrscheinlich eine Mischungslücke. Wie beim Hedyphan sitzen auch beim Phosphohedyphan Ca und Pb auf verschiedenen Gitterpositionen. Das neue Mineral wurde von der IMA anerkannt (IMA 2005-026). Typlokalität ist die Capitana Mine, Copiapó, Atacama Province, Chile. Das Mineral ist auch von einer Reihe weiterer Fundorte bekannt. Darunter finden sich auch Nuzière, Rhône, Frankreich und die Grube Sonnenwirbel, Freiberg, Sachsen. KAMPF et al. verweisen hier auch auf die Namen Nussiérit und Polysphärit. Material von dem sächsischen Fundort wurde jedoch nicht für die Redefinition des Minerals verwendet.

Aus der Analyse von KERSTEN (1828) lässt sich für das Material von der Grube Sonnenwirbel bei Freiberg eine Zusammensetzung Ca1.32Pb3.68(PO4)3.11Cl0.64 angeben (bezogen auf die Summe der Kationen = 5). Es liegt damit deutlich im Feld von Phosphohedyphan. Obwohl das Mineral erstmals von der Grube Sonnenwirbel in Freiberg beschrieben wurde, und für die damalige Zeit auch in guter Qualität und recht vollständig, gilt durch die Neubeschreibung mit Anerkennung seitens der IMA die chilenische Fundstelle als Typlokalität.

Neue Analysen von Klaus THALHEIM zeigten, dass es sich bei Material von der Grube Sonnenwirbel tatsächlich um Phosphohedyphan handelt. Als Polysphärit bezeichnete Proben von anderen Fundorten erwiesen sich dagegen als Calcium-haltiger Pyromorphit.



Chemische Analyse vom Polysphärit bzw. Phosphohedyphan (in Masse-%)

     Polysphärit,
  Grube Sonnenwirbel,  
  Freiberg
  KERSTEN (1828)
  Phosphohedyphan,  
  Capitana Mine,
  Copiapó, Chile
  KAMPF (2006)  
  Phosphohedyphan,
  theoretische,
  Zusammensetzung   
  PbO   72,17   67,60 - 69,35   65,61
  CaO     6,47     9,24 - 7,76   10,97
  P2O5   19,36   18,40 - 17,00   20,83
  As2O5         2,73 - 3,68    
  Cl     2,00     3,32 - 3,22     3,47
  -O = Cl   -0,45   -0,75 - -0,73   -0,78
  Summe        99,55 100,54 - 100,28 100,00



Literatur:
BARRUEL, G. (1836): Analyse d'un Phosphate double de Plomb et de Chaux.- Annales de Chimie et de Physique 62, 217-219

BREITHAUPT, A. (1830): Bestimmung neuer Mineral-Specien. I. Dystomer Peganit-Spath oder kürzer Peganit. II. Hedyphan. III. Polysphärit. IV. Diatomer Antimon-Phyllit oder kürzer Antimon-Phyllit. V. Dermatin.- Schweigger-Seidels Journal für Chemie und Physik 60 (= Jahrbuch der Chemie und Physik 30), 308-316

DANA, J.D. (1837): A system of mineralogy: including an extended treatise on crystallography: with an appendix, containing the application of mathemathics to crystallographic investigation, and a mineralogical bibliography.- New Haven, Durrie & Peck, and Herrick & Noyes, 452 p. + 119 p. Appendix (p. 236)

DANA, J.D. (1844): A System of mineralogy, comprising the most recent discoveries.- New York and London, Wiley & Putnam, 2nd edition, 633 p. (p. 278-280)

DANA, J.D. (1850): A System of Mineralogy, comprising the most recent discoveries.- New York and London, published by George P. Putnam, 3rd edition, 711 p. (p. 502-503)

FOSHAG, W.F. & GAGE, R.B. (1925): Hedyphane from Franklin Furnace, New Jersey.- American Mineralogist, 10, 351-35

