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Fluorapatit


Formel: Ca5(PO4)3F, hexagonal

Typlokalitäten: Ehrenfriedersdorf, Erzgebirge, Sachsen (und Laacher See, Eifel, Rheinland-Pfalz; Cabo de Gata, Spanien; Greiner, Zillertal, Tirol, Österreich; Faldigl bei Sterzing, Tirol, Österreich; Gotthard, Schweiz)

Erstbeschreibung:
ROSE, G. (1827): Ueber die chemische Zusammensetzung der Apatite.- Annalen der Physik und Chemie 85 (= Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie 7), 185-215
    (als Fluorapatit)

Erste Erwähnungen:
BOWLES, D.G. (1775): Introduccion a la historia natural y a la geografia física de España.-Madrid, D. Francisco Manuel, 529 p. (p. 56)
    (problematisch, ohne Benennung, nicht als eigenes Mineral behandelt, von Logrosan, Estremadura, Spanien)
BORN, I. Edler von, in: KERN, J.G. [herausgegeben von BORN, I. Edler von] (1776): Vom Schneckensteine oder dem sächsischen Topasfelsen. Zum erstenmal herausgegeben und mit Anmerkungen vermehrt von Ignatz edlen von Born.- Prag, bey Wolfgang Gerle, 49 p. (p. 23-24)
    (als neues Mineral bezeichnet, aber ohne Benennung, von Ehrenfriedersdorf, Sachsen)

Erste Beschreibungen von Apatit:
SAGE, B.G. (1777): Eléméns de minéralogie docimastique. Seconde Édition, Vol. 1.- Paris, Imprimerie Royale, 339 p. (p. 231-232)
    (als "Amethyste basaltine", erste echte Beschreibung von Apatit, von den sächsischen Zinngruben)
GERHARD, C.A. (1786): Grundriß des Mineralsystems zu Vorlesungen.- Berlin, bei Christian Friedrich Himburg, 310 p. (p. 281-282)
    (als "Apatit", von Ehrenfriedersdorf, mit Hinweis auf WERNER)
WERNER, A.G. (1788): Geschichte, Karakteristik, und kurze chemische Untersuchung des Apatits.- Bergmännisches Journal 1, 76-96
    (als "Apatit", von Ehrenfriedersdorf, Sachsen)





Violette Kristalle von Fluorapatit. Sauberg, Ehrenfriedersdorf, Erzgebirge, Sachsen. Bildbreite 37 mm. Sammlung und Foto Thomas Witzke.



          Die komplizierte Situation mit der Erstbeschreibung

Fluorapatit gehört zu den Mineralen, bei denen es recht schwierig ist, eine erste, echte Beschreibung anzugeben. Wenn man es rein formal betrachtet, wird Fluorapatit 1827 durch Gustav ROSE definiert, nach den dort angegebenen Analysen sind dann Ehrenfriedersdorf in Sachsen sowie weitere Fundorte als Typlokalität zu betrachten. Allerdings handelt es sich dabei im Grunde genommen nur um eine Umbenennung eines damals schon seit rund 50 Jahren bekannten Minerals, die neue Nomenklatur wurde erst mit dem Fund Chlor-reicher Apatite notwendig. Die Einbeziehung der älteren Literatur schafft jedoch Probleme, welche Publikation als Originalbeschreibung, und dementsprechend, was als Typlokalität zu betrachten ist. Die Situation ist hier erheblich komplizierter als sie z.B. bei WEISS (2012) dargestellt ist.

Eine öfter genannte, angeblich erste Beschreibung von 1767 beruht auf einer Verwechslung. Die erste echte Mitteilung von 1775 von einem spanischen Vorkommen bezieht sich eher auf das Gestein Phosphorit, das Mineral ist nicht zu erkennen, auch sind die Angaben sehr merkwürdig und passen kaum zum Apatit. In weiteren Schriften aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde das Calciumphosphat häufig mit anderen Mineralen wie Beryll oder Topas verwechselt. Es gibt eine kurze und eine ausführliche Beschreibung von 1776 und 1778, in der das Mineral als neu, aber ohne Namen behandelt wird. Eine Beschreibung von 1777 verwendet einen seltsamen Namen und sehr offenbar wurde ein Fundort verwechselt, ist aber die erste Veröffentlichung, in das Mineral als tatsächlich eigenständig erscheint. Die Beschreibung unter dem Namen Apatit mit dem Fundort Ehrenfriedersdorf erschien erst 1786 bzw. 1788.

Angesichts der komplizierten Situation sollen die Originalquellen hier ausführlich zitiert werden, so dass sich nachvollziehen lässt, was die Autoren tatsächlich geschrieben haben, und was Interpretationen sind.


          Der "piedra fosfórica"

In verschiedenen Quellen wird der spanische Naturforscher und Sammler Pedro Francisco DAVILA als Erstbeschreiber des Apatits genannt. Bereits James Dwight DANA (1868) verweist auf DAVILA. Er soll das Mineral 1767 als "Pierre Phosphorique" in dem Katalog seiner berühmten und außerordentlich umfangreichen Mineralsammlung geführt haben. Dies ist jedoch unzutreffend, hier liegt offenbar eine Verwechselung vor. DAVILA nennt lediglich einen "Gypse phosphorique, ou Pierre de Bologne". Hierbei handelt es sich jedoch um einen nach Erhitzen phosphoreszierenden Baryt.
Die fälschliche Zuschreibung zu DAVILA geht wahrscheinlich auf einen Brief von Joseph Louis PROUST von 1788 zurück, in dem es heißt, dass William BOWLES den "Pierre Phosphorique" von seiner Reise aus Estremadura mitbrachte und DAVILA ihn im Sammlungskabinett des Königs unter den phosphoreszierenden Steinen platzierte. Dies konnte allerdings erst nach 1771 erfolgt sein.

