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Augit


Formel: (Ca,Mg,Fe)2Si2O6, monoklin

Typlokalitäten: Pöhlberg bei Annaberg, Erzgebirge, Sachsen (und Frankenhausen bei Kassel, Hessen, Deutschland; Vesuv, Napoli, Italien; Auvergne und Vivarais, Frankreich)

Erstbeschreibung:
DÉMESTE, J. (1779): Lettre XX. Des Substances basaltiques. In: Lettres du Docteur Démeste au Docteur Bernard, Sur la Chymie, la Docimasie, la Cristallographie, la Lithologie, la Minéralogie & la Physique en général. Tome Premier.- Paris, Chez Didot, Ruault, Clousier, 611 p. (p. 365-403)
       (als Schorl octaèdre obliquangle tronqué)
EMMERLING, L.A. (1793): Lehrbuch der Mineralogie.- Erster Theil, Giessen, bey Georg Friedrich Heyer, 589 p. (p. 42-43)
       (als Augit, mit Verweis auf Abraham Gottlob WERNER)

Erste Erwähnung:
ROMÉ DE L'ISLE, J.B.L. (1772): Essai de Cristallographie, ou description des figures géométriques, Proprens à differens Corps du Regne Mineral, connus vulgairement sous le nom de Cristaux.- Paris, chez Didot deune; Knapen & Delaguette, 427 p. (p. 265)
       (ohne Namen, als Varietät von Schörl oder Basalt, ohne Fundort)



         Eine Varietät von Schörl

Kaum bekannt ist, dass der Name Augit zum ersten Mal in Zusammenhang mit einer sächsischen Fundstelle genannt wird. Wie bei einigen anderen Mineralen ist es jedoch auch hier sehr schwierig, eine erste echte Beschreibung und damit eine Typlokalität anzugeben, da selbst bei Anwendung der eingangs aufgestellten Kriterien hier durchaus verschiedene, legitime Auslegungen möglich sind.

Einen ersten Hinweis auf das später Augit genannte Mineral findet sich bereits bei Jean-Baptiste Luis ROMÉ DE L'ISLE 1772. Unter den "Cristaux Basaltiques" führt er zwei Spezies auf. Bei der ersten handelt es sich um Basaltsäulen. Aus heutiger Sicht schwer verständlich ist, dass diese als Kristalle und als separate Mineralart betrachtet wurden. ROMÉ DE L'ISLE ist hier jedoch nicht der einzige Autor zur damaligen Zeit. Als zweite Spezies führt er "Le Schorl ou Basalte en petites masses" auf, der vier-, sechs- oder neunseitige Säulen bildet. Als zweite Varietät zu dieser Mineralart nennt er hier:
"Var. 2. Prisme oblong hexaëdre, comprimé, terminé par deux pyramides dièdres opposées, dont les plans sont pentagones (Tabl. Crist. n°. 38, pl. III. fig. 4)."
ROMÉ DE L'ISLE führt für diese Varietät keinen eigenen Namen auf. Nachdem er noch zwei weitere Varietäten erwähnt, von denen eine als eine Hornblende erkennbar ist, merkt er noch an:
"Ces trois variétés de forme se recontrent dans de petits Cristaux noirs & brûlés, qui sont mêlés avec le Lapillo ou les cendres, rejettées par les volcans."
Eine nähere Fundortangabe macht ROMÉ DE L'ISLE nicht. Da er es hier explizit nur als eine Varietät von Schörl oder Basalt aufgeführt und das Mineral nicht benannt hat, ist es problematisch, diese Zeilen als die Erstbeschreibung von Augit zu interpretieren, auch wenn die von ihm angefügte Zeichnung einen typischen Augit-Kristall zeigt.

Ein weiterer Hinweis findet sich bei Johann Jacob FERBER in seinen 1773 von Ignatz Edler von BORN herausgegeben Briefen aus Italien. Im 11. Brief, in dem er sich mit dem Vesuv beschäftigt, beschreibt er schwarze oder schwarzgrüne, sechsseitige Prismen mit "glatt abgestutzter Endigung ohne eine Pyramide an der Spitze", aber auch Kristalle mit einer pyramidalen Spitze. Er bezeichnet die Kristalle als Schörl. Der Brief über den Vesuv stammt vom 17. Februar 1772, ist also unabhängig von der Veröffentlichung von ROMÉ DE L'ISLE.