FREIESLEBEN, J.C. (1817): Beschreibung einiger in meiner Mineraliensammlung befindlichen merkwürdigen sächsischen Fossilien, nebst historischen und geognostischen Bemerkungen über dieselben. 4) Bleygeschlecht. Braunbleyerz.- Geognostische Arbeiten, 6. Band. Beyträge zur Mineralogischen Kenntniß von Sachsen, Zweyte Lieferung. Freyberg, bey Craz und Gerlach, 312 p. (p. 147-150)

GLOCKER, E.F. (1847): Generum et Specierum Mineralium Secundum Ordines Naturales digestorum Synopsis.- Halle, bei Eduard Anton, 347 p. (p. 253-254)

KAMPF, A.R.; STEELE, I.M. & JENKINS, R.A. (2006): Phosphohedyphane, Ca2Pb3(PO4)3Cl, the phosphat analog of hedyphane: Description and crystal structure.- American Mineralogist 91, 1909-1917

KERSTEN, C.M. (1831): Isomorphe Mineralkörper. Ueber die chemische Zusammensetzung der Braunbleierze.- Journal für Chemie und Physik 62 (Dritte Reihe 2), 1-29

ROUSE, R.C.; P.J. DUNN & D.R. PEACOR (1984): Hedyphane from Franklin, New Jersey and Långban, Sweden: cation ordering in an arsenate apatite.- American Mineralagist 69, 920-92


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Weißer Eisensinter = Zýkait


Formel: Fe3+4(AsO4)3(SO4)(OH)·15 H2O, orthorhombisch

Erster Fundort: Alter Tiefer Fürstenstolln, Freiberg, Erzgebirge, Sachsen
Beschreibung:
KERSTEN, C.M. (1828): Chemische Untersuchung des weissen Eisensinters von Freiberg.- Schweigger-Seidels Journal der Chemie und Physik 53 (= Jahrbuch der Chemie und Physik für 1828, Band II), 176-183

Typlokalität: Safary Mine, Kaňk bei Kutná Hora, Tschechische Republik
Erstbeschreibung:
ČECH, F.; JANSA, J. & NOVAK, F. (1978): Zýkaite, Fe3+4(AsO4)3(SO4)(OH)·15 H2O, a new mineral.- Neues Jahrbuch für Mineralogie, Monatshefte, Jahrgang 1978, 134-144




Zýkait in kugeligen Aggregaten. Caspar Stehender, Grube Reiche Zeche, Freiberg, Erzgebirge, Sachsen, Deutschland. Größe der Stufe 37 mm. Sammlung und Foto Thomas Witzke.