Tatsächlich erschien die betreffende Mitteilung 1775 in der Beschreibung der Naturgeschichte und physischen Geographie Spaniens durch den englischen Naturalisten William BOWLES:
"De allí se va á Logrosan, que está al píe de una cordillera de montañas que corre de Levante á Poniente, y se llama la Sierre de Guadalupe. A la salida de dicho Lugar se ve una beta de piedra fosfórica que atraviesa el camino real obliquamente de Norte á Sur. Esta piedra es blanquecina sin sabor, y si se machaca un poco y pone sobre las ascuas, arde y despide una llama azulada sin olor alguno. El flogisto del carbon es quien manifiesta este llama."
Die Übersetzung:
"Von hier geht man nach Logrosan, das zu Füßen einer Bergkette liegt, die von Levante nach Poniente verläuft und "die Wüste von Guadalupe" genannt wird. Am Ausgang des besagten Ortes sieht man eine Ader aus phosphoreszierendem [kann auch als "phosphorhaltig" übersetzt werden, jedoch wurde der Phosphorgehalt erst 1788 festgestellt - d.A.] Stein, der sich den ganzen Weg von Nord nach Süd hindurch zieht. Dieser Stein ist weißlich und ohne Geschmack und wenn man ihn etwas zerkleinert und über Feuer hält, brennt er und setzt eine blaue Flamme ohne irgendeinen Geruch frei. Das Phlogiston der Kohle ist der Grund dafür."
Sehr merkwürdig an der Beschreibung ist die Brennbarkeit mit blauer Flamme. Ob mit der blauen Flamme die intensive Phosphoreszenz beim Glühen gemeint sein könnte, erscheint fraglich. Generell fällt es schwer, in dieser Beschreibung den Apatit zu erkennen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass das Material als eine separate Mineralspezies angesehen wird. Aus diesem Grund wird die Mitteilung von BOWLES auch nur als eine frühe Erwähnung geführt. Dass hier jedoch tatsächlich im Wesentlichen ein Calciumphosphat vorliegt, zeigte PROUST 1788, der als Hauptbestandteile Kalk und Phosphorsäure fand. Richard KIRWAN bezeichnet das Material 1794 zusammen mit dem Apatit WERNERs als Phosphorit.


          Verwechselungen und erste Hinweise auf ein unbekanntes Mineral

Zunächst scheinbar nichts mit dem Apatit zu tun hat eine Anmerkung von Morten Thrane BRÜNNICH von 1770 in der Übersetzung von CRONSTEDTs Mineralogie unter dem "Topas. Topazius Gemma":
"7) blaulichgrünen Topas. Beryll.
Ist in der Farbe sehr verschieden. Es heißet der
1. Celadonfarbige, Aquamarin.
(Einen solchen auf einer Schneckensteiner Quarzdrusen zwischen gelben Topasen angewachsenen achtseitigen Aquamarin, besitzt der große sächsische Mineraloge Herr Berghauptmann, Pabst von Oheim, in seiner lehrreichen Sammlung. Die Spitzen fehlen auch hier und der Kristall hat einen Riß quer über das Prisma. B.)"
Hierbei handelt es sich in zweifacher Hinsicht um eine Verwechselung. Ignatz Edler von BORN, der 1776 den Bericht von Johann Gottlieb KERN über den Topasfelsen Schneckenstein herausgab und mit Ergänzungen und Korrekturen versah, schreibt zu dieser Stufe:
"Als ich voriges Jahr die Ehre hatte, den würdigen Hrn Berghauptmann Pabst in Freyberg zu sprechen, bat ich ihn, mir diese merkwürdige Druse vorzuzeigen. Er versicherte mich aber mit seiner gewöhnlichen Offenherzigkeit, daß er nie so eine Druse gehabt habe; wohl aber habe er dem Herrn Brünnich eine Quarzdruse, die auf dem Sauberge in Ehrenfriedersdorf gebrochen, gewiesen, in welche unter verschiedenen 3 - 4 Zoll langen und fast gleich laufenden Krystallen ein sehr schön gebildeter Beryll ungefähr 3/4 Zoll lang, und auch so stark im Durchmesser, liegt [...].
Der Hr. Prof. Charpentier in Freyberg hat ebenfalls aus Ehrenfriedersdorf eine Druse mit sich gebracht, die 10 Zoll lang und breit ist, und aus Quarz mit schönen violetblauen kubischen Flüssen besteht, in welcher dergleichen grüne beryllartige Krystallen ohngefähr 12 an der Zahl von verschiedener Größe liegen. Einige haben vollkommen die Farbe des schönen Eibenstocker Berylls, andere die Farbe des Topases. Sie haben aber nicht den gehörigen Grad der Härte, und schlagen nach gemachten Versuchen kein Feuer. Es ist noch nicht bestimmt unter was für ein Geschlecht man diese Steine zählen soll, die noch von keinem Mineralogen beschrieben sind, und wovon wir vielleicht von Hrn Charpentier eine ausführliche Nachricht hoffen dürfen."

Ebenfalls zunächst keinen erkennbaren Zusammenhang mit dem Apatit weist die Beschreibung des Chrysolits bei Jean-Baptiste Luis ROMÉ DE L'ISLE von 1772 auf. Er unterteilt ihn in 3 Varietäten, den Chrysolite d'Orient, Chrysolite du Brésil und Chrysolite de Saxe. Zu letzterem heißt es:
"Cette pierre que Wallerius dit être polygone ou quadrangulaire, ne differe de la Topaze de Saxe, ci-dessus décrite, que par la couleur."
Die Übersetzung:
"Dieser Stein den Wallerius als polygonal oder quadratisch bezeichnete, unterscheidet sich von dem oben beschriebenen Topas aus Sachsen nur in der Farbe."
Etwas ausführlicher beschreibt ROMÉ DE L'ISLE den Chrysolit 1783. Er gibt hier unter anderem prismatische Kristalle mit sechseckigem Querschnitt an, die durch Pyramiden- und weitere Flächen begrenzt werden. Auch einige Winkel zwischen verschiedenen Flächen werden aufgeführt und mit denen am Bergkristall verglichen.