1778 beschrieb Barthélémy FAUJAS DE SAINT-FOND das Mineral ebenfalls als eine Varietät von Schörl:
"Schorl noir vitreaux, en prisme à huit pans d'intégrale largeur, solitaire & parfait, terminé à chaque extrêmité par une pyramide diedre, dont les plans sont hexagones."
Als Fundorte nennt er den ehemaligen Vulkan Chenavari in Vivarais sowie nicht näher bezeichnete ehemalige Vulkane in der Auvergne in Frankreich und die Laven vom Vesuv.

In dem weitgehend unbekannten Werk von Jean DÉMESTE von 1779 findet sich das Mineral erstmals explizit als Spezies genannt. Unter dem "Schorls ou basaltes en petites masses, cristallisés en rhomboïdes" findet sich eine erste Spezies mit zwei Varietäten, die nach heutigem Verständnis Turmaline und Hornblenden umfassen. Dem heutigen Augit entspricht die zweite Spezies "Esp. II. Schorl octaèdre obliquangle tronqué". In der Charakterisierung des Minerals bezieht er sich auf die Angaben von ROMÉ DE L'ISLE und FAUJAS DE SAINT-FOND. Die Kristallformen werden recht ausführlich beschrieben, es gibt aber keine Kristallzeichnung. Das Mineral kommt recht häufig in vulkanischen Schlacken und Tuffen vor. Als Vorkommen werden wie bei FAUJAS DE SAINT-FOND der Vesuv sowie die Auvergne und Vivarais in Frankreich genannt. Mit einiger Berechtigung kann die Veröffentlichung von DÉMESTE deshalb als die Originalbeschreibung des später Augit genannten Minerals angesehen werden. Dem steht allerdings etwas entgegen, dass diese Publikation weitgehend unbeachtet blieb und bei der Beschreibung des Minerals in den folgenden Jahrzehnten keine Rolle spielte. Sie blieb entweder unbekannt oder wurde als unwichtig angesehen, zumal sie, abgesehen von der Bezeichnung des Minerals als eigene Spezies, inhaltlich nichts substanziell Neues enthält.

ROMÉ DE L'ISLE erwähnt 1783, dass Spezies II von DÉMESTE zu seinem Schörl, Spezies III "Schorl opaque rhomboïdal", Varietät 5 "Schorl noir en prismes hexaèdres", gehört. In den bekannten zeitgenössischen Arbeiten gibt es sonst kein Zitat und keinen Hinweis auf die Veröffentlichung von DÉMESTE und die von ihm verwendete Bezeichnung taucht bei anderen Autoren nicht auf. Erst 125 Jahre später wird DÉMESTE bei DANA (1904) erwähnt.


         Vom Olivin zum Augit

Während die französischen Autoren sich dem Augit über den Schörl annäherten, erfolgte dies bei den deutschen Autoren über den Olivin. Bei der Beschreibung des Olivins merkt Abraham Gottlob WERNER 1790 in einer Fußnote an:
"Der unvollkommen blättriche [das bezieht sich auf die Spaltbarkeit - d.A.] ist meist von etwas dunklerer Farbe, und scheint säulenförmich kristallisirt zu seyn. Letzteres ist aber, weil er immer eingewachsen ist, etwas schwer zu bemerken. Noch ist es nicht ganz ausgemacht, ob dieses auch wirklich Olivine seyn."

In einem anonymen Aufsatz von 1792 über eine geologisch-mineralogische Reise durch Böhmen findet sich dann der nächste Hinweis auf das Mineral. Die Veröffentlichung wird gelegentlich Abraham Gottlob WERNER zugeschrieben, stammt aber höchst wahrscheinlich von Johann Carl FREIESLEBEN. Zwischen Robschütz und Meronitz (heute Hrobčice und Měrunice, südlich von Bilina, Bezirk Teplice),
"Nicht weit hinter Robschütz fanden wir auf dem Wege, unter vielen andern Basaltstücken, auch einige ziemlich große, welche von dem Orte ihres eigentlichen Vorkommens nicht gar zu weit entfernt seyn konnten, und welche ungemein viel Olivin enthalten, und zwar von dreyerley Art; nämlich
1) kristallisirt [...]
2) ebenfalls kristallisirt, aber von folgender Gestalt:
von sehr dunkel olivengrüner Farbe, zwar auch kristallisirt, aber in dickern, meist 6, seltner 4, und ziemlich gleichseitigen Säulen; deren Enden ich, weil sie alle eingewachsen waren, nicht Gelegenheit hatte zu beobachten;
glänzend, das ans starkglänzende gränzt; und
von gerad- und vollkommen blättrichem Bruche; wie es scheint von 3fachem ziemlich rechtwinklichen Durchgange der Blätter;
von regelmäßigen, wahrscheinlich würflichen Bruchstücken.
3) verwitterter [...].
*) diese beyden [gemeint sind die letzten beiden - d.A.], so äußerst seltnen Abänderungen möchten wohl, wie der Herr Inspektor Werner in seiner Abhandlung über den Olivin (S. Bergm. Journ. III Jahrg. 2. Band. S. 56 in der Note) bemerkt, wenigstens eine eigne Art, wo nicht gar eine eigne Gattung ausmachen."
Diese Anmerkung in der Fußnote zu WERNERs Bemerkung ist, wie oben ersichtlich, jedoch nicht korrekt. WERNER hatte dort noch nicht von einer eigenen Art oder Gattung gesprochen, sondern lediglich angemerkt, dass es noch fraglich sei, ob es sich um Olivin handelt. Mit dem "Durchgange der Blätter" in dem Zitat ist die Spaltbarkeit gemeint.

Unter dem Namen Augit findet sich das Mineral erstmals bei Ludwig August EMMERLING 1793:
"Noch muss ich hier eine Steinart einrücken, die Hr. Werner, nach einigen Privatnachrichten, die mir von Freyberg aus mitgetheilt worden sind, zum Olivine rechnet, und mit dem Namen Augit belegt hat. Die äussern Kennzeichen desselben sind folgende:
Man findet ihn von schwärzlichgrüner und grünlichschwarzer Farbe, erstere aber nähert sich dem Dunkellauchgrün, und letztere geht bis ins Bräunlichschwarz über.
Er kommt blos in eingewachsenen rundlichen Stücken und Körnern vor,
ist inwendig glänzend, was sich dem Wenigglänzenden nähert, und
von Glasglanze.
Sein Bruch ist muschlich, selten dass er eine Anlage zum Blättrigen zeigt.
Die Bruchstücke sind unbestimmteckig, stumpfkantig.
Insgemein ist er durchscheinend, zuweilen auch halbdurchsichtig, letztere aber lässt sich, das der Augit nie anders als eingewachsen vorkommt, nicht immer genau bemerken.
Er ist hart, und nicht sonderlich schwer, beides in höherm Grade als der Olivin.
Der Augit wird von Säuren nicht angegriffen, und widersteht auch der Verwitterung. Er kommt unter andern auf dem Pöhlberge bei Annaberg in Chursachsen, bei Frankenhausen ohnweit Kassel, und überhaupt in den meisten hessischen Olivinen eingemengt, worinnen er sich durch seine Farbe sehr auszeichnet, vor."
WERNER selbst hat zum Augit offenbar nichts weiter verfasst. In seinem 1792 erschienenen "Handbuch für die Liebhaber der Mineralogie" fehlt der Augit noch. In WERNERs Mineralsystem von 1817 findet sich der Augit dagegen als eigene Spezies mit vier Varietäten neben anderen Pyroxenen wie "Diopsit" und weiteren, heute nicht mehr als eigenständig geltenden Mineralen.
Das sächsische Material vom Pöhlberg spielt in der Folgezeit bei der Beschreibung des Augits keine Rolle mehr. Das Vorkommen von Augit im Gestein des Pöhlberges wird von Justus ROTH (1887) bestätigt, er gibt an, dass der Basalt porphyrisch duch Augit und Olivin ausgebildet ist, und die feinkörnige Grundmasse unter dem Mikroskop aus Leucit, Augit, wenig Melilit, Nephelin, Magnetit und anderen Mineralen besteht. Nach heutiger Nomenklatur ist das Gestein als Augit-Nephelinit zu bezeichnen.