         Der Weiße Eisensinter von Alten Tiefen Fürstenstolln

Carl Moritz KERSTEN beschrieb 1828 einen "Weißen Eisensinter" vom Alten Tiefen Fürstenstolln aus Freiberg als neues Mineral:
"Das, den Gegenstand dieser Untersuchung ausmachende, Mineral befand sich unter mehreren, welche mir Herr Bergrath Freiesleben mit dem Wunsche übergab, sie einer chemischen Analyse zu unterwerfen. - Da dieses Mineral vermöge der Art und Weise seines Vorkommens, und, wie einige vorläufige Versuche zeigten, auch vermöge seiner chemischen Constitution in genauem Zusammenhange mit dem braunen Eisenpecherze von Freiberg steht, welches von Herrn Hofrath Stromeyer untersucht wurde, so veranlasste mich dieses, dasselbe einer sorgfältigen quantitativen Analyse zu unterwerfen.
Herr Bergrath Freiesleben hatte die Gewogenheit, mich mit einer, zur quantitativen Untersuchung hinlänglichen, Menge dieses Minerals zu versehen; auch theilte mir derselbe nachstehende mineralogische Beschreibung und Notiz über das Vorkommen dieses interessanten Mineralkörpers mit:
"Das einer thonigen Guhr ähnliche Fossil von lichter, gelblichgrauer Farbe, in nierförmigen und knolligen Stücken, weich, das ans Zerreibliche grenzt, im Bruche groberdig , ziemlich stark an der Zunge hängend, matt und etwas rauh anzufühlen ist, vor etwa 30 Jahren einmal auf dem Alten Tiefen Fürstenstolln, wahrscheinlich auf dem Stollngange, als ein neues guhr- oder sinterartiges Erzeugniss vorgekommen."
Da sowohl der, von Herrn Hofrath Stromeyer analysirte, Eisensinter (braunes Eisenpecherz), als das so eben beschriebene Mineral auf dem Alten Tiefen Fürstenstolln vorgekommen sind, beide Mineralkörper in ihrer chemischen Zusammensetzung eine grosse Uebereinstimmung zeigen, und es wohl keinem Zweifel unterliegt, dass sie unter sehr ähnlichen Umständen entstanden: so dürfte die von Herrn Bergrath Freiesleben ausgesprochene Vermuthung, dass das erwähnte Fossil wahrscheinlich auf dem Stollngange vorgekommen sey, um so mehr an Wahrscheinlichkeit gewinnen.
Ein wesentlicher Unterschied zwischen dem braunen Eisensensinter [Fehler im Original - T.W.] und unserem Mineral ist die Verschiedenheit der Farbe. Aus dieser Ursache erlaube ich mir für letzteres den Namen weisser Eisensinter in Vorschlag zu bringen. Durch diese Benennung dürfte nicht nur die Art und Weise der Entstehung dieses Minerals, sondern auch der Zusammenhang, in welchem es mit dem braunen Eisensinter steht, deutlich ausgesprochen, auch zugleich die chemische Constitution angedeutet werden."
KERSTEN fand bei seiner Analyse nur sehr wenig Schwefel und quantifizierte ihn deshalb nicht. Erhielt das Mineral für ein wasserhaltiges Eisenarsenat, sehr ähnlich dem braunen Eisensinter, der später Pitticit genannt wurde:
"Nimmt man das Wasser in dem weissen Eisensinter als einen wesentlichen Bestandtheil an, wozu dessen constanter Gehalt berechtigt, so kann dasselbe für eine Verbindung von 1 Aequivalent Arseniksäure, 2 Aequivalenten Eisenoxyd und 12 Aequivaleten Wasser angesehen werden. - Diese Vorstellung stimmt wenigstens mit den gefundenen Zahlenwerthen überein.
Der weisse Eisensinter bildete sich wahrscheinlich auf dieselbe Weise, wie Herr Hofrath Stromeyer vermuthet, dass der braune Eisensinter entstand. - Durch Zersetzung von Arsenikkies, welcher auf dem Fundorte der beiden Varietäten des Eisensinters vorkommt, wurde neutrales arseniksaures Eisenoxydul erzeugt, Dieses blieb als solches in der gleichzeitig aus diesem Minerale entstandenen Schwefelsäure aufgelöst. Als sich später das Eisen höher oxydirte, stürzte es als arseniksaures Oxydsalz in Verbindung mit Wasser aus dieser Auflösung nieder."
Ob tatsächlich kaum Schwefel in dem Material vorhanden gewesen ist, oder ob es bei der Analyse nur übersehen wurde, lässt sich heute nicht mehr feststellen. Die Beschreibung des Minerals und das Vorkommen ist jedoch so typisch, dass man davon ausgehen kann, dass KERSTEN hier mit dem "Weißen Eisensinter" ein Zýkait, Fe3+4(AsO4)3(SO4)(OH)·15 H2O, vorlag. Im Freiberger Revier kommt Zýkait typischerweise in weißen bis gelblichgrauen, nierenförmigen und knolligen Aggregaten vor, die zunächst noch weich sind. Auch auf dem genannten Fundort, dem Alten Tiefen Fürstenstolln, tritt das Mineral auf.


