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Fluor-Schörl (Fluor-Schorl)


Formel: NaFe2+3Al6Si2O18(BO3)3(OH)3F, trigonal

Typlokalität: Zinnseifen am Steinberg, Zschorlau, Erzgebirge, Sachsen (und in Pegmatiten bei Grasstein, Trentino, Süd-Tirol, Italien

Erstbeschreibung:
ERTL, A.; KOLITSCH, U.; DYAR, M.D.; MEYER, H.-P.; ROSSMAN, G.R.; HENRY, D.J.; PREM, M.; LUDWIG, T.; NASDALA, L.; LENGAUER, C.L.; TILLMANNS, E. & NIEDERMAYR, G. (2016): Fluor-schorl, a new member of the tourmaline supergroup, and new data on schorl from the cotype localities.- European Journal of Mineralogy 28, 163-177



          Ein neues Mineral aus der Turmalin-Gruppe

Schörl ist aus dem Erzgebirge schon sehr lange bekannt, die ersten schriftlichen Erwähnungen finden sich bei Ulrich RÜLEIN VON CALW in seinem anonym erschienenen "Ein wolgeordnetz unnd nuczlicho büchlin wie man bergwerck suchen und erfinden sol ..." von 1505 sowie in der "Sarepta oder Bergpostill" von Johannes MATHESIUS von 1562. Die Bezeichnung Schörl und der Name der Ortschaft Zschorlau dürften eine gemeinsame sprachliche Herkunft aufweisen, die Ursprünge liegen hier vor 1400 (ERTL, 2006). Als Typlokalität für den Schörl gelten verschiedenen Orte im sächsischen und böhmischn Erzgebirge, darunter auch die Zinnseifen um Schneeberg. Zur ausführlichen Darstellung siehe in dem Kapitel über den Schörl. Auch wenn von den ursprünglichen Material natürlich keine chemische Zusammensetzung bekannt ist, wurde dem Schörl in späteren Zeiten die ideale Formel NaFe2+3Al6Si2O18(BO3)3(OH)3(OH) zugewiesen.

Eine erste Untersuchung eines zu der Zeit noch nicht als Mineral anerkannten Fluor-Analogons von Schörl von Grasstein, Trentino, Süd-Tirol, Italien wurde durch Andreas ERTL et al. (2006) veröffentlicht. Später konnte das Mineral auch in Zschorlau im Erzgebirge festgestellt werden (ERTL et al., 2009).
Die Beschreibung als neues Mineral mit dem Namen Fluor-Schörl (Fluor-Schorl) mit Anerkennung durch die IMA erfolgte durch Andreas ERTL, Uwe KOLITSCH, M. Darby DYAR, Hans-Peter MEYER, George R. ROSSMAN, Darrell J. HENRY, Markus PREM, Thomas LUDWIG, Lutz NASDALA, Christian L. LENGAUER, Ekkehart TILLMANNS & Gerhard NIEDERMAYR (2016). Die Typlokalitäten für das Mineral mit der idealen Zusammensetzung NaFe2+3Al6Si2O18(BO3)3(OH)3F sind die historischen Zinnseifen Am Steinberg, Zschorlau bei Schneeberg, Erzgebirge, Sachsen, sowie Pegmatite von Grasstein (Bereich Mittewald bis Sachsenklemme), Trentino, Süd-Tirol, Italien.