Für den Namen Augit geben weder EMMERLING noch WERNER eine Erklärung. Er leitet sich offenbar von griechisch αυγή (augi) = Glanz, Lichtstrahl, Morgendämmerung, ab und bezieht sich vermutlich auf die glänzenden Spaltflächen. Der Name Augit wurde für ein Mineral jedoch schon lange vorher verwendet, allerdings mit einer völlig anderen Bedeutung. In dem von Plinius dem Älteren (Gaius Plinius Secundus Maior) um 77 unserer Zeitrechnung verfassten Manuskript Historiae Naturalis Libri XXXVII (hier verwendet: erster Druck von 1469) findet sich Augit unter den Edelsteinen erwähnt als ein Callait (Türkis) oder ihm Ähnliches.


         Pyroxen

Rene-Just HAÜY stellt 1801 die Spezies Pyroxen auf, nach griechisch πυρος (pyros) = Feuer und ξένος (xenos) = Fremdling, als Anspielung auf die Pyroxen-Kristalle als "Fremdlinge" in vulkanischen Gesteinen. Zu dem Pyroxen rechnet er ROMÉ DE L'ISLEs schwarzen Schörl von verschiedenen Vulkanen und WERNERs Augit. HAÜY beschreibt den Pyroxen ausführlich und stellt deutlich die Unterschiede zum Amphibol, zum Turmalin und zum Staurolit dar. Er unterscheidet mehrere Varietäten, die sich aber auf die Ausbildung von Kristallflächen beziehen. Zwei chemische Analysen werden aufgeführt, eine an Material vom Ätna, welches auch der heutigen Definition von Augit entspricht, und eine an Material von Arendal, Norwegen, welches heute als Diopsid zu bezeichnen ist.

In den nächsten Jahren werden zahlreiche weitere Minerale aus dieser Gruppe beschrieben, die von einigen Autoren als eigenständig, von anderen nur als Varietäten betrachtet werden. Carl Cäsar VON LEONHARD (1826) führt nur die Spezies Augit, wobei Pyroxen ein Synonym dafür darstellt. Als Varietäten finden sich dann der Gemeine Augit, Diopsid und Malakolith, weitere Namen wie Mussit, Baikalit, Salit, Fassait, Jeffersonit, Omphazit, Hedenbergit oder Smaragdit werden zum Teil als Synonyme dieser Varietäten gelistet. Als einzige Fundstelle für den Gemeinen Augit in Sachsen nennt VON LEONHARD den Heulenberg bei Schandau.

James Dwight DANA (1850) betrachtet in seinem System of Mineralogy nur den Pyroxen als Spezies und alles Andere, einschließlich dem Augit, als Varietät oder Synonym. Die komplexen Mischkristallreihen machen eine Unterteilung der Minerale nach chemischen Gesichtspunkten in etlichen Fällen sehr schwierig. Vielfach wurden deshalb nur das Vorkommen in bestimmten Gesteinen oder Paragenesen, im Dünnschliff erkennbare optische Daten oder andere Eigenschaften herangezogen. So definiert DANA (1850) den Augit, wenn auch nur als Varietät von Pyroxen:
"Augite includes the black and greenish-black crystals, common in basaltic and volcanic rocks. [...]
."
Auch in der Ausgabe von 1904 durch Edward Salisbury DANA wird der Augit nur als Varietät von Pyroxen geführt.


         Die Definition von Augit

Die mineralogische Definition von Augit ist etwas problematisch. Dies hat zum einen mit komplizierten Mischkristallbeziehungen in der Pyroxen-Gruppe und zum anderen mit der weiten Verbreitung des Begriffs in petrologischen Veröffentlichungen zu tun. Aus diesem Grund wurde bei der Bearbeitung der Nomenklatur der Pyroxen-Gruppe durch das Subcommittee on Pyroxenes der Commission on New Minerals and Mineral Names der IMA (MORIMOTO et al., 1989) ein Kompromiss gewählt. Augit gilt danach weiter als eigene Mineralspezies, obwohl er keine Endglied-Zusammensetzung aufweist. Da es mit Diopsid und Hedenbergit die entsprechenden Endglieder gibt, hätte Augit rein formal keinen Status als eigene Mineralart. Die mit diesem Ansatz verbundenen Namensänderungen wären jedoch sehr weitreichend gewesen, auch wäre ein Ersatz des traditionellen Namens Augit in der petrologischen Literatur kaum durchsetzbar. Augit wurde somit als ein intermediärer Ca-Pyroxen mit der allgemeinen Formel (Ca,Mg,Fe)2Si2O6 in dem Dreieck zwischen den Komponenten "Wollastonit" (Ca2Si2O6), "Enstatit" (Mg2Si2O6) und "Ferrosilit" (Fe2Si2O6) definiert. Die Abgrenzung gegen den ebenfalls aus historischen und petrografischen Gründen beibehaltenen, intermediären Pyroxen Pigeonit erfolgt chemisch und strukturell. Bei einem Gehalt von mehr als 20 % Wollastonit-Komponente liegt Augit vor, darunter Pigeonit. Zwischen beiden gibt es eine Mischkristalllücke. Weiterhin kristallisiert der Pigeonit in der monoklinen Raumgruppe P22/c, der Augit ebenfalls monoklin, aber in C2/c. Zum Diopsid und Hedenbergit wurde die Grenze rein formal auf 45 % Wollastonit-Komponente festgelegt, unterhalb davon liegt Augit vor. Im Gegensatz zu der Reihe Diopsid - Hedenbergit, bei der für die Mineraldefinition die Dominanz von Magnesium oder Eisen ausschlaggebend ist, wird beim Augit hier keine Unterscheidung vorgenommen. Es kann also sowohl Magnesium-reiche als auch Eisen-reiche Augite geben.


         Erstbeschreibung und Typlokalität von Augit

Auf die schwierige Situation, für den Augit eine echte Erstbeschreibung und eine Typlokalität anzugeben, ist Eingangs schon hingewiesen worden. Jean-Baptiste Luis ROMÉ DE L'ISLE hat 1772 eine sehr kurze Beschreibung des Minerals gegeben, jedoch als Varietät von Schörl oder Basalt und ohne ihm einen eigenen Namen zu geben. Auf Grund des Vorkommens in vulkanischen Lapilli und Schlacken und einer Kristallzeichnung lässt es sich zwar dem heutigen Augit gut zuordnen, da das Mineral aber weder benannt noch als eigenständig beschrieben wurde, soll die Veröffentlichung von ROMÉ DE L'ISLE hier als eine erste Erwähnung, aber nicht als Erstbeschreibung geführt werden. Ähnlich ist die Situation bei der Publikation von Barthélémy FAUJAS DE SAINT-FOND von 1778. Es werden erstmals Fundorte genannt, aber es wird auch hier weder als eigenständig noch mit einem Namen beschrieben. Damit liegt hier eine weitere frühe Erwähnung vor. Erstmals als eigenes Mineral findet es sich bei Jean DÉMESTE 1779. Formal erfüllt die Veröffentlichung damit weitestgehend die Kriterien für eine Erstbeschreibung, jedoch blieb die Publikation nahezu unbeachtet und spielte in der weiteren Beschreibung des Minerals keine Rolle. In einer anonymen, höchst wahrscheinlich von Johann Carl FREIESLEBEN stammenden Publikation von 1792 wird das Mineral als Varietät von Olivin und ohne eigenen Namen beschrieben, jedoch vermutet, dass es sich um eine neue Art handeln könnte. Ein Jahr später erscheint EMMERLINGs Beschreibung des Augits. Das Mineral wird als eigene Spezies und unter dem heute gebräuchlichen Namen beschrieben, jedoch ist es nicht die erste Beschreibung.

Hier soll deshalb analog zum Lithiophorit verfahren werden, bei dem es auch eine weitgehend unbeachtete erste Beschreibung unter einem anderen Namen und eine spätere unter dem heute gültigen Namen gab, und beide Arbeiten als Erstbeschreibung und die dort genannten Vorkommen als Typlokalität gewertet wurden. Für den Augit werden somit die Veröffentlichungen von DÉMESTE 1779 und EMMERLING 1793, in denen das Mineral klar als Eigenständig behandelt wird, gemeinsam als Erstbeschreibungen betrachtet. Diese flexible Betrachtungsweise ist der komplizierten Geschichte der Beschreibung des Minerals sicher angemessen.


Literatur:
Anonymus [höchst wahrscheinlich FREIESLEBEN, J.C.] (1792): Geognostische Beobachtungen auf einer Reise durch eine Theil des böhmischen Mittelgebirges.- Bergmännisches Journal 5, 215-266 (speziell p. 242-244)

DANA, E.S. (1904): The System of Mineralogy of James Dwight Dana 1837-1868. Descriptive Mineralogy.- 6th edition, New York, John Wiley & Sons, London, Chapman & Hall, 1134 p. + 73 p. Appendix (p. 352)

DANA, J.D. (1850): A System of Mineralogy, comprising the most recent discoveries.- New York and London, published by George P. Putnam, 3rd edition, 711 p. (p. 266-268)

DÉMESTE, J. (1779): Lettre XX. Des Substances basaltiques. In: Lettres du Docteur Démeste au Docteur Bernard, Sur la Chymie, la Docimasie, la Cristallographie, la Lithologie, la Minéralogie & la Physique en général. Tome Premier.- Paris, Chez Didot, Ruault, Clousier, 611 p. (p. 365-403)

FERBER, J.J. [herausgegeben von BORN, I. Edler von] (1773): Herrn Johann Jakob Ferbers Briefe aus Wälschland über natürliche Merkwürdigkeiten dieses Landes an den Herausgeber derselben Ignatz Edlen von Born.- Prag, bey Wolfgng Gerle, 407 p. (p. 162)

HAÜY, R.-J. (1801): Traité de Minéralogie, Tome Troisième.- Paris, chez Louis, 588 p. (p. 80-93)

EMMERLING, L.A. (1793): Lehrbuch der Mineralogie.- Erster Theil, Giessen, bey Georg Friedrich Heyer, 589 p. (p. 42-43)

FAUJAS DE SAINT-FOND, B. (1778): Recherches sur les volcans éteints du Vivarais et du Velay.- Grenoble, chez Joseph Cuchet; Paris chez Nyon & Née et Masquelier, 460 p. (p. 89)

LEONHARD, C.C. von (1826): Handbuch der Oryktognosie.- Heidelberg, bei J.C.B. Mohr, 2. Auflage, 852 p. (p. 499-508)

MORIMOTO, N. et al. (Subcommittee on pyroxenes) (1989): Nomenclature of pyroxene.- Canadian Mineralogist 27, 143-156

PLINIUS SECUNDUS (1469): Libros Naturalis Historiae.- Venetis, Spira Ioannes [Johannes von Speyer], ohne Seitennummerierung (Liber XXXVII)

ROMÉ DE L'ISLE, J.B.L. (1772): Essai de Cristallographie, ou description des figures géométriques, Proprens à differens Corps du Regne Mineral, connus vulgairement sous le nom de Cristaux.- Paris, chez Didot deune; Knapen & Delaguette, 427 p. (p. 265)

ROMÉ DE L'ISLE, J.B.L. (1783): Cristallographie, ou Description des formes propres à tous les corps du Regne mineral. Vol. 2.- Paris, De l'Imprimerie de Monsieur, 659 p. (p. 385-386)

ROTH, J. (1887): Allgemeine und Chemische Geologie. Zweiter Band. Petrographie. Bildung, Zusammensetzung und Veränderung der Gesteine.- Berlin, Verlag von Wilhelm Hertz, 688 p. (p. 272)

WERNER, A.G. (1790): Aeussere Beschreibung des Olivins, Krisoliths, Berils und Krisoberils, nebst noch einigen über diese Steine, besonders den erstern hinzugefügten Bemerkungen.- Bergmännisches Journal 3, 2. Band, 45-94 (speziell p. 56)

WERNER, A.G. (1792): Oryktognosie oder Handbuch für die Liebhaber der Mineralogie vermittelst welchem die Mineralien aus ihrer äusserlichen Beschaffenheit leicht zu erkennen, von einander zu unterscheiden, und andern kenntlich zu machen sind.- Leipzig, bey Siegfried Lebrecht Crusius, 274 p.

WERNER, A.G. [herausgegeben und ergänzt von A. BREITHAUPT] (1817): Abraham Gottlob Werner's letztes Mineral-System. Aus dessen Nachlasse auf oberbergamtliche Anordnung herausgegeben und mit Erläuterungen versehen.- Freyberg und Wien, bey Craz und Gerlach und bey Carl Gerold, 58 p. (p. 1-2)




© Thomas Witzke

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