         Zýkait

150 Jahre nach der Beschreibung von dem Weißen Eisensinter publizieren ČECH et al. (1978) ein neues Mineral, den Zýkait von der Halde der alten Grube Safary in Kaňk bei Kutna Hora, Tschechische Republik. Es fand sich hier in Knollen bis etwa 3 cm Größe von grauweißer Farbe mit schwach gelblichgrünem oder bräunlichem Stich. Die Knollen werden aus feinen faserigen Kristallen bis 0,02 mm Länge aufgebaut. Begleitminerale sind unter anderem Kaňkit, Skorodit, Pitticit und Gips.
In Sachsen konnte Zýkait auf der Halde der Grube Freundlicher Bergmann in Munzig bei Meißen in bis 3 cm großen, grauweißen Knollen (HYRSL & KADEN, 1992), in der Grube Christbescherung, Großvoigstberg bei Freiberg und im Thelersberger Stolln, Brand-Erbisdorf bei Freiberg (WITZKE & HOCKER 1993) sowie in der Grube Reiche Zeche in Freiberg (WITZKE, 1994) gefunden werden.




Ein großes, weißes Aggregat aus Zýkait. Caspar Stehender, Grube Reiche Zeche, Freiberg, Erzgebirge, Sachsen, Deutschland. Größe der Stufe 6,5 cm. Sammlung und Foto Thomas Witzke.



Chemische Analyse vom weißen Eisensinter, im Vergleich zu Pitticit und Zýkait (in Masse-%)

     Komponenten,
  nach KERSTEN  
  (1828)   
  Weißer Eisensinter,
  Alter Tiefer Fürstenstolln, 
  Freiberg
  (KERSTEN, 1828)   
  Pitticit,
  Freiberg
  STROMEYER
  in GLOCKER (1831)   
  Zýkait,
  theoretische
  Zusammensetzung     
  Fe2O3   Eisenoxyd   40,45   33,096   31,21
  Mn2O3   Manganoxyd         0,641  
  As2O5   Arseniksäure   30,25   26,059   33,69
  SO3   Schwefelsäure     wenig   10,038     7,82
  H2O   Wasser   28,50   29,255   27,28
  Summe          99,20 100,00 100,00





Ein großes, weißes Aggregat aus Zýkait. Tiefer Fürstenstolln, Grube Reiche Zeche, Freiberg, Erzgebirge, Sachsen, Deutschland. Größe der Stufe 4,7 cm. Sammlung und Foto Thomas Witzke.



Literatur:
ČECH, F.; JANSA, J. & NOVAK, F. (1978): Zýkaite, Fe3+4(AsO4)3(SO4)(OH)·15 H2O, a new mineral.- Neues Jahrbuch für Mineralogie, Monatshefte, 1978, 134-144

HYRSL, J. & KADEN, M. (1992): Eine Paragenese von Eisen-Arsenaten von Kank bei Kutna Hora in Böhmen und Munzig bei Meißen in Sachsen.- Aufschluss 43, 95-102

KERSTEN, C.M. (1828): Chemische Untersuchung des weissen Eisensinters von Freiberg.- Schweigger-Seidels Journal der Chemie und Physik 53 (= Jahrbuch der Chemie und Physik für 1828, Band II), 176-183

WITZKE, T. (1994): Neufunde aus Sachsen (II): Nordstrandit vom Bärenstein bei Annaberg in Sachsen sowie weitere sächsische Neufunde von Ferrimolybdit, Kaatialait, Geminit, Reichenbachit und anderen.- Lapis 19, 10, 36-39

WITZKE, T. & HOCKER, M. (1993): Neue Vorkommen von Bukovskyit, Zykait und Kankit.- Lapis 18, 6, 49-50





Ein großes Aggregat aus Zýkait. Wilhelm Stehender, Grube Reiche Zeche, Freiberg, Erzgebirge, Sachsen, Deutschland. Größe der Stufe 22 x 10 cm. Sammlung und Foto Thomas Witzke.