In den Zinnseifen am Steinberg bei Zschorlau bildet Fluor-Schörl typischerweise gestreifte, prismatische Kristalle von 1 - 10 mm Größe. Begleitminerale sind Quarz, Biotit, Albit, Orthoklas, Schörl, Apatit, Beryll, Cassiterit und Wolframit. Die Kristalle von Fluor-Schörl finden sich oft in radialen Gruppen in kleinen Quarzgängen verwachsen mit Quarz und Feldspat, sowie selten auf Quarzkristallen aufgewachsen. Bei Grasstein fand sich Fluor-Schörl in Pegmatiten neben Fluorit, Axinit, Epidot und verschiedenen Sulfiden.
Neben den beiden Typlokalitäten konnten ERTL et al. (2016) Fluor-Schörl noch an weiteren Fundstellen nachweisen: vom Steinbruch Sandberg, Lindenau, Schneeberg, Sachsen; in dunkelbraunen, subparallelen prismatischen Kristallen vom Bergbaugebiet Roter Berg, Schneeberg, Sachsen; von Johanngeorgenstadt, Sachsen; aus dem Granitpegmatit im Epprechtstein-Bruch, Kirchenlamitz, Fichtelgebirge, Bayern; aus dem Granitpegmatit von Nedvědice, Region Vysočina, Mähren, Tschechische Republik; aus den Granitpegmatiten der Erongo-Region, Namibia; vom Mile 72-Pegmatit, Swakopmund, Namibia sowie aus einem Pegmatit im Lake Boga Steinbruch, Australien.

Das Mineral und der Name wurden von der Commission on New Minerals and Mineral Nomenclature der International Mineralogical Association anerkannt unter der Nummer IMA 2010-067. Cotyp-Material von Fluor-Schörl befindet sich in den Sammlungen des Naturhistorischen Museums, Wien, Österreich (N 8165 von Zschorlau; N 8166 von Grasstein), des Naturmuseums Südtirol, Bozen/Bolzano, Italien (MIN 9777 von Grasstein) sowie der TU Bergakademie Freiberg, Sachsen (MiSa 83180 von Zschorlau sowie ein Exemplar mit Fluor-Schörl und Schörl, MiSa 83181, von Zschorlau).


          Die Eigenschaften von Fluor-Schörl

Kristalle von Fluor-Schörl sind schwarz, wenn sie weniger als 0,3 mm im Durchmesser betragen, erscheinen sie blass bräunlich bis blass gräulich-bläulich. Der Strich ist bläulich-weiß. Das Mineral zeigt keine Fluoreszenz im UV-Licht. Fluor-Schörl ist spröde und weist eine Mohs-Härte von 7 auf. Aus Elektronen- Mikrosonden-Analysen (WDS) und Ionen- Mikrosonden-Analysen sowie den Einkristall-Strukturanalysen fanden ERTL et al. (2016) für Material von Zschorlau eine Zusammensetzung
(Na0.82K0.01Ca0.010.16)(Fe2+2.30Al0.38Mg0.23Li0.03Mn2+0.02Zn0.010.03)Σ3.00(Al5.80Fe3+0.10Ti0.10)(Si5.81Al0.19O18)(BO3)3(OH)3[F0.66(OH)0.34]
sowie von Grasstein
(Na0.78K0.010.21)(Fe2+1.89Al0.58Fe3+0.13Mn2+0.13Ti0.02Mg0.02Zn0.020.21)Σ3.00(Al5.74Fe3+0.26)(Si5.90Al0.10O18)(BO3)3(OH)3[F0.76(OH)0.24].
Daraus ergibt sich die idealisierte Formel NaFe2+3Al6Si2O18(BO3)3(OH)3F. Fluor-Schörl kristallisiert trigonal-rhomboedrisch, Raumgruppe R3m, mit den Gitterparametern a = 16,005, c = 7,176 Å und V = 1591,9 Å3 für Material von Zschorlau sowie a = 15,995, c = 7,166 Å und V = 1587,7 Å3 von Grasstein. Für Z = 3 beträgt die berechnete Dichte 3,23 g/cm3. Das Mineral ist optisch einachsig negativ mit ω = 1,660-1,661 und ε = 1,636-1,637, ein Pleochroismus mit O = braun bis grau-braun (Zschorlau) bzw. blau (Grasstein) und E = blass graubraun (Zschorlau) bzw. cremefarben (Grasstein) ist erkennbar.