Chrysolit ist eine in der älteren Literatur schwer zu fassende Bezeichnung, hinter der sich verschiedene grünliche bis gelbliche Minerale verbergen, wie bereits Abraham Gottlob WERNER 1790 feststellte. Meist handelt es sich um Topas oder Olivin, es können jedoch auch Beryll, Chrysoberyll, Apatit, Aragonit oder andere Minerale vorliegen. Auch bei ROMÉ DE L'ISLE verbergen sich mehrere Minerale, darunter auch der Apatit, hinter der Beschreibung.

Wiederum als Beryll verkannt wurde das Mineral durch Christian August Siegfried HOFFMANN 1788. Er beschreibt von der Grube Frisch Glück am vorderen Fastenberg bei Johanngeorgenstadt licht berggrüne Kristalle, die vollkommene, gleichwinklige, sechsseitige Säulen bilden und der Länge nach gestreift sind. Sie sind durchscheinend, spröde, hart und weisen einen muscheligen Bruch auf.


          Erste Beschreibungen: der "basaltische Amethyst"

Eine erste, echte Beschreibung, bei der das Mineral als eigenständig behandelt und tatsächlich erkennbar ist, stammt von Balthasar Georges SAGE aus dem Jahr 1777, wenn auch unter einem ungewöhnlichen Namen:
"Amethiste basaltine.
Les cristaux de ce basalte violet sont des prismes à douze pans, tronqués à leurs extrémités & légèrement striés sur leurs pans; ces cristaux sont agréablement groupés & déposés sur un quartz opaque, dont une des faces est parsemée de spath phosphorique cubique & violet, de Schnéberg en Saxe.
Ces cristaux d'amethiste basaltine n'ont souvent que deux à trois lignes d'épaisseur; il y en a d'une couleur très-pâle, qui servent de gangue à des mines d'étain de Saxe. Ils sont presque toujours accompagnés d'une argile blanche, très-fine.
L'améthiste basaltine perd sa couleur au feu; je n'ai pas remarqué qu'elle s'y vitrifiât; cette pierre est plus dure que le quartz coloré en violet que les Joailliers vendent sous le nom d'améthiste."
Die Übersetzung:
"Die Kristalle dieses violetten Basalts stellen Prismen aus 12 Flächen dar, an den Enden abgeschnitten und leicht gestreift auf den Flächen. Die Kristalle sind in Gruppen angeordnet und sitzen auf opakem Quarz, eine Seite ist übersät mit kubischem, violetten, phosphoreszierenden Spat, von Schneeberg in Sachsen.
Die Kristalle des basaltischen Amethysts weisen öfter nur 2 oder 3 Linien Dicke auf, es gibt auch einige von sehr blasser Farbe, die auf Gängen in Zinngruben in Sachsen vorkommen. Sie sind fast immer begleitet von einem weißen, sehr feinen Ton.
Der Basaltamethyst verliert seine Farbe im Feuer, ich habe nicht bemerkt, dass er zu einem Glas wird; der Stein ist härter als der violette Quarz, den die Juweliere unter dem Namen Amethyst verkaufen."
Eindeutig unzutreffend ist die Angabe bei HINTZE (1933), dass SAGE den Apatit mit dem Amethyst verwechselt hat. Es ist klar in einem extra Kapitel als eigenständiges Mineral beschrieben worden, auch wenn der Name "Amethiste basaltine" zunächst irreführend erscheint. Der "Basalt" hat hier nichts mit dem Gestein Basalt im heutigen Sinn zu tun. Vielmehr wurde der Name damals als Synonym von Schörl und generell für säulig ausgebildete Minerale verwendet (z.B. bei BRÜNNICH, 1770; LINNÆUS, 1770). "Amethyst" ist hier nur als ein generischer Name zu verstehen. Die Verwendung solcher Namen ist zu dieser Zeit, besonders in der französischen und gelegentlich auch in der deutschen Literatur, übliche Praxis gewesen. Der Name "Amethiste basaltine" bezeichnet also nicht einen basaltischen Amethyst, sondern ein säulenförmiges, violettes Mineral. Problematisch erscheint jedoch die exakte Fundortangabe. Eine Stufe mit violetten Fluorit- und Apatitkristallen von Schneeberg erscheint sehr unwahrscheinlich und offenbar liegt hier eine Verwechselung vor, zumal SAGE hier "Gänge in Zinngruben in Sachsen" als Vorkommen nennt.

Eine weitere, recht detaillierte Beschreibung, ohne das Mineral jedoch zu benennen, erschien 1778 im Kapitel über Ehrenfriedersdorf von Johann Friedrich Willhelm VON CHARPENTIERs "Mineralogischer Geographie der Chursächsischen Lande":
"Außer diesen muss ich hier eine besondere Art von Steinen ausführlich beschreiben, da sie mir nirgends wieder in unsern Gebürgen vorgekommen ist, und ich sie nirgendswo beschrieben gefunden habe. Man hat sie ehedem in dem Sauberge auf der Leimgrube, dem Lorenz und auch auf der großen Vierung, in den Quarz- und cubischen Flußdrusen angetroffen, und es sind davon nur noch hier und da in den Mineraliensammlungen einige aufbehalten. Es sind zwölfseitige Prismen von 3 bis 6 Linien Länge und auch eben so viel im Durchmesser. Die Seiten wechseln regelmäßig mit einander ab, daß entweder auf eine breite jedesmal eine ganz schmale folgt, oder es sind vier breite Seiten, wo, zwischen zweyen derselben, zwey schmälere unter einem stumpfen Winkel zusammengesetzt sind. In einer dritten Abänderung sind drey Seiten am breitesten, dreye schmäler und sechse ganz schmal. An jede der breiten Seiten stößt eine ganz schmale, und zwischen zweyen von diesem liegt eine von der mittlern Breite; hieraus entsteht die obige Anzahl der Seiten des ganzen Prisma. Die Grundflächen endigen sich in eben so vielseitige abgestumpfte Pyramiden [...]. Die Farbe ist verschieden. Einige sind wie der Topas, andere wie der Chrysolith, Beryll und Amethyst gefärbt, ja es ist sogar, in den durch die Queerschnitte abgetheilten Lagen, eine Verschiedenheit der Farben in einem und eben demselben Krystall zu bemerken. [...] sie haben überdieses einen vortrefflichen Glanz und viel Durchsichtigkeit, nur fehlet ihnen die Härte. Denn diese ist von der Härte des Flusses nur wenig verschieden, so, daß sie sich noch mit dem Messer ritzen und schaben lassen. [...]. Es ist übrigens zu bedauern, daß ihre Seltenheit eine chymische Untersuchung nicht verstatten will."
Ignatz Edler von BORN hatte bereits darauf hingewiesen (1776, bei KERN), dass CHARPENTIER ein ungewöhnliches, bisher nicht bestimmtes Mineral von Ehrenfriedersdorf vorlag.