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unbenanntes Ammonium-Eisen-Sulfat = Pyracmonit


Formel: (NH4)3Fe(SO4)3

Erster Fundort: Halde der Grube Königin-Carola Schacht, Freital bei Dresden
Beschreibung:
WITZKE, T. (1990): Sekundärminerale und Haldenbrandminerale des Döhlener Beckens.- Diplomarbeit, Bergakademie Freiberg, Sektion Geowissenschaften

Typlokalität: La Fossa Krater, Vulcano, Aeolische Inseln, Italien
Erstbeschreibung:
DEMARTIN, F.; GRAMACCIOLI, C.M. & CAMPOSTRINI, I. (2010): Pyracmonite, (NH4)3Fe(SO4)3, a new ammonium iron sulfate from La Fossa crater, Vulcano, Aeolian Islands, Italy.- Canadian Mineralogist 48, 307-313




Pyracmonit als Kruste auf Gestein. Grube Königin-Carola-Schacht, Freital bei Dresden, Sachsen, Deutschland. Größe der Stufe 5 cm. Sammlung und Foto Thomas Witzke.



         Ein Mineral von einer brennenden Steinkohlenhalde

Das Mineral wurde im Rahmen einer Diplomarbeit über die mit dem Steinkohlenbergbau in Zusammenhang stehenden Sekundärminerale des Döhlener Beckens von Thomas WITZKE (1990) beschrieben. Es stammt von der brennenden Steinkohlen-Abraumhalde der Grube Königin-Carola-Schacht in Freital:
"Ammonium-Eisen-Sulfat
(NH4)3Fe3+(SO4)3
Bei dieser Verbindung handelt es sich wahrscheinlich um ein neues Mineral. Die Daten reichen gegenwärtig jedoch zur Charakterisierung noch nicht aus.
Eigenschaften: Weiß bis weiß mit leicht grauem Stich. Strichfarbe weiß. Im Durchlicht durchsichtig, optisch aniostrop, mittlerer Brechungsindex n 1.571, Doppelbrechung nicht bestimmbar. Das Mineral ist leicht wasserlöslich und nicht hygroskopisch.
Morphologie: derbe Krusten, unter dem Rasterelektronenmikroskop sind bei starker Vergrößerung korrodierte Kristalle zu sehen [...]
Genese und Paragenese: Es ist nur ein Fund aus einer heißen, trockenen Fumarole bekannt."
Die Röntgenpulverdaten entsprachen synthetischem (NH4)3Fe(SO4)3 oder (NH4)3Al(SO4)3. Einige schwache Reflexe ließen sich nicht zuordnen. Eine qualitative nass-chemische Analyse zeigte reichlich NH4+. Eine Infrarot-Analyse bestätigte den Ammoniumgehalt, in dem Spektrum fanden sich die typischen Absorptionen von SO42- und NH4+, dagegen fehlten Absorptionen von H2O oder OH-. Bei der Thermoanalyse zeigte sich ein Masseverlust von 79,1 %. Die TGA-Kurve weist Ähnlichkeiten mit der von Mascagnit auf. Das Material wurde weiterhin mittels REM-EDX und AAS analysiert. Die dabei gefundene Zusammensetzung entsprach sehr gut (NH4)3(Fe,Al)(SO4)3.


         Haldenbrandbildungen als Minerale ?

Das Ammonium-Eisen-Sulfat wurde nicht weiter charakterisiert, da zu dieser Zeit schon Neubildungen auf brennenden Halden von der IMA nicht mehr als neue Minerale anerkannt wurden. Die formale Entscheidung der IMA Commission on New Minerals and Mineral Names, dass als allgemeine Regel durch Brand entstandene Produkte in Zukunft nicht länger als Minerale anerkannt werden, wurde allerdings erst durch Ernest H. NICKEL & Joel E. GRICE 1998 publiziert. Einer der Gründe für die Entscheidung war, dass die Möglichkeit menschlicher Intervention bei der Entstehung des Brandes nicht ausgeschlossen werden kann. Diese Regelung galt allerdings nicht rückwirkend, und alles, was als Mineral bis dahin von brennenden Halden beschrieben wurde, galt weiterhin als Mineral. Es wurden keine Haldenbrandminerale diskreditiert und es gibt nach wie vor einige anerkannte Minerale, die ausschließlich als Neubildung auf brennenden Halden auftreten.
2019 wurde eine neue Richtlinie der Commission on New Minerals, Nomenclature and Classification (CNMNC) der IMA anerkannt, nach der Phasen, die sich auf brennenden Abraumhalden bilden, wieder als Minerale anerkannt werden, wenn der Mensch das Feuer nicht ausgelöst hat und kein anthropogenes Material auf der Halde deponiert wurde (PARAFINIUK & HATERT, 2020). Für das Mineral von Freital kam diese Entscheidung allerdings zu spät.