Chemische Analysen von Fluor-Schörl (in Masse-%)

     Fluor-Schörl,
  Grasstein,
  Süd-Tirol,
  Italien
  ERTL et al. (2016)   
  Fluor-Schörl,
  Am Steinberg,
  Zschorlau,
  Sachsen
  ERTL et al. (2016)   
  Fluor-Schörl,
  Lindenau,
  Schneeberg,
  Sachsen
  ERTL et al. (2016)   
  Fluor-Schörl,
  Johanngeorgen-
  stadt,
  Sachsen
  ERTL et al. (2016)   
  Fluor-Schörl,
  theoretische
  Zusammensetzung   
  SiO2   34.38   33.44   34.10   33.31   34.16
  TiO2     0.17     0.73     0.28     0.43  
  B2O3   10.12 (calc.)     9.86   10.06     9.79     9.90
  Al2O3   31.76   31.09   32.59   31.67   28.98
  Fe2O3     2.99     0.73     0.71     0.55    
  FeO   13.15   15.83   15.26   15.80   20.42
  MnO     0.89     0.07     0.02     0.12    
  MgO     0.07     0.89     0.24     0.61    
  CaO     0.02     0.06     0.02     0.03    
  ZnO     0.12     0.09     0.07     0.01    
  Li2O     -     0.04     0.06     0.04    
  Na2O     2.35     2.44     2.03     2.28     2.94
  K2O     0.04     0.05     0.03     0.04    
  F     1.40     1.20     1.09     1.13     1.80
  H2O     2.83 (calc.)     2.70     3.04     2.79     2.56
  O = F   - 0.59   - 0.51   - 0.46   - 0.48   - 0.76
  Summe     99.70   98.74   99.18   98.18 100.00




Literatur:
ERTL, A. (2006): Über die Etymologie und die Typlokalitäten des Minerals Schörl.- Mitteilungen der Österreichischen Mineralogischen Gesellschaft 152, 7-16

ERTL, A.; KOLITSCH, U.; PROWATKE, S.; DYAR, M.D. & HENRY, D.J. (2006): The F-analogue of schorl from Grasstein, Trentino - South Tyrol, Italy: crystal structure and chemistry.- European Journal of Mineralogy 18, 583-588

ERTL, A.; TILLMANNS, E. & KOLITSCH, U. (2009): "Fluor-Schörl" vom Erzgebirge, dem Gebiet der Typlokalität für Schörl.- Hallesches Jahrbuch für Geowissenschaften 31, 53

ERTL, A.; KOLITSCH, U.; DYAR, M.D.; MEYER, H.-P.; ROSSMAN, G.R.; HENRY, D.J.; PREM, M.; LUDWIG, T.; NASDALA, L.; LENGAUER, C.L.; TILLMANNS, E. & NIEDERMAYR, G. (2016): Fluor-schorl, a new member of the tourmaline supergroup, and new data on schorl from the cotype localities.- European Journal of Mineralogy 28, 163-177

MATHESIUS, J. (1562): Sarepta oder Bergpostill sampt der Joachimßthalischen kurtzen Chroniken.- Gedruckt zu Nürnberg, durch Johann vom Berg und Ulrich Newber, 233 p.

RÜLEIN VON CALW, U. (1505): Ein wolgeordnetz: unnd nuczlicho büchlin wie man bergwerck suchen und erfinden sol von allerlay mettal die denn die sieben planeten generieren und würcken yeglicher nach seiner natur un einfluß nach irem streichen der lufft gegen dem auff gang nydergang: mitag vnd mittnacht auch wie die geschicklichait der geng in den bergen erfündlich seind nach gelegenhait der gebürg als dann das aigentlich anzaigt wirdt mit figuren un geschrifft vnd ob in ettlichen bergwercken: in iren tailungen ander namen wären dann diß büchlin in seiner tailung von kucks aufweißt: so wirt doch hierin gesagt auff alle land bergwerck zu erkunnen wie hernachuolgt in disem büchlin.- Augsburg, gedruckt von Erhart Ratdolt, ohne Seitennummerierung (Kapitel über Das zyn ärcz)





© Thomas Witzke

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