          Der Apatit

Der Name Apatit findet sich erstmals bei Carl Abraham GERHARD 1786, der hier auf WERNER verweist:
"Von einigen noch nicht genau bestimmten und ganz neu entdeckten Mineralien.
Ich rechne hierzu folgende drei Körper:
1. Den Apatit des Herrn Werners. [...]
Betreffend dem Apatit, so besteht selbiger aus sechsseitigen, regulair abgestumpften Säulen, welche der Länge nach wie der Schörl gestreift sind. An Farbe ist er meergrün, röthlich, milchfarben, wasserklar auch saatgrün mit weißlicher Rinde, und ist hauptsächlich in Speckstein, Stein-Mark, Quarz und Zinnerz bei Ehrenfriedersdorf in Sachsen und zu Kuttenberg in Böhmen zeithero gefunden worden. Auf dem Bruch ist derselbige blättrig und glänzend."
Nach einem Versuch im Schmelzfeuer im Kohlentiegel kommt GERHARD zu dem Ergebnis, dass der Apatit nicht zu den Schörl-Arten gehört.

Die eigentliche Beschreibung des Minerals durch Abraham Gottlob WERNER erschien erst 1788:
"Als ich im Jahre 1775 das hiesige akademische Mineralienkabinet zur Aufsicht erhielte, fand ich unter den Flusspäten zwey Stuffen mit kleinen niedrigen sechsseitich säulenförmichen an den Seitenkanten abgestumpften Kristallen, wovon die einen lichte berggrün, die andern hingegen von einer lichten lauchgrünen sich schon ziemlich dem Olivengrün nähernden Farbe waren. Bey beyden saßen diese Kristallen auf Drusen von säulenförmig kristallisirten Quarze auf, und die letztern befanden sich überdies in und auf einem Gemenge von schwarzer Blende, Flusspat und Grünerde. Beyde Arten dieser Kristalle waren halbhart, doch noch etwas minder als der Flusspat. Sie waren von meinem Vorgänger dem verstorbenen Bergmeister Lommer auf den dabey liegenden Zetteln, die erstere als Aquamarinflus, und die andere als Krisolithflus angegeben, und Ehrenfriedersdorf bey beyden als ihr Geburtsort bemerkt. [...]
In dem nur eben bemerkten Jahre [1780 - d.A.] war ich endlich bey einer in unser Obergebirge angestellten Reise, auf der ich Ehrenfriedersdorf mit besuchte, so glücklich, einige weniger dieser Kristalle zu finden, die ich sogleich zu einigen damit anzustellenden chemischen Prüfungen bestimmte: Sobald als ich nach Hause kam, stellte ich mit dieser kleinen Quantität die weiter unten zu beschreibenden Versuche an, und fand, daß Kalkerde ihr Hauptbestandtheil war. Auch ließen mich, theils diese Versuche, theils ander Umstände, vermuthen: daß in diesem Foßile die Kalkerde mit Phosphorsäure verbunden sey. Ich wies hierauf diesem Foßile, als einer eigenen Gattung, sogleich eine Stelle in dem Kalkgeschlechte an; und ertheilte ihm, - weil es bisher alle Mineralogen in seiner Bestimmung irre geführt hatte, - den Namen Apatit, den ich von dem griechischen Worte απατάω (decipio) bildete, und welcher soviel als Trügling sagt. [...]
Man findet den Apatit am gewöhnlichsten berggrün, selten lichte lauchgrün das ins Olivengrüne übergeht, noch seltener lichte weingelb und nelkenbraun, zuweilen aber von einer Mittelfarbe zwischen fleisch- und rosenroth, bisweilen auch violblau, und oft weiß. Nicht selten kommen auch zwey dieser Farben zugleich in einem Stücke vor. Die eben erwähnten Farben dieses Steins finden sich aber immer nur von untern Graden der Höhe, blos blas und lichte.
Noch habe ich ihn nie anders als kristallisirt, und dies zwar immer in niedrigen gleichwinklichen sechsseitigen Säulen gefunden, die Sowohl an den Seiten- als Endkanten und Ecken mehr oder weniger stark abgestumpft sind. [...] Bisweilen sind auch die Säulen so niedrig, daß sie das völlige Ansehn sechsseitiger Tafeln haben. [...]
Die Säulen sind an den Seitenflächen und Abstumpfungen der Seitenkanten schwach, die Länge gestreift, an den übrigen Flächen glatt.
Aeusserlich sind sie insgemein glänzend, oft auch starkglänzend,
innerlich hingegen immer glänzend, das im Queerbruche sich dem Starkglänzenden nähert; und
überhaupt von einer Art Fettglanz. [...]
Er wird am gewöhnlichsten halbdurchsichtig gefunden, welches sich aber zuweilen bis ins Durchsichtige, und zuweilen auch bis ins Durchscheinende verläuft;
Ist halbhart, jedoch ein klein wenig geringer als der Flus;
spröde;
fühlt sich etwas kalt an, und
ist nicht sonderlich schwer, das dem schweren sehr nahe kommt. [...]
Es fand sich dadurch: daß sich der sächsische Apatit zur Schwere des Wassers verhält = 3,218 : 1,000 [...].
Der Apatit schmelzt nicht vor dem Lötrohre, er verliert aber etwas an seiner Farbe und Durchsichtigkeit durch diesen Versuch. Auf glühende Kohlen gestreut phosphoreszirt er stark, mit einem grünlichen Lichte, welches aber bey fortgesetzter starken Erwärmung verschwindet."
WERNER sieht sich bestärkt in seiner Vermutung, dass der Apatit "Phosphorsäure" enthält, durch den Vergleich mit dem "Grünbleierz" (Pyromorphit), in welchem der Phosphorgehalt schon nachgewiesen war, und welches die gleiche Phosphoreszenz auf glühender Kohle sowie ähnliche Kristallformen aufweist. WERNER schreibt weiter, dass das von BORN erwähnte Exemplar aus der Sammlung von PABST VON OHAIN sowie das von CHARPENTIER beschriebene Material mit dem Apatit identisch ist.
In WERNERs Mineralsystem wurde der Apatit in dem Geschlecht "Phosphorsaure Kalkgattungen" eingeordnet (WERNER & HOFFMANN, 1789).






Grünlicher, kurzprismatischer Kristall von Fluorapatit. Sauberg, Ehrenfriedersdorf, Erzgebirge, Sachsen. Größe des Kristalls 18 mm. Sammlung und Foto Thomas Witzke.




          Chemische Analysen

Die Vermutung von WERNER, dass der Apatit "Phosphorsäure" enthält, konnte durch Martin Heinrich KLAPROTH (1788) bestätigt werden. Er erhielt aus 100 Gran sächsischem Apatit 45 Gran Phosphorsäure. Nach der qualitativen Analyse bemerkte er, "der Apatit ist also das im Mineralreiche mir vorgekommene erste wahre Beyspiel einer phosphorsauren Kalkerde". Er stellte auch die Ähnlichkeit zu gebrannten Knochen fest.

Der Gehalt an Fluor und Chlor in Apatit wurde erstmals 1790 durch Bertrand PELLETIER & Louis DONADEI im "Phosphate calcaire" aus Estremadura, Spanien festgestellt. Der genaue Fundort wird nicht genannt, es dürfte sich jedoch um Logrosan handeln, da auf die Veröffentlichung von PROUST (1788) Bezug genommen wird.

Louis Nicolas VAUQUELIN (1797/1798) findet bei der Analyse von einem Chrysolit aus Spanien, dass es sich um "phosphate de chaux cristallisé" handelt. Die Zusammensetzung entspricht den von KLAPROTH 1788 gefundenen Werten, ein Fluor- oder Chlorgehalt entgeht VAUQUELIN. Ebenso ergeht es KLAPROTH (1807) bei der Analyse von einem Apatit vom Greiner, Zillertal, Österreich. Apatit wurde allgemein als reines Calciumphosphat betrachtet.
Erst Gustav ROSE stellt 1827 fest, dass Fluor bzw. Chlor essentielle Bestandteile von Apatit sind, vergleichbar mit dem Pyromorphit. Die von ihm gefundene Zusammensetzung liegt dicht an den theoretischen Werten. Für Apatit von Ehrenfriedersdorf gibt er aber nur an, dass der Chlorgehalt unter 0,02 % liegt.

In der Folgezeit erscheinen zahlreiche Analysen von Apatiten von verschiedenen Fundorten weltweit, nicht jedoch von Ehrenfriedersdorf. Trotz der Bekanntheit des Minerals von diesem Fundort findet sich lediglich eine von HINTZE (1933) zitierte quantitative Analyse von J.L. HOSKYNS-ABRAHALL aus dem Jahr 1889.



          Der Agustit, ein vermeintlich neues Mineral mit einer vermeintlich neuen Erde

Bei der Analyse eines "sächsischen Berylls" von der Grube Frisch Glück bei Johanngeorgenstadt glaubte Johann Bartholomäus TROMMSDORFF (1800) eine neue Erde gefunden zu haben. Nach der Analyse gibt er als Zusammensetzung der säuligen Kristalle 15,0 Kieselerde, 4,5 Thonerde, 78,0 der besondern Erde und 2,5 Verlust an. TROMMSDORFF nimmt an, dass die Kieselerde und Alaunerde kein Bestandteil des Minerals sind, sondern aus der Matrix stammen können. Für die neue Erde wählt er den Namen Agusterde, von griechisch άγενσος, da ihre Salze wenig oder keinen Geschmack besitzen. TROMMSDORFF merkt noch an, dass das Mineral auch einen neuen Namen erhalten muss und nicht mehr Beryll heißen darf, jedoch benennt er es nicht.

Unmittelbar im Anschluss an den Artikel von TROMMSDORFF gibt F.J. BERNHARDI (1800) eine mineralogische Charakterisierung des Materials. Danach bildet es licht berggrüne, sich oft mehr oder weniger ins himmelblaue ziehende Kristalle, die gleichwinklige, vollkommenen, sechsseitige Säulen bilden und der Länge nach gestreift sind. Das Mineral weist einen kleinmuscheligen Bruch auf, ist halbhart, spröde und nicht sonderlich schwer. BERNHARDI verweist darauf, dass es sich um das durch HOFFMANN 1788 als sächsischer Beryll beschriebene Material handelt, sich aber von echtem Beryll stark unterscheidet. Weiter schreibt er:
"Da Herr Professor Trommsdorff die darin gefundene neue Erde, von ihrer Eigenschaft mit mehrern Säuren beynahe unschmackhafte Verbindungen zu geben, Agusterde nennt, so kommt dem Fossil, in welchem sie zuerst gefunden worden, und das größtentheils aus ihr besteht, wohl mit Recht der Name Agustit zu, und muß nunmehr nicht nur als eigne Gattung, sondern wenn man die Mineralien nach dem Verhältnisse ihrer Bestandtheile ordnen will, auch unter einem eignen Geschlecht (Agustgeschlecht) im Mineralsystem aufgeführt werden."
Bei einer weiteren Analyse von sorgfältig ausgesuchtem Agustit fand TROMMSDORFF (1801) 1,0 Wasser, 1,0 Kieselerde, 1,5 Eisenoxyd und 95,0 Agusterde, wobei er Kieselerde und Eisenoxyd als Verunreinigung ansah.

In einem im Oktober 1803 gehaltenen Vortrag teilt Dietrich Ludwig Gustav KARSTEN mit, dass Louis Nicolas VAUQUELIN ihn gebeten hat, ihm etwas von dem Agustit zukommen zu lassen, um die Agusterde weiter untersuchen zu können. KARSTEN kam dieser Bitte nach und sandte auch Material an René-Just HAÜY für kristallografische Untersuchungen. HAÜY antwortete im September 1803, dass VAUQUELIN nichts anderes als phosphorsauren Kalk angetroffen hat und seine eigenen Untersuchungen eine völlige Übereinstimmung mit dem Apatit ergeben haben, sowohl die Agusterde als auch der Agustit sind deshalb zu streichen. KARSTEN führte deshalb an dem ihm verbliebenen Material eigene Untersuchungen durch und bat auch Martin Heinrich KLAPROTH um weitere Analysen. Dabei bestätigten sich die Angaben aus dem Schreiben von HAÜY.
Auch TROMMSDORFF (1804) findet bei einer erneuten Analyse, dass seine Agusterde nichts weiter als phosphorsaurer Kalk ist, er zieht seine Entdeckung zurück und merkt an:
"Der so genannte Agustit kommt nun in das Apatitgeschlecht, und verdient den Namen Apatit (Trügling) mit Recht, da er Mineralogen und Chemiker getäuscht hat."


          Phosphorit und Spargelstein

Die erste Bezeichnung als "Amethiste basaltine" durch SAGE (1777) und die Benennung durch WERNER als Apatit 1788 wurden bereits behandelt. 1794 führt Richard KIRWAN die Bezeichnung Phosphorit ein für den "Apatite of Werner" und das in ausgedehnten Lagen ganze Berge formende Material aus Spanien. Ein genauer Fundort für letzteres wird nicht genannt, da hier auf die Veröffentlichung von PROUST verwiesen wird, handelt es sich offenbar um das Vorkommen bei Logrosan, Estremadura. Die Bezeichnung Phosphorit wird heute nicht mehr für das Mineral verwendet, sondern für ein hauptsächlich aus Apatit bestehendes Gestein.

Unter den von ROMÉ DE L'ISLE als Chrysolith beschriebenen Kristallen fand WERNER (1790) spargelgrüne Kristalle aus der Gegend von Caprera bei Cap Gates in Spanien, bei denen es sich nach einigen chemischen Tests nicht um ein Silikat und damit auch nicht um Chrysolit handeln konnte. WERNER vermutete, dass es sich um "Kalkkristalle" handeln könnte, nahm aber zusätzlich noch einen Gehalt an Phosphorsäure an. Er stellte dieses Mineral deshalb zwischen den Kalkspat bzw. Aragonit und den Apatit. Später nannte WERNER das Mineral nach seiner Farbe Spargelstein. Unter diesem Namen findet es sich bei Ludwig August EMMERLING 1797 ausführlicher beschrieben und in das Mineralystem WERNERs, wie von ihm selbst vorgeschlagen, unter die Kalkgattungen zwischen Aragonit und Apatit eingeordnet.
Ebenfalls noch 1797 zeigte Louis Nicolas VAUQUELIN jedoch, dass es sich bei dem spanischen Chrysolith um ein "phosphate de chaux cristallisé" handelt, der völlig mit dem Apatit WERNERs übereinstimmt.
Der Begriff Spargelstein hielt sich jedoch noch längere Zeit in der deutschsprachigen Literatur als Bezeichnung für gelbe bis grünliche Apatite. Johann Carl FREIESLEBEN beschrieb unter dieser Bezeichnung noch als separates Mineral, spargelgrüne, in Gneis eingewachsene Kristalle, die sich um 1790 in der Nähe der Grube Elias bei Halsbrücke nahe Freiberg fanden, sowie Kristalle aus dem Glimmerschiefer im Flöhatal zwischen Bockau und Blumenau im Erzgebirge.






Violette Kristalle von Fluorapatit. Ehrenfriedersdorf, Erzgebirge, Sachsen. Größe der Stufe 5,5 cm. Sammlung und Foto Thomas Witzke.




          Die Erstbeschreibung von Fluorapatit und Chlorapatit

Gustav ROSE schreibt 1827, dass nach den Analysen von KLAPROTH und VAUQUELIN der Apatit als phosphorsaurer Kalk angesehen wurde. Nachdem WÖHLER im Pyromorphit und Mimetesit Chlor als essentiellen Bestandteil und ROSE von einer Isomorphie dieser Minerale mit Apatit ausging, vermutete er in letzterem ebenfalls einen deutlichen Chlorgehalt. Bei der Analyse von Apatiten verschiedener Fundorte fand er in einigen merkliche Gehalte, in anderen lediglich Spuren. Je weniger Chlor vorhanden war, um so größer war das Vermögen, mit Schwefelsäure übergossen und erwärmt, Glas zu ätzen. Sie enthielten also Fluor. ROSE hielt es deshalb für wahrscheinlich, dass sich Chlor und Fluor in den Apatiten gegenseitig ersetzen:
"Die Apatite sind nun entweder Verbindungen von 1 Atom Chlorcalcium mit 3 Atomen basisch phosphorsaurem Kalk, oder von 1 Atom Fluorcalcium mit ebensoviel phosphorsaurem Kalk, oder Gemenge von beiden [...]. Nennen wir die erstern Chlorapatite, die letztern Fluorapatite, so besteht, wenn man die Berzeliusschen Atomgewichte zum Grunde legt, [...] ein Fluorapatit aus
Fluorcalcium  7,69
bas. phosphors. Kalk    92,31
oder aus
Flusssäure
 
  2,10
Phosphorsäure42,02
Kalkerde55,88."
Mit "Gemenge" sind keine mechanischen Gemenge gemeint, sondern das, was heute als Mischkristalle bezeichnet wird. Zu beachten ist weiterhin, dass mit den Säuren die Anhydride gemeint sind. ROSE gibt sogar, ganz modern, für analysierte Apatite die Anteile der Komponenten Chlorapatit und Fluorapatit an. Er untersuchte Apatite von Snarum, Norwegen; Arendal, Norwegen; Cabo de Gata, Spanien; Greiner, Zillertal, Tirol, Österreich; Faldigl bei Sterzing, Tirol, Österreich; Gotthard, Schweiz; Ehrenfriedersdorf, Sachsen und vom Laacher See, Eifel. Der Apatit von Snarum erwies sich als Chlor-reich. Die anderen Proben enthielten nur Spuren oder sehr wenig Chlor und deutlich mehr Fluor. Für den Apatit von Ehrenfriedersdorf wird keine komplette quantitative Analyse angegeben, nur dass der Gehalt an "Salzsäure" unter 0,02 % betrug. Damit hat er nahezu Endglied-Zusammensetzung von Fluorapatit.
Die Veröffentlichung von Gustav ROSE von 1827 kann formal als die echte Erstbeschreibung von Fluorapatit angesehen werden.

Carl Friedrich RAMMELSBERG zitiert 1841 die Bezeichnungen Chlorapatit und Fluorapatit von ROSE (1827) und greift 1860 die Definitionen erneut auf und schreibt:
"Wir haben es hier mit zwei isomorphen Grundverbindungen zu thun, deren jede aus 1 At. Chlor- oder Fluorcalcium und 3 At. drittelphosphorsaurem Kalk besteht:
A. Chlorapatit =
B. Fluorapatit = ."
Unzutreffenderweise wird RAMMELSBERG für gewöhnlich als derjenige genannt, der die Bezeichnungen Fluorapatit und Chlorapatit eingeführt hat. 1856 beschrieb A.A. DAMOUR den "Hydro-Apatit", heute als Hydroxylapatit bekannt, von Saint-Girons, Ariége, Frankreich, als neue Spezies.


          Neue Namen und Nomenklaturänderungen

Ab etwa Mitte des 19. Jahrhunderts sind in der Literatur zwei Tendenzen zu erkennen: zum einen werden ständig neue Minerale der Apatit-Gruppe (im engeren Sinn, also Fluor-, Chlor- und Hydroxylapatit im heutigen Verständnis) beschrieben, die sich von den bisherigen zum Teil nur durch minimale Details unterschieden, andere Autoren lassen dagegen nur Apatit als Spezies gelten und betrachten alles andere als Varietäten.
Zu diesen zahlreichen Namen, die hier nicht einzeln behandelt werden sollen, gehörten Eupyrchroit, Manganapatit, Talkapatit, Carbonatapatit, Francolit, Dahllit, Staffelit, Podolit, Kollophan, Fluocollophanit, Quercyit oder Dehnit (LACROIX, 1910; SCHALLER, 1912; HINTZE, 1933; DUNN, 1978). Zum großen Teil bezeichnen diese Namen nach heutigem Verständnis lediglich mehr oder weniger reine Varianten des Gesteins Phosphorit bzw. etwas Carbonat-haltige Apatite aus diesem Gestein.
Bei LACROIX (1910) und SCHALLER (1912) finden sich etliche dieser Namen und auch der Fluorapatit als eigenständige Minerale. Aus heutiger Sicht sinnvolle Bezeichnungen gehen hier jedoch zwischen den überflüssigen Namen weitgehend unter. Andere Autoren wie James Dwight DANA (1868) oder Carl HINTZE (1933) betrachten dagegen Fluorapatit, Chlorapatit und Hydroxylapatit sowie die oben genannten anderen Minerale eher als Varietäten von Apatit und nicht als eigenständig. Nach der Definition des Fluorapatits durch Gustav ROSE 1827 sollte es mehr als einhundert Jahre dauern, bis dieser als Spezies generell akzeptiert wurde. Erst um die Mitte des 20. Jahrhunderts war dies der Fall.

Im Rahmen von Nomenklaturänderungen durch die International Mineralogical Association wurden 2008 auch einige Minerale der Apatit-Gruppe umbenannt (BURKE, 2008). Aus dem Fluorapatit wurde jetzt Apatit-(CaF), aus Chlorapatit wurde Apatit-(CaCl) und aus Hydroxylapatit der Apatit-(CaOH). Diese Umbenennung unter Verwendung der sogenannten Levinson-Suffixe stieß auf recht heftige Kritik. Zum einen, weil bei konsequenter Anwendung in der Gruppe zahlreiche traditionelle Namen verschwunden wären - so müsste Pyromorphit rein formal als Apatit-(PbCl) bezeichnet werden - und diese mehrfachen Suffixe schwierig zu lesen und noch schwieriger auszusprechen sind. Weiterhin werden diese Suffixe nicht voll der strukturellen Komplexität bei den Kationenbesetzungen auf verschiedenen Gitterpositionen gerecht. Aus diesem Grund wurde durch die IMA eine Kommission zur Überarbeitung der Nomenklatur der Apatit-Supergruppe, die neben Phosphaten, Arsenaten und Vanadaten auch Sulfate und Silikate einschließt, ins Leben gerufen. Durch diese Kommission wurden Diskreditierungen, Umbenennungen und Neudefinitionen vorgenommen. Die Umbenennungen aus BURKE (2008) wurden zurückgenommen, der Apatit-(CaF) heißt nun wieder Fluorapatit (PASERO et al., 2010).


          Kristallografische Untersuchungen

Auch wenn SAGE (1777), CHARPENTIER (1778) und WERNER (1788) erste Angaben zu den Kristallformen des Minerals machten, spielte das Vorkommen von Ehrenfriedersdorf für die weiteren kristallografischen Untersuchungen praktisch keine Rolle mehr.
Rene-Just HAÜY beschreibt 1801 einige Formen wie zwei Prismen (in heutiger Notation {1010} und {1120}), verschiedene Pyramiden sowie das Basispinakoid und gibt Kristallzeichnungen, nennt jedoch keine Fundorte dazu. Da es im Text hauptsächlich um die spanischen Vorkommen geht und Ehrenfriedersdorf nicht erwähnt wird, beziehen sich die Zeichnungen sicher auch auf erstere.
Albin WEISBACH beschrieb 1882 eine ungewöhnlich flache Pyramide an einem Kristall von Ehrenfriedersdorf. Nach der Vermessung handelt es sich um die Form {1.3.4.280}, die als Vicinalflächen zur Tafelebene auftritt

Martin MEHMEL bestimmte 1930 an einem Apatit von Jumilla, Spanien, die Gitteparameter a = 9,36 und c = 6,85 Å sowie die Raumgruppe P63/m. Parallel dazu fand auch St. NÁRAY-SZABÓ (1930) nahezu identische Werte. Strukturanalysen an synthetischen und natürlichen Fluorapatiten fertigten u.a. SUDARSANAN et al. (1972) und HUGHES et al. (1989) an.






Grünliche, flächenreiche, tafelige Kristalle von Fluorapatit, mit violettem Fluorit auf Quarz. Sauberg, Ehrenfriedersdorf, Erzgebirge, Sachsen. Bildbreite 20 mm. Sammlung und Foto Thomas Witzke.




Chemische Analysen von Apatit (Fluorapatit) (in Masse-%)

     Apatit,
  Ehrenfriedersdorf,   
  WERNER (1788)   
  Apatit,
  Ehrenfriedersdorf,   
  KLAPROTH (1788
  und 1807)   
  Phosphate calcaire,
  Estremadura, Spanien,   
  PELLETIER &
  DONADEI (1790)   
  Chrysolith,
  Spanien,
  VAUQUELIN           
  (1797/1798)   
  Kalkerde   Hauptbestandteil   55   59   54.28
  Phosphorsäure   wahrscheinlich
  Hauptbestandteil
  45   34   45.72
  Flusssäure           2½  
  Salzsäure           ½  
  Kohlensäure         1  
  Eisen         1  
  Silikatische Erde            2  
  Summe     100 100 100.00



     Apatit,
  Ehrenfriedersdorf,   
  HOSKYNS-ABRAHALL (1889)   
  Fluorapatit,
  theoretische
  Zusammensetzung   
  CaO   55.83   55.60
  P2O5   42.07   42.22
  FeO + MnO     0.56  
  F     2.27     3.77
  Cl     -    
  -O = F      - 1.59
  Glühverlust       0.17    
  Summe     100.00




Literatur:
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BOWLES, D.G. (1775): Introduccion a la historia natural y a la geografia física de España.- Madrid, D. Francisco Manuel, 529 p. (p. 56)

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BURKE, E.A.J. (2008): Tidying up mineral names: an IMA-CNMNC scheme for suffixes, hyphens and diacritical marks.- Mineralogical Record 39, 2, 131-135

CHARPENTIER, J.F.W. von (1778): Mineralogische Geographie der Chursächsischen Lande.- Leipzig, bey Siegfried Lebrecht Crusius, 432 p. (p. 195-196)

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DANA, J.D. (1868): A System of Mineralogy. Descriptive Mineralogy, comprising the most recent discoveries. - London, Trübner & Co., New York, John Wiley & Son, 5th edition, 827 p. (p. 530-531)

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DUNN, P.J. (1978): Dehrnite and lewistonite: discredited.- Mineralogical Magazine 42, 282-284

EMMERLING, L.A. (1797): Lehrbuch der Mineralogie. Dritter Theil.- Giessen, bei Georg Friedrich Heyer, 535 p. (p. 359-362 und 398)

FREIESLEBEN, J.C. (1837): Magazin für die Oryktographie von Sachsen. Ein Beytrag zur Mineralogischen Kenntnis dieses Landes und zur Geschichte seiner Mineralien. 8. und 9. Heft.- Freyberg, bey J.G. Engelhardt, 123 p. (p. 27)

GERHARD, C.A. (1786): Grundriß des Mineralsystems zu Vorlesungen.- Berlin, bei Christian Friedrich Himburg, 310 p. (p. 281-282)

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TROMMSDORFF, J.B. (1801): Neue Untersuchung des Agustits, oder des sonstigen sächs. Berylls, und Darstellung der Agusterde.- Journal der Pharmacie für Aerzte, Apotheker und Chemisten 9, 81-85

TROMMSDORFF, J.B. (1804): Die vermeintliche Agusterde ist keine eigenthümliche Erde.- Journal der Pharmacie für Aerzte, Apotheker und Chemisten 12, Zweites Stück, 24-30

VAUQUELIN, L.N. (1797): Annonce d'une decouverte sur la Chrysolite du Commerce.- Journal de la Société des Pharmaciens de Paris, No. X. 15. Brumaire, An. VI (Dimanche 15. Novembre 1797), 96

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WERNER, A.G. (1790): Aeussere Beschreibung des Olivins, Krisoliths, Berils und Krisoberils, nebst noch einigen über diese Steine, besonders den erstern hinzugefügten Bemerkungen.- Bergmännisches Journal 3, Band 2, 45-94

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WEISBACH, A. (1882): Mineralogische Notizen II. 9. Apatit.- Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Palaeontologie, Jahrgang 1882, II. Band, 249-250





© Thomas Witzke

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