         Pyracmonit vom La Fossa Krater

2010 beschrieben DEMARTIN et al. aus einer Fumarole im La Fossa Krater, Vulcano, Äolische Inseln, Italien das (NH4)3Fe(SO4)3 unter dem Namen Pyracmonit. Die Temperatur in der Fumarole betrug etwa 250°C. Das Mineral bildet farblose bis weiße, prismatische Kristalle bis etwa 0,2 mm Länge und wird von Salmiak und Kremersit begleitet. Pyracmonit kristallisiert trigonal, Raumgruppe R3c, a = 15,2171, c = 8,9232 Å bei Z = 6. Die gemessene Dichte liegt bei 2,221 und die berechnete bei 2,228 g/cm3. Es konnte ein mittlerer Brechungsindex von 1,562 bestimmt werden.
Nach dieser Veröffentlichung konnte auch das Vorkommen von Freital unter dem Namen Pyracmonit beschrieben werden (WITZKE, 2012). Auch das als "Triammonium-Eisensulfat" beschriebene Material von der brennenden Halde Anna I in Alsdorf bei Aachen (BLASS & STREHLER, 1993) ist inzwischen als Pyracmonit publiziert (WITZKE et al., 2014).



Chemische Analyse von Pyracmonit (in Masse-%)

     Unbenanntes
  Ammonium-Eisen-Sulfat,  
  Freital,
  WITZKE (1990)  
  Pyracmonit,
  La Fossa Krater,
  Vulcano,
  DEMARTIN et al. (2010)   
  Pyracmonit,
  theoretische,
  Zusammensetzung   
  Fe2O3   18,59 1)   18,70   20,06
  Al2O3     3,63 1)     0,50    
  K2O     0,60 2)     2,77    
  (NH4)2O   18,54 3)   17,85   19,59
  SO3   60,56 3)   60,47   60,35
  Summe      101,91 100,29 100,00

1) aus AAS
2) umgerechnet aus EDX-Daten
3) umgerechnet aus Masseverlust aus Thermoanalyse und EDX-Daten für Schwefel


Literatur:
BLASS, G. & STREHLER, H. (1993): Mineralbildungen in einer durch Selbstentzündung brennenden Bergehalde des Aachener Steinkohlenreviers.- Mineralien-Welt 4 (4), 35-42

DEMARTIN, F.; GRAMACCIOLI, C.M. & CAMPOSTRINI, I. (2010): Pyracmonite, (NH4)3Fe(SO4)3, a new ammonium iron sulfate from La Fossa crater, Vulcano, Aeolian Islands, Italy.- Canadian Mineralogist 48, 307-313

NICKEL, E. H. & GRICE, J. E. (1998): The IMA Commission on New Minerals and Mineral Names: Procedure and guidelines on mineral nomenclature.- Mineralogy and Petrology 64, 237-263, 1998

WITZKE, T. (1990): Sekundärminerale und Haldenbrandminerale des Döhlener Beckens.- Diplomarbeit, Bergakademie Freiberg, Sektion Geowissenschaften, WB Geochemie/Mineralogie, 77 p. + Anhang

WITZKE, T. (2012): Neubestimmungen von Fundstellen in Sachsen: Pyracmonit, Philipsbornit, Mottramit, Mansfieldit, Hydrocerussit und weitere.- Aufschluss 63, 295-300

WITZKE, T., DE WIT, F., KOLITSCH, U. & BLASS, G. (2014): Mineralogy oft he burning coal mine dump Anna I, Alsdorf, Germany.- In: STRACHER, G.B.; PRAKASH, A. & SOKOL, E. (Editors) (2014): Coal and peat fires. A global perspective, Volume 3.- Amsterdam und andere Orte, Elsevier, 203-